HirngespinsteAustausch zwischen Literatur und Kunst |
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Hans Henny Jahnn "Perrudja". Nachdem Jahnn Joyce gelesen hat, hat er diesen Roman komplett umgeschrieben. Merkt man bisschen. Die Themen sind (sogar für die heutige Zeit) sehr gewagt. Der Stil allerdings gefällt mir.
Art & Vibration
Wir schreiben das Jahr 2020. Das bedingungslose Grundeinkommen ist Realität. Die BBB regiert, die Besorgte Bürger Bewegung. Sie baut sukzessive demokratische Errungenschaften unter dem Vorwand der Einsparungen ab. Der Föderalismus ist schon so gut wie Geschichte. Und die BBB stärkt unverhältnismäßig die Exekutive.
Eine der Hauptpersonen des Romans, Britta, gefallen "Haare, die man nicht bürsten, Hemden, die man nicht bügeln, Staubsauger, die man nicht schieben muss […] Genau wie ein Mitarbeiter, der die ganze Nacht aufbleibt, um die aktuelle Nachrichtenlage für sie zusammenzustellen. Funktionieren ist für Britta das oberste Gesetz." (33)
Die Nachrichtenlage interessiert Britta jedoch wie Politik nur bis zur eigenen Haustür, also nur das, was sie und ihre Firma betrifft. Ihre Firma, offiziell eine "Heilpraxis für Psychotherapie und angewandte Tiefenpsychologe, Self-Managing, Life-Coaching, Ego-Polishing" (34) scheint jedoch nicht das zu sein, für was sie das Firmenschild ausgibt. Auch hat Britta gestern einen gehörigen Schock erlitten, als sie in ihrer Vorstadtvilla bei einem gemütlichen Abend mit Freunden zufällig im TV einen Patienten, wie ihr Freund dachte, tatsächlich aber einen Klienten bei einem Terrorakt erkannte.
Was Britta nun genau treibt, das gilt es zunächst weiter herauszufinden, in:
Juli Zeh - Leere Herzen
(Zitate aus der Erstauflage im Luchterhand Verlag)
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[i]Poka![/i]
Habe mir nun endlich von Zeh "Unterleuten" und "Treideln" bestellt. Freue mich riesig auf die Lektüre. Das Reinlesen hat schon einmal Spaß gemacht.
Momentan Sloterdijks "Zauberbaum". Schönes Werk.
Zitat von Sloterdijk
"Inter faeces et urinam nascimur (zwischen Harnkanal und After treten die Menschen ihre Karrieren an), aber nur ein Narr würde deswegen an seiner Selbstachtung zweifelnd werden."
Art & Vibration
Obwohl vielfach kritisiert, ich fand "Unterleuten" einfach super, wenn man da erstmal in Unterleuten unter den Leuten ist, kommt man so schnell nicht mehr raus. "Treideln" kenne ich nicht, kann aber auf jeden Fall auch "Corpus Delicti" empfehlen. Mit "Leere Herzen" werde ich ehrlich gesagt nicht so richtig warm. Ähnlich wie "Corpus Delicti" nimmt es auf Grundlage unserer heutigen gesellschaftspolitischen Situation ein fiktives aber denkbares Zukunftsszenario in den Blick. "Corpus Delicti" fand ich allerdings viel geschickter gemacht und nicht so erzwungen.
Luo Ying - Erinnerungen an die Kulturrevolution. Moderne Volksballade
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[i]Poka![/i]
"Corpus Delicti" fand ich gut. "Adler und Engel" oder "Spieltrieb" weniger. "Treideln" sind Essays, besser gesagt, von Zeh lustig verfasste fiktive Briefe an Verleger, Freunde und co, in denen sie über die Poesie reflektiert. Sehr gut. Musst mal bei Amazon reinlesen.
Fange jetzt Pierre Jean Jouve "Die leere Welt" an, bis die Zeh-Bücher bei mir endlich eintreffen. Geduld, Geduld.
Art & Vibration
Spieltrieb ist ja Zehs Achtungserfolg, mit dem sie die Bühne der großen Gegenwartsliteraten betreten hat. Mich persönlich hat der Roman auch kalt gelassen. Zu pubertär, zu langwierig, streckenweise zu konstruiert. Ich war froh, als ich da durch war. Bei Juli Zeh kommt natürlich zum tragen, dass sie sich auch öffentlich immer wieder zu gesellschaftlichen Problematiken äußert; sich einmischt, Denkanstöße gibt und mitdiskutiert. Dies findet sich dann auf fiktiver Weise in ihren Romanen wieder. Daher gehört sie für mich einfach zu den großen deutschen Gegenwartsliteraten ähnlich wie Günter Grass es für eine andere Generation einmal war.
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[i]Poka![/i]
In Potsdam im Hans Otto Theater wird "Unterleuten" nun auch als Theaterstück aufgeführt. Die Aufführungen sollen bis März ausverkauft sein.
http://www.maz-online.de/Nachrichten/Kul...von-Unterleuten
Trailer:
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[i]Poka![/i]
Beim Bücher Aussortieren drauf gestoßen :)
"Es geht in allem, was wir tun, darum, dem Leben ein Motiv zu unterstellen." (aus Die Nase von Thorsten Becker)
. . und beim Lesen von Robert Hughes / Denn ich bin nichts, wenn ich nicht lästern darf
"Kunst ist zwar Erfindung, aber auch Erinnerung. Der wahre Künstler will nie die Vergangenheit `abschaffen` , das ist ohnehin unmöglich."
www.dostojewski.eu