HirngespinsteAustausch zwischen Literatur und Kunst |
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J. Bernlef
"Hirngespinste"
(Ist jawohl klar, weshalb ich auf dieses Buch gestoßen bin, fast magisch angezogen ... Einerseits natürlich wegen dem Titel, andererseits durch die Empfehlung von Nooteboom, der diesen Roman in seinen Reisetagebüchern erwähnt.)
Eine Krankheit von außen wahrzunehmen, ist eine Sache, den Versuch zu unternehmen, sie aus der Sicht des Betroffenen zu beschreiben, dazu auch noch literarisch gelungen, eine andere. Genau das schafft Bernlef mit seinem Werk „Hirngespinste“, so dass der Roman, als er 1984 erschien, die Frage beantworten konnte, was mit einem Menschen passiert, der nach und nach an Alzheimer erkrankt. Gleichzeitig machte das Buch durch die sehr intensive und glaubhafte Schilderung den Lyriker, Übersetzer und Prosa-Schreiber international bekannt.
Berichtet wird aus der Sicht des Rentners Maarten Klein, wodurch der Leser mehr und mehr die Möglichkeit erhält, sich in das Geschehen hineinzuversetzen und die Darstellung einer Innensicht und Erkrankung emotional nachzuempfinden.
Der Erzähler lebt mit seiner Frau Vera in der Nähe von Boston. Sie haben zwei Kinder, die jedoch längst erwachsen und aus dem Haus sind. Die Ehe ist liebevoll, das Leben und der Alltag verlaufen gemächlich. Geschildert werden vergangene und aktuelle Ereignisse, so dass die Verhältnisse und die Umgebung schnell sichtbar werden.
Nach und nach macht sich die Erkrankung in den Schilderungen Maartens bemerkbar, zunächst in Kleinigkeiten, vereinzelt verlorenen Erinnerungen, dann in neuen Ereignissen, die er sich nicht mehr merken kann, schließlich in der Verwechslung von Vergangenheit und Gegenwart, bis er am Ende zu einem kompletten Pflegefall wird, weder die eigene Frau noch seine Umgebung erkennt. Die Intensivität dieser Entwicklung ist packend und aufwühlend ins Bild gesetzt. Wenn das Gehirn zerfällt, zerfällt ein ganzes Leben.
Art & Vibration
Sicher ein thematisch seltenes und auch deshalb wichtiges Buch. In Marons "Zwischenspiel" geht es um den Tod. Mich damit auseinander zu setzen war gar nicht geplant. Aber ihre einnehmende Art zu schreiben lässt einen weiterlesen. Durch den Tod ihrer ehemaligen Schwiegermutter und gewordenen Freundin, so kann man sagen, muss die Protagonistin sich wiederum ungewollt mit dem Tod auseinandersetzen. Sie verpasst die Beerdigung, weil sie den Friedhof nicht findet (oder finden will, denn sie landet in einem Park unmittelbar neben dem ihr eigentlich schon bekannten Friedhof) und kann der Situation doch nicht aus dem Weg gehen, da ihr Figuren aus der Vergangenheit erscheinen, über die man mehr aus dem Leben der Protagonistin erfährt und die sie gleichzeitig "nötigen" über den Tod nachzudenken. Es ist schriftstellerisch der doch recht einfache Surrealismus einer eigentlich Realistin, aber wie gesagt doch irgendwie fesselnd.
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[i]Poka![/i]