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Hirngespinste

Austausch zwischen Literatur und Kunst

#1

Klaus Trost

in Sachen gibt's - Sachbuch 11.12.2020 18:13
von Taxine • Admin | 6.678 Beiträge

Klaus Trost
"Dostojewski und die Liebe"


Es ist schön, einmal wieder Neues von Dostojewski zu lesen und speziell die Welt seiner Musen zu entdecken. Klaus Trost schafft es in diesem Buch eindrucksvoll, den Schriftsteller Dostojewski zu entmystifizieren und endlich als normalen (wenn auch teilweise verrückten) Menschen zu zeigen, genauer das Leben hinter dem Werk etwas mehr aufzudecken, wie es für echte Fans ein Muss ist. Mir ging es oft so, dass ich als Bewunderer seiner Werke den Menschen dahinter aus dem Auge verlor oder vielmehr mir kaum vorstellen konnte, wie er Gefühle entwickeln oder diese im echten Leben zeigen konnte. Die Gestalt war mehr eingefroren, wie in den wenigen gemalten Portraits von ihm, ein Schatten hinter den bekannten Romanen. Und das, obwohl seine Biografie spannend wie ein Krimi ist.

In vielen Schriften über Dostojewski kommt jedoch gerade das Privatleben zu kurz. Dabei ist der russische Schriftsteller alles andere als vorbildlich, wie es beispielsweise die Aufzeichnungen seiner späteren und wesentlich jüngeren Frau Anna oder seine Briefe bezeugen. Er zeigt seinen inneren Dämon auch außerhalb seiner erschaffenen fiktiven und teuflischen Welten, die bis heute von einer psychologischen Tiefe zeugen, die zeitlos den Leser erreicht und begeistert. Dostojewski ist für mich ein Seelentröster und in der Hinterfragung vieler Lebensfragen einzigartig und philosophisch. Auch sein unruhiger Strom an Gedanken fesselt in seiner Literatur.

Häufig habe ich mich gefragt, woher Dostojewski seine Themen in dieser Intensität bezog, wobei das Verhältnis zu den Frauen eine wichtige Rolle spielt und dazu auch die eigene innere Unruhe viel besser aufdeckt, mit der Dostojewski kämpfte. Er war ein Getriebener (was bei seinen Erfahrungen kaum verwunderlich ist und auch die spätere Epilepsie erklärt), ein Mann, der an der Seite der Frau häufig zum Unruhestifter geriet oder seine eigenen Vorlieben über den Anspruch der Familie stellte, so seine Spielsucht. Daraus gelangen eindrucksvolle Novellen wie „Der Spieler“, im echten Leben jedoch ist so ein Mensch eher schwierig und kompliziert. Überhaupt wirkt die Liebe des Russen immer etwas bedrohlich und künstlich.
Gleichzeitig hegte Dostojewski eine tiefe Bewunderung für die moderne, emanzipierte und unabhängige Frau seiner Zeit als Widerspruch zu seinen Anforderungen an diejenigen, mit denen er die Ehe einging. Viele Frauen haben als Figur und Vorbild in seine Werke gefunden, und er musste auch so manche Enttäuschung verdauen.

Trost hat dabei die wichtigsten Musen und Frauen in Dostojewskis Leben näher beleuchtet, ebenso das oftmals schwierige Verhältnis. Von einem devoten und unterwürfigen Nähern bis hin zu sehr chauvinistischen Erwartungen und Forderungen hat der Russe seinen Charakter anschaulich offenbart. Für mich ist Trosts Sicht eine spannende Abwechslung zur vorhandenen Sekundärliteratur und verweist dabei auch auf viele Momente des russischen Lebens jener Zeit, die mir nicht bekannt waren. Das Buch ist eine Empfehlung für alle, die sich für Dostojewskis „andere Seite“ interessieren, die, die als Blick auf ihn von Bewunderern gerne verschwiegen wird. Wie jeder Mensch hatte er gute und schlechte Seiten. Es macht Spaß, das Bild Dostojewski noch einmal neu zusammenzusetzen.


Mehr dazu an dieser Stelle:
https://www.youtube.com/watch?v=g5mdPWrAzNs&feature=youtu.be




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