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Hirngespinste

Austausch zwischen Literatur und Kunst

#1

Octavia E. Butler

in Die schöne Welt der Bücher 25.03.2024 15:41
von Taxine • Admin | 6.678 Beiträge

Octavia E. Butler war eine der ersten schwarzen Schriftstellerinnen, die sich im Science-Fiction-Genre einen Namen machte. Geboren 1947 und in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, schlug sie sich lange mit Gelegenheitsjobs durch, um dann 1976 mit "Patternmaster" ihren ersten Roman über Menschen mit telepathischen Kräften vorzulegen, dem weitere Teile folgten. Ihr bekanntestes Werk "Die Parabel vom Sämann" ist in heutigen Zeiten wieder aktueller denn je und beschreibt den Zustand einer Welt, die in Chaos versinkt und was das für ein Leben im Miteinander bedeutet.

"Zahra nahm seine Hand. »Die töten kleine Kinder«, sagte sie. »In dieser Welt hier töten sie jeden Tag kleine Kinder.«"

Geschrieben in den 90er Jahren beginnt dieser Science-Fiction-Roman als Dystopie im Jahr 2024 und endet im Jahr 2027. Hier trifft man auf ein zerstörtes Amerika, in dem Menschen in bitterer Armut leben, in der Gewalt, Diebstahl, Vergewaltigung und Mord an der Tagesordnung sind. Die Erzählerin ist die 15-jährige Lauren, die in einem der besseren Viertel mit ihrer Familie lebt. Ihr Vater ist Pastor und sie versuchen sich innerhalb ihrer Gemeinde gegen die gewalttätige Welt zu verteidigen. Ständig kommen Diebe, die ihnen das Letzte, was sie noch besitzen, rauben möchten. Es gilt, Hemmungen zu überwinden, auch selbst, obwohl noch zivilisiert, zur Waffe zu greifen. Menschen verschiedener Hautfarbe leben zusammen, gleichgemacht durch das Leid der Welt, während sich die Politik lieber mit Weltraumfahrt beschäftigt, statt auf der Erde für eine Verbesserung der Umstände zu sorgen. Die Armut ist unfassbar, die Preise für Lebensmittel unbezahlbar, wo man sich kaum noch frisches Wasser leisten kann, geschweige denn Benzin oder ein Auto. Bestimmte Ortschaften setzen auch wieder auf Sklaverei, um die Ausbeutung voranzutreiben. Und doch gibt es noch Menschen, die an Veränderung glauben, dass bald alles wieder gut wird.

"Ich lerne immer noch dazu, wie hartnäckig Leute etwas verleugnen können, sogar wenn ihre Freiheit und ihr Leben dadurch auf dem Spiel stehen."

Lauren besitzt eine Gabe. Sie kann den Schmerz anderer spüren und ist in dieser apokalyptischen Welt noch einmal mehr angreifbar. Über ihre Aufzeichnungen versucht sie sich, dieses Leben begreifbar zu machen, die absurde Gewalt, die um sie herum vorherrscht. Hinterfragt wird dabei auch, wie Erziehung und Moral in einer solchen Welt überhaupt noch Sinn ergeben, jene Gebote wie Du sollst nicht stehlen, töten ... Wenn die Welt ins Chaos taucht, sind diese Regeln aufgehoben, um das Überleben zu sichern. Aber Lauren fühlt jeden Schmerz und Tod, gerade auch, wenn sie ihn selber verursacht. Sie hat die Idee, eine neue Gemeinschaft zu gründen, die Erdensaat heißt, gleichsam eine neue Religion, die ohne mystischen Kitsch auskommt. Aber bis zur erfolgreichen Umsetzung dauert es noch lange.

"»Ich habe gelesen«, sagte ich zu ihm, »dass die Welt alle vier oder fünf Jahrzehnte verrückt wird. Der Trick dabei ist, zu überleben, bis sie sich wieder beruhigt hat.«"

Ich habe das Werk aufgrund des dystopischen Hintergrunds gelesen und weil ich von Butler zuvor noch nicht gehört hatte. Grundsätzlich ist der Roman spannend gestaltet, als die Aufzeichnungen Laurens in Tagebuchform. Er beschreibt den Kampf der Überlebenden und eine Welt voller Gewalt und Verderben, jedoch eher ohne überraschende Momente. Bei Butler rücken auch Bezüge zur Sklaverei und Unterdrückung in den Vordergrund, während der Wahn einer außer Kontrolle geratenen Menschheit die Basis bildet.


(Alle Zitate sind der Ausgabe Octavia Butler "Die Parabel vom Sämann", Heyne Verlag entnommen.)




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