HirngespinsteAustausch zwischen Literatur und Kunst |
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Und plötzlich diese Maschinen, die sich von hinten näherten. Ein enormes Gebilde erschien wie in Zeitlupe über ihren Köpfen. Grau in mehreren Schattierungen, schob es sich langsam nach vorn, man konnte sämtliche Einzelheiten gut erkennen. Alle hoben den Kopf und starrten ungläubig in die Höhe. Unter dem Rumpf des Flugzeugs, und fast genauso lang wie es selber, war diskret ein langes dickes Rohr befestigt, das einem riesiges Zäpfchen ähnelte. Nicht so grau. Dunkler und bedrohlicher. Viel bedrohlicher. Und das ausgerechnet hier, klar wie eine Skizze, ein paar Meter über den Dächern ihrer Häuser. Eine Bombe. Die Bombe. Niemand hatte es ihnen gesagt, aber alle wussten es, instinktiv. Etwa so wie bei einem Erdbeben, das man zum ersten Mal erlebt. Niemand wird einen zuvor warnen, aber wenn man es erlebt, spürt man trotzdem, worum es sich handelt.
Und dann, von rechts kommend, zwei oder vielleicht auch drei andere Flugzeuge, kleiner, aber genauso grau. Die sich ziemlich schnell auf das grosse zu bewegten. Letzteres müsste abschwenken, um eine Kollision zu vermeiden, und das müsste es schnell tun. Es tat gar nichts, schien unbeweglich wie ein riesiger Kronleuchter in der Luft zu hängen und zu warten. Als es vom ersten der kleinen Flugzeuge berührt wurde, bewegte sich das grosse, aus seiner ursprünglichen Bahn abgeleitet, ein wenig nach links. Funken stoben und man sah, wie sich etwas Rauch bildete. Dann war das kleine Flugzeug verschwunden.
All das in völliger Ruhe.
Der Lärm brandete erst nach einer gewissen Verzögerung auf.
Sie hörten allerdings nichts mehr.
(übersetzt aus dem Französischen)
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mir gefällt, dass die spektaluläre schlimme Szenerie ziemlich unspektakulär erzählt wird, ohne ein Tick aufzubauschen. Mir gefallen auch die ausgedehnten Augenblicke ("Zeitlupe" und "schien unbeweglich wie ein riesiger Kronleuchter in der Luft zu hängen). Mulmig auch das Gefühl "All das in völliger Ruhe". Dadurch geht geht vom Text eine bedrohliche Stimmung aus (darum gut
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Assoziativ dachte ich natürlich an den kürzlichen Flugzeugabsturz vor der franz. Mittelmeerküste, obwohl das Erzählte wohl eher im Krieg spielt.
Liebe Grüße
mArtinus
„Wäre die Erde eine Bank, dann hättet Ihr sie bestimmt schon gerettet!" (Greenpeace)
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Hallo Martinus,
an einen Kriegszustand dachte ich eigentlich nicht - eher tatsächlich an das Gegenteil: einen harmlosen, friedlichen, lauen Sommerabend... und dann sowas.
Das Original hatte ich übrigens grade mal eine halbe Stunde, ehe der A320 15 km von hier ins Meer fiel, fertig. Grusel!
Sie suchen immer noch nach den black boxes vor St. Cyprien. Bei dem Sturm heute muss das ein reines Vergnügen sein.
Ich glaube, das nächste Mal schreibe ich lieber wieder was Fröhlicheres!
Danke für deinen Kommentar
und schönes Wochenende!
LG, Lennie
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Das Gerüst dieses kurzen Prosastückes steht. Man liest und wundert sich. Zuerst dachte ich sofort an die angeblichen Flugzeuge, die zwei Türme (und ein etwas weiter entferntes Haus ...
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Bei dir, liebe Lennie, scheint eine Kollision stattzufinden, aber mir fehlt etwas "Hintergrund", etwas, das die Situation einkreist. So sehe ich Menschen, die das Geschehen am Himmel beobachten, die dieser Zusammenprall vielleicht sogar das Leben kostet (das Schweigen der letzten Zeilen). Aber, ich habe keinerlei Hinweis. Das ist, nehme ich an, auch so gedacht. Vielleicht fehlt mir ein bisschen "Drama".
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Liebe Lennie: wenn du schreibst "aus dem Französischen übersetzt", heißt das dann, du hast den Text im Original französisch geschrieben und dann einfach noch einmal übersetzt?
Sei herzlich gegrüßt
(übrigens: tolles Bild. Eine da Vinci'sche Interpretation?)
Taxine
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Art & Vibration
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Hihi! Nee, das war nicht so ernst gemeint. Ich fand es nur seltsam, dass kurz nachdem ich diese Szene geschrieben hatte, ein paar Kilometer weiter tatsächlich ein Flieger verunglückte.
Das ist wieder eine von diesen Flash-Geschichten, ohne richtigen Anfang und ohne richtiges Ende, wie ein Stück Film, das sich durch meinen Kopf spulte. Ich dachte drüber nach, wie das wohl sein könnte, wenn man in einer ganz alltäglichen Situation plötzlich "aus heiterem Himmel" mit einer aberwitzigen Katastrophe konfrontiert wird, die man sich Bild für Bild entwickeln sieht. Das sollte aus Sicht eines der diskutierenden Nachbarn berichtet werden, der dann leider zu mehr Drama-Schilderung nicht mehr fähig ist, da tot.
Das Original ist auf französisch, das stimmt (Pardon, falls in der deutschen Version paar schräge Formulierungen mit reingerutscht sein sollten; das fällt mir manchmal erst auf, wenn's zu spät ist.)
Danke für's Bild - dein neues ist auch sehr gut gelungen! Wie ein zersplitterter Spiegel, eine interessante Idee!
Bonne nuit,
Lennie
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