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Wolfgang Schmidbauer / Die hilflosen Helfer
in Sachen gibt's - Sachbuch 01.01.2013 18:02von Jatman1 • 1.188 Beiträge
1977 veröffentlichte der publizierende Sozialpsychologe Wolfgang Schmidbauer das Buch mit dem Titel Die hilflosen Helfer, in welchem er den Dispositionen und Bedingungen auf den Grund gehen wollte, unter denen die Akteure der sogenannten "helfenden Berufe" zu ihrem professionellen Selbstverständnis gelangen. Außerdem war es seine Absicht, zu untersuchen, worin der individuelle Impetus, helfen zu wollen, (subjektiv) veranlagt sein könnte.
Er kam dabei zu dem Ergebnis, dass die Helfer sehr oft lediglich diffuse Vorstellungen von dem Ziel und der Richtung ihres Tuns haben,inhaltlich durchdachte und begründete Konzepte nur sehr rudimentär vorhanden sind und das Ganze weniger den Adressaten, dem sogenannten Klientel, als vielmehr den Helfern selbst dient, die, natürlich ohne sich dessen bewusst zu sein, eigene psychische Defizite projektiv zu überwinden trachten.
Es sollte in den Kanon für das erste Semester des Sozialpädagogikstudiums aufgenommen werden.
Ein Klient im Off-Modus - aus der Sicht eines Sozialpädagogen
www.dostojewski.eu
RE: Wolfgang Schmidbauer / Die hilflosen Helfer
in Sachen gibt's - Sachbuch 05.01.2013 18:22von Taxine • Admin | 6.696 Beiträge
Zitat von Jatman
Er kam dabei zu dem Ergebnis, dass die Helfer sehr oft lediglich diffuse Vorstellungen von dem Ziel und der Richtung ihres Tuns haben,inhaltlich durchdachte und begründete Konzepte nur sehr rudimentär vorhanden sind und das Ganze weniger den Adressaten, dem sogenannten Klientel, als vielmehr den Helfern selbst dient, die, natürlich ohne sich dessen bewusst zu sein, eigene psychische Defizite projektiv zu überwinden trachten.
Hahaha ... den Verdacht hege ich schon länger, insbesondere in Bezug auf alle Lehrkräfte, Professoren und Ärzte. Schon vor Beginn des eigentlichen Studiums ist die Entscheidung häufig davon gelenkt, dass man ansonsten nichts Besseres zu tun hat bzw. nicht weiß, was man sonst studieren könnte ... Dass mancher auf diese Weise sich selbst entschlüsseln bzw. entkommen möchte, ist durchaus denkbar.
Art & Vibration
RE: Wolfgang Schmidbauer / Die hilflosen Helfer
in Sachen gibt's - Sachbuch 05.01.2013 19:49von Jatman1 • 1.188 Beiträge
Als inhaltliche Untermauerung zum Buch noch Folgendes:
Heute werde ich meine prolligen Vorurteile jeweils in Kürze kundtun, um sie danach mittels diplomatisch umschriebener Verweise auf wissenschaftliche und empirische Untersuchungen, versuchen zu untermauern. Sozialarbeit als Profession oder gar Wissenschaft wird hier in meinen Augen empirisch wissenschaftlich beinahe zu Grabe getragen.
Sopä kann jeder werden
„Folgen wir den vorliegenden Ergebnissen, dann kann Fachlichkeit und Professionalität zumindest aus biographischer Perspektive als eine Figur begriffen werden, die sich nicht erst während der Ausbildung und dem Studium konstituiert und in der anschließenden beruflichen Tätigkeit dann vollends ausbuchstabiert. Vielmehr signalisieren die vorliegenden Studien, dass »die in der Kindheit und Jugend gesammelten Erfahrungen einen vorberuflichen Ressourcen-Pool bereitstellen, auf den bei der Ausgestaltung des beruflichen Alltags zurückgegriffen werden kann« (Thole/Küster-Schapfl 1997: 42).
Mehr noch: „Erfahrungen und Idealvorstellungen vom Beruf (vgl. Heinemeier 1994; Thole/Küster-Schapfl 1996, 1997; Ackermann/Seeck 1999) werden in Erzählungen von MitarbeiterInnen der Sozialen Arbeit häufig mit den derzeitigen Erfahrungen abgeglichen, an heutige Deutungsmuster angekoppelt und bilden damit – mal mehr, mal weniger ausgeprägt – eine konstitutive Hintergrundfolie bei der fachlichen Verortung im Berufsfeld.“
Sopä kann man nicht erlernen
„Berufliche Professionalität stellt keine im Feld der Sozialen Arbeit genuin und kontingent eingelagerte Kategorie dar und die fachlichen Wissens- und sozialen Erfahrungsressourcen sind in den Deutungen der Handelnden vorrangig in lebensweltlichen, biographisch angehäuften und alltagspraktischen Kompetenzen gelagert (vgl. Thole/Küster-Schapfl 1997: 60; Ackermann/Seeck 1999: 205).“
Menschen die Sopä studieren, besitzen nicht selten eine zweifelhafte Motivation
„Die Motivation, ein Studium sozialpädagogischer Prägung aufzunehmen, kann sich dabei in eher Zertifikationsorientierten Karrierevorstellungen ausdrücken oder auch durch die Erwartung an die Möglichkeit der eigenen Selbstverwirklichung durch Studium und Beruf geprägt sein (vgl. Ackermann/Seeck 1999): Als Möglichkeit der Befreiung von Erwartungen anderer, als akzeptablen Ausweg aus Orientierungsproblemen und Entscheidungsdilemmata und als Sicherheits- und Auffanglinie nach Erfahrungen des Scheiterns (vgl. Heinemeier 1994). Aus den unterschiedlichen Wegen in das Studium ergibt sich zudem, dass das Studium selbst »in hohem Maße für ganz unterschiedliche biographische Interessen und Lebensziele ›benutzt‹ werden kann, d. h. extrem funktionalisierbar ist« (Heinemeier 1994: 211)“
Das Sopä-Studium entspricht keinen wissenschaftlichen Standards
„Diplom-PädagogInnen, SozialpädagogInnen und die MitarbeiterInnen in den Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit mit anderen Ausbildungen stehen somit in ihrer beruflichen Praxis vor der Bewältigung eines gemeinsamen Problems: Im Gegensatz zu anderen, klassischen Professionen können sie das »Praktisch-Werden« ihrer berufsorientierten Kompetenzen über nur schwach normierte oder ritualisierte Schablonen abstützen, weil keine berufsspezifische Professionalisierungstypik vorliegt, die erstens die beruflichen Integrationsprozesse steuert, zweitens in der beruflichen Praxis eine strukturell verankerte, habituelle Sicherheit bereitstellt und darüber drittens wissenschaftliches Wissen berufsorientiert kodifiziert.“
Sopästudium ist strukturloser Frickelkram
„Im Gegensatz zu den klassischen, traditionellen Professionellen – den ÄrztInnen, JuristInnen, PfarrerInnen und Priestern, die über einen genuinen, für die jeweilige Profession spezifisch ausformulierten wissenschaftlichen Bezugspunkt verfügen und hierüber fachlich ausbuchstabierte Praxisanleitungen finden, stehen den in den Handlungsfeldern der modernen sozialpädagogischen Arbeit professionell Engagierten weder anerkannte, kollektive, generalisierte disziplinäre Wissensressourcen noch ethisch-normative Zeichen- und Bewertungssysteme und keine Netzwerke von vorstrukturierten Handlungsfolien und institutionell gebundenen Regeln abrufbar bereit, die die beruflichen Handlungen und subjektiven Habitualisierungen steuern und berufstypisch kanalisieren. Die beruflichen AkteurInnen in den Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit bleiben weitestgehend auf sich gestellt. Es bleibt ihnen überantwortet, die Prozesse der Implementation ihres Wissens und Könnens im Beruf zu generalisieren wie zu operationalisieren.“
Das Sopästudium vermittelt kaum anwendbares Wissen.
„Die biographischen Vorerfahrungen und vorberuflich gewonnenen Interpretationsfolien beruflichen Handelns konnten im Studium weder »verunsichert, neu modelliert oder aber innovativ so angereichert werden, dass die dadurch veranlassten Verunsicherungen die Zuführung von Wissen herausforderten« (Thole/Küster-Schapfl 1997: 47 f.).“
Quelle:
http://www.ibl.uni-bremen.de/publik/vort...00203hanses.pdf
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RE: Wolfgang Schmidbauer / Die hilflosen Helfer
in Sachen gibt's - Sachbuch 05.01.2013 23:45von Jatman1 • 1.188 Beiträge
Schade und erstaunlich zugleich.
Ich hatte diese Stücken eingestellt, weil ich es so schön für auf den Punkt gebracht hielt. (wasnfürndeutsch?! )
Für Dich, Patte: Sozialpädagogikstudium-Kollateral ;
in nur einem Satz, und zwar von Obelix: "Die spinnen, die Römer!"
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RE: Wolfgang Schmidbauer / Die hilflosen Helfer
in Sachen gibt's - Sachbuch 06.01.2013 11:26von Jatman1 • 1.188 Beiträge
Mit der Tür ins Haus fallen ist nicht verlaunt.
Verlaunt > wunderschöne Formulierung; werd ich demnächst verwenden. Thanx.
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