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Hirngespinste

Austausch zwischen Literatur und Kunst

#1

Filme, die wie Literatur wirken

in Flümmerey/ La Vista di AscOltO 27.10.2023 22:23
von Taxine • Admin | 6.759 Beiträge

Wer sich etwas Zeit nimmt und in die menschlichen Tiefen abtauchen möchte, der kann diesen uralten Film ansehen, der bewegende Momente des Zusammenhalts zeigt, inmitten einer Kriegssituation:




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#2

RE: Filme, die wie Literatur wirken

in Flümmerey/ La Vista di AscOltO 04.12.2025 20:30
von Taxine • Admin | 6.759 Beiträge

Ich habe mir endlich Bela Tarrs "Turiner Pferd" angesehen. Der Film hinterlässt in mir ein bedrückendes Gefühl und wirkt lange nach. Die Szenen sind wunderschön, in Schwarzweiß gehalten, untermalt von düsterer Musik und dem Pfeifen des Windes. Obwohl wenig passiert und noch weniger gesagt wird, kommt die Atmosphäre ohne Ton nicht zur Geltung. Die Bilder und die Geräusche wirken einzigartig zusammen.

Der Vater und die Tochter leben unter ärmsten Bedingungen, in einem Steinhaus im Nirgendwo. Sie essen jeden Tag eine heiße Kartoffel, bis das Wasser im Brunnen versiegt. Man fragt sich, ob es die Strafe ist, weil der Vater zuvor die Zigeunerbande vertrieben hat, die sich am Wasser bedient hat. Die nächstliegende Stadt wurde durch den Sturm zerstört. Es gibt nichts mehr, nicht einmal die Hoffnung auf Hilfe. Bald erlischt das Feuer, dann das Licht der Öllampen. Am Ende liegt nur noch eine rohe Kartoffel auf dem Teller. Während der Vater noch einmal hineinbeißt, verweigert die Tochter den Biss, bis auch er resigniert. Dann wird alles dunkel.
Vor allem, wie der Vater diese Kartoffeln isst, ist ein Kunstwerk für sich. Der Vorspann über Nietzsche und den Droschkengaul hat allerdings wenig mit dem Inhalt des Films zu tun, außer das die beiden (Bauern aus dem 19. Jahrhundert) ein Pferd besitzen, das irgendwann aufhört, zu fressen und ihr Elend vorwegnimmt. Es will nicht mehr leben, in dieser Ödnis, während die Menschen aus Gewohnheit weitermachen.

Das Drehbuch hat Krasznahorkai geschrieben, wie auch andere Filme von Tarr auf seinen Romanen basieren. "Satanstango" ist der längste Film, geht sieben Stunden und dreißig Minuten, die der Lesezeit des Romans entsprechen. Es ist wirklich schade, dass Tarr nach dem "Turiner Pferd" aufgehört hat, Filme zu drehen. Er hätte alles gesagt, was er zu sagen hatte. Auch hätten ihn die Dreharbeiten fast umgebracht. "Wenn Sie Farbe wollen", so Tarr zur Frage, warum er das Schwarzweiß-Format gewählt hat, "dann gehen Sie in das Kino nebenan. Da läuft ein Marvelfilm."
Er empfand das heutige Kino als von Kommerz, Superhelden und schnellen Bildern dominiert. Er sagte 2017 in einem Interview:
„Das Kino, wie ich es liebe, ist tot. Es gibt kein Publikum mehr für das, was ich mache. Und ich will keine Kompromisse eingehen.“

Den Film gibt es bei Youtube (wer weiß, wie lange) in voller Länge zu sehen, mit deutschen Untertiteln, ebenso wie "Satanstango" in drei Teilen.




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