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Hirngespinste

Austausch zwischen Literatur und Kunst

#1

totale lockdown

in Lyrik 06.04.2021 13:00
von Sokolow • 197 Beiträge

ich sitze in meinem ohrensessel, dachte herr m
sah wie die brückners kinder hin und hergingen
immer wieder starrten sie auf die uhr
was ist, fragten sie sich
und immer war die antwort
nichts
nichts ist

ein paar tauben flogen die alten strecken
herr m verlor etwas urin
macht nichts
in darmstadt bekam er neues

es war eine rücksichtslosigkeit im land
im wandschrank eine gitarre
am tag als conny kramer starb
ich hatte, sagte herr m, als ich das lied zum ersten mal
hörte nicht geglaubt
das juliane werding existierte

später kaufte ich mir die bravo wegen ihr
wegen ihr sagte herr m
nur wegen ihr
wegen der frau werding
sagte er mit ganzen respekt
mit großen
mit dem größtmöglichen respekt

juliane würde ich nie zu ihr sagen
dachte herr m
die geschwister rennen hin und her
sie schauen sich nicht mehr ins gesicht

wir wissen nichts, rufen sie
sie heben die hände
herr richter sagen sie

die brückners sind an ihrem bankrott erstickt
sie hinterlassen nichts
außer schuld
schuld
schuld

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#2

RE: totale lockdown

in Lyrik 12.04.2021 12:16
von Salin • 511 Beiträge

Bei Fallada ist er mehrmals aufgetaucht, ebenso bei Ewers, ganz zu schweigen von dem großen Auftritt 1984. Heute hat das Ohrensessel etwas Intertextuelles wie gewisse Gegenstände aus antiken Mythen.

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#3

RE: totale lockdown

in Lyrik 13.04.2021 02:55
von Sokolow • 197 Beiträge

Zitat von Salin im Beitrag #2
Bei Fallada ist er mehrmals aufgetaucht, ebenso bei Ewers, ganz zu schweigen von dem großen Auftritt 1984. Heute hat das Ohrensessel etwas Intertextuelles wie gewisse Gegenstände aus antiken Mythen.

bei Thomas Bernhard auch.....Auslöschung.....

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#4

RE: totale lockdown

in Lyrik 13.04.2021 06:54
von Salin • 511 Beiträge

Bernhard war mit 1984 gemeint, als "Holzfällen" erschien. "Auslöschung" war später und die Requisite dort wohl weniger prägnant. Kann mich nicht einmal daran erinnern . . .

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#5

RE: totale lockdown

in Lyrik 13.04.2021 10:30
von Sokolow • 197 Beiträge

Zitat von Salin im Beitrag #4
Bernhard war mit 1984 gemeint, als "Holzfällen" erschien. "Auslöschung" war später und die Requisite dort wohl weniger prägnant. Kann mich nicht einmal daran erinnern . . .


Holzfällen war* s GENAU! Da sitzt er im Ohrensessel der wunderbare Herr Autor

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#6

RE: totale lockdown

in Lyrik 13.04.2021 12:05
von Sokolow • 197 Beiträge

Entschlüsse

Aus einem elenden Zustand sich zu erheben, muß selbst mit gewollter Energie leicht sein. Ich reiße mich vom Sessel los, umlaufe den Tisch, mache Kopf und Hals beweglich, bringe Feuer in die Augen, spanne die Muskeln um sie herum. Arbeite jedem Gefühl entgegen, begrüße A. stürmisch, wenn er jetzt kommen wird, dulde B. freundlich in meinem Zimmer, ziehe bei C. alles, was gesagt wird, trotz Schmerz und Mühe mit langen Zügen in mich hinein.

Aber selbst wenn es so geht, wird mit jedem Fehler, der nicht ausbleiben kann, das Ganze, das Leichte und das Schwere, stocken, und ich werde mich im Kreise zurückdrehen müssen.

Deshalb bleibt doch der beste Rat, alles hinzunehmen, als schwere Masse sich verhalten, und fühle man sich selbst fortgeblasen, keinen unnötigen Schritt sich ablocken lassen, den anderen mit Tierblick anschaun, keine Reue fühlen, kurz, das, was vom Leben als Gespenst noch übrig ist, mit eigener Hand niederdrücken, das heißt, die letzte grabmäßige Ruhe noch vermehren und nichts außer ihr mehr bestehen lassen.

Eine charakteristische Bewegung eines solchen Zustandes ist das Hinfahren des kleinen Fingers über die Augenbrauen.
(Franz Kafka)

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