HirngespinsteAustausch zwischen Literatur und Kunst |
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von Taxine • Admin | 6.696 Beiträge
Henri Alain-Fournier
in Die schöne Welt der Bücher 28.03.2008 17:16von Taxine • Admin | 6.696 Beiträge
Alain-Fournier, eigentlich Henri-Alban Fournier mit Namen, schrieb "Le grand Meaulnes" als seinen einzigen Roman, weil er 1914 mit knapp achtundzwanzig Jahren in der Nähe von Verdun fiel. Dadurch gewinnt das Werk an Hintergrund hinzu, neben der Tatsache, das der Autor hier eine echte unerfüllte Begegnung schilderte.
„Der große Meaulnes“ hat schon seinen Charme, zumindest kann man es von den Zeilen behaupten, weil sie versuchen, die Erinnerung, den Traum an diese Erinnerung und die Unmöglichkeit, diesem Traum in seiner Verwirklichung zu vertrauen, zu verdeutlichen, doch der Charakter „Meaulnes“ fesselt mich nicht in dieser angekündigten Gewaltigkeit. Er ist sympathisch, aber bestimmt nicht einzigartig. Auf was trifft man? Auf eine Geschichte, die mit dem ruhigen Landleben des fünfzehnjährigen Erzählers beginnt, welches erst mit der Ankunft des geheimnisvollen Antonin Meaulnes durchbrochen wird, der sich zunächst gegen alle Dorfbewohner und Kinder behauptet, um dann zum Außenseiter zu geraten, die Rolle, für die er von vorneherein wohl vorgesehen ist. Wir erleben, wie die Jahre hier schnell schwinden und die Menschen so schnell heranreifen, dass man ihnen kaum folgen kann.
Hier steht schließlich das große Abenteuer von Meaulnes im Mittelpunkt, um das sich die ganze Geschichte bildet, der mutig für drei Nächte die Schule verlässt, im „Wunderland“ landet, seine große Liebe trifft, und dadurch, dass er nicht weiß, wo sich das alles genau zugetragen hat, weil er sich eigentlich verlaufen hatte, dieses farbenfrohe Ereignis zu einem mächtigen Wunschtraum entfacht, welches von nun an seine Handlung und sein Denken bestimmt und danach ausrichtet, jenen Ort und jene Menschen wiederzufinden, denen er dort begegnet ist. Da ist also der blaße Junge, der sich eine Kugel in den Kopf schießt, weil seine Verlobte nicht gekommen ist, das Mädchen, in das er sich verliebt und Jahre später, als seltsamer Teil dieses ganzen Abenteuers, dann auch die Frau, die durch ihren Verlust und durch ihn selbst in ein trostloses, gefährliches Leben getrieben wird. Doch sein ganzes Handeln wirkt gleichzeitig so, als würde er in allem den Traum der Wirklichkeit vorziehen, weil er selbst dann nicht an die Dinge glauben kann, wenn er auf sie trifft, und als könne er sie einfach nicht bis zum Ende führen. Selbst, als sich für Antonin Meaulnes scheinbar dann doch sein gesuchtes Glück erfüllt, wird wenig besser.
Auch der Erzähler bleibt zwischen diesen Menschen eingeschlossen, bald Teil der menschlichen Begegnungen, bald Berichtender, Verratender, Ausgeschlossener oder auch Rettender.
Doch, das ist nur vordergründig so zu betrachten, denn hinter all dem liegt noch ein mächtiges Versprechen, das alles miteinander verbindet und schließlich alle Beteiligten in die Tragödie treibt.
Die Geschichte ist gelungen, trotzdem wirkt der Roman auf mich, als ob der Autor hier gute Ideen ausbreitet, die er nicht auslebt, die er mitten in ihrer Großartigkeit unterbricht oder nur andeutet. (Ebenso blutarm wirken auf mich die Charaktere.) Das ist schade, gerade weil sich das ganze Thema auch um die fixe Idee dreht. Manchmal wirken die Szenarien wie kleine Andeutungen, die aber in ihrer knappen Erwähnung den Leser nicht in die Überlegung treiben, sondern ihn eher mitten in der Begegnung in der Luft hängen lassen.
Die Tragik der Geschichte gefällt mir, ebenso die Sprache, aber die Art, wie der Leser durch diese Tragik geführt wird, erzielt nicht die Wirkung, wie sie vielleicht gedacht war, besonders, wenn der Autor hier versucht hat, die "innere Welt" nach außen zu tragen und in äußeren Geschehnissen zu verwirklichen.
So hinterlässt „Der große Meaulnes“ in mir ein Lächeln, aber sicherlich nicht ein prägendes Erlebnis, wie es Simone de Beauvoir empfunden hat.
„Der große Meaulnes“ hat schon seinen Charme, zumindest kann man es von den Zeilen behaupten, weil sie versuchen, die Erinnerung, den Traum an diese Erinnerung und die Unmöglichkeit, diesem Traum in seiner Verwirklichung zu vertrauen, zu verdeutlichen, doch der Charakter „Meaulnes“ fesselt mich nicht in dieser angekündigten Gewaltigkeit. Er ist sympathisch, aber bestimmt nicht einzigartig. Auf was trifft man? Auf eine Geschichte, die mit dem ruhigen Landleben des fünfzehnjährigen Erzählers beginnt, welches erst mit der Ankunft des geheimnisvollen Antonin Meaulnes durchbrochen wird, der sich zunächst gegen alle Dorfbewohner und Kinder behauptet, um dann zum Außenseiter zu geraten, die Rolle, für die er von vorneherein wohl vorgesehen ist. Wir erleben, wie die Jahre hier schnell schwinden und die Menschen so schnell heranreifen, dass man ihnen kaum folgen kann.
Hier steht schließlich das große Abenteuer von Meaulnes im Mittelpunkt, um das sich die ganze Geschichte bildet, der mutig für drei Nächte die Schule verlässt, im „Wunderland“ landet, seine große Liebe trifft, und dadurch, dass er nicht weiß, wo sich das alles genau zugetragen hat, weil er sich eigentlich verlaufen hatte, dieses farbenfrohe Ereignis zu einem mächtigen Wunschtraum entfacht, welches von nun an seine Handlung und sein Denken bestimmt und danach ausrichtet, jenen Ort und jene Menschen wiederzufinden, denen er dort begegnet ist. Da ist also der blaße Junge, der sich eine Kugel in den Kopf schießt, weil seine Verlobte nicht gekommen ist, das Mädchen, in das er sich verliebt und Jahre später, als seltsamer Teil dieses ganzen Abenteuers, dann auch die Frau, die durch ihren Verlust und durch ihn selbst in ein trostloses, gefährliches Leben getrieben wird. Doch sein ganzes Handeln wirkt gleichzeitig so, als würde er in allem den Traum der Wirklichkeit vorziehen, weil er selbst dann nicht an die Dinge glauben kann, wenn er auf sie trifft, und als könne er sie einfach nicht bis zum Ende führen. Selbst, als sich für Antonin Meaulnes scheinbar dann doch sein gesuchtes Glück erfüllt, wird wenig besser.
In Antwort auf:
Wie die Passagiere eines abgetriebenen Schiffs sind die beiden Liebenden im starken Winterwind mit dem Glück eingeschlossen.
Auch der Erzähler bleibt zwischen diesen Menschen eingeschlossen, bald Teil der menschlichen Begegnungen, bald Berichtender, Verratender, Ausgeschlossener oder auch Rettender.
Doch, das ist nur vordergründig so zu betrachten, denn hinter all dem liegt noch ein mächtiges Versprechen, das alles miteinander verbindet und schließlich alle Beteiligten in die Tragödie treibt.
Die Geschichte ist gelungen, trotzdem wirkt der Roman auf mich, als ob der Autor hier gute Ideen ausbreitet, die er nicht auslebt, die er mitten in ihrer Großartigkeit unterbricht oder nur andeutet. (Ebenso blutarm wirken auf mich die Charaktere.) Das ist schade, gerade weil sich das ganze Thema auch um die fixe Idee dreht. Manchmal wirken die Szenarien wie kleine Andeutungen, die aber in ihrer knappen Erwähnung den Leser nicht in die Überlegung treiben, sondern ihn eher mitten in der Begegnung in der Luft hängen lassen.
Die Tragik der Geschichte gefällt mir, ebenso die Sprache, aber die Art, wie der Leser durch diese Tragik geführt wird, erzielt nicht die Wirkung, wie sie vielleicht gedacht war, besonders, wenn der Autor hier versucht hat, die "innere Welt" nach außen zu tragen und in äußeren Geschehnissen zu verwirklichen.
So hinterlässt „Der große Meaulnes“ in mir ein Lächeln, aber sicherlich nicht ein prägendes Erlebnis, wie es Simone de Beauvoir empfunden hat.
Art & Vibration
zuletzt bearbeitet 28.03.2008 22:05 |
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