HirngespinsteAustausch zwischen Literatur und Kunst |
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"Die Bibel der Träume", Erzählungen
In diesem Erzählungsband enthalten ist die hervorragene story „Johnny Panic und die Bibel der Träume“, darin eine Sekretärin in einem psychiatrischen Krankenhaus die Krankengeschichten zu Papier bringt, die sie nach dem Tonbanddiktat eines Arztes abtippt.
Ich gehe davon aus, die Sekretärin ist schon zu Beginn der Geschichte psychiatrisch belastet, glaubt sie doch, Träume der Patienten abzutippen. Schon zu Beginn wird die Phantasiegestalt, ein Produkt ihres Wahngebäudes, ins Spiel gebracht: Alles in der Welt drehe ich um Panik, und Johnny Panic stehe wachend oder schlafend, ohne jedes Gesicht hinter all dem. Das hört sich sehr verworren an, auch die überwertige Idee „mit jedem Traum bilde ich mich weiter, um zu einer herausragenden Persönlichkeit zu werden“ die in dem Wahn mündet, sie habe „den Traum aller Träume“, in der Schilderung dieses Traumes sich schließlich eine beeindruckendes Wahngebäude entpuppt, welches der Frau in ihrem Sekretärinnenleben verfolgt - einem See, in dem die Gedanken der Menschen fließen usw. - geniale Bilder einer ausgeprägten Psychose. John Panic ist wie ein Gott der Träume, ein „großer Traumschöpfer“. In dieser Erzählung erlesen wir, wie jemand in eine Psychose mündet und zum klinischen Fall wird.
Eine andere Story aus dem psychiatrischen Bereich ist „Das Wünschkästchen“. Eine Frau, deren Fantasie quasi erloschen ist und nicht träumt, ihr Mann dagegen aber von absolut herrlichen Traumbildern gesegnet ist, spielt er sogar im Traum Beethovens fünftes Klavierkonzert, die Frau aber psychisch gebrochen.
Diese psychiatrischen Erzählungen können vielleicht einen Vorgeschmack zu ihrem Roman "Die Glasglocke" geben, den ich schon anvisiert habe.
In einigen Erzählungen („Der Tag, an dem Mr. Prescott starb“, „Die Töchter der Blossom Street“, „Mütter“) zeigt Silvia Plath, wie borniert und verlogen Menschen sein können. Auch diese Geschichten haben mir besonders gefallen, weil sie evtl. auf das eigene Leben reflektieren können und Anregung zum Nachdenken geben.
Liebe Grüße
mArtinus
„Wäre die Erde eine Bank, dann hättet Ihr sie bestimmt schon gerettet!" (Greenpeace)
Die Glasglocke, Roman
Die Lyrikerin Sylvia Plath schrieb diesen Roman einer Depression, bevor sie selbst ihr junges Leben nahm. Der Roman ist an ihrer Biografie orientiert und blickt zurück in das Jahr 1953, als die erfolgreiche Collegestudentin Esther Greenwood einen Literaturwettbewerb gewinnt und bei einer Modezeitschrift ein mehrwöchiges Volontariat beginnen kann. Viele Collegemädchen sind neidisch. Sie ist eine von zwölf, Esther, vom Lande kommend, ihr nun eine ereignisreiche Zeit bevorsteht. Doch ihr scheint der Aufenthalt in der großen Stadt, das lustige Partyleben, die Arbeit, nicht zubekommen. Schon zu Romanbeginn lesen wir:
Zitat von Sylvia Plath
Ich wußte, irgend etwas stimmte in diesem Sommer nicht mit mir, denn andauernd mußte ich an die Rosenbergs denken und daran, wie dumm es von mir gewesen war, all die unbequemen teuren Kleider zu kaufen,...
Zu Beginn sicherlich erfreut auf der Erfolgsschiene zu sein, kann sie mit dem New York-Glamour doch nichts anfangen, und die Rosenbergs kommen auf den elektrischen Stuhl. Ja, „es war ein verrückter, schwüler Sommer.“ Den Roman mit der Todesstrafe in schwülhitziger Atmosphäre zu beginnen ist sehr treffend, weil Esther im Zuge ihrer Depression von Selbstmordgedanken – und versuchen selbst geplagt wird, schießlich unter psychiatrischer Aufsicht landet. Doch bis dahin schreitet sie einen Weg der Teilnahmslosigkeit. Der Trubel mit ihren Freundinnen, geht an ihr vorbei. Bei einem Diner vergiftet sie sich an Krabben und erbricht bis zur Bewusstlosigkeit. Für mich eine Metapher, dass sie wirklich ihr Leben zum Kotzen findet. In ihrer Lebenssituation ist sie am falschen Ort. Zumal sie auch pendelt zwischen dem Wunsch einer Männerbeziehung und Ablehnung, Männer letzten Endes ohne hinterbliebenden Eindruck an ihr vorüberziehen. Sie fühlt sich sehr einsam unter vielen Menschen.
Sylvia Plath gelingt es sehr gut, darzustellen, wie sich die Depression allmählich in Esthers Leben einschleicht. Auch ich als Leser, habe es auch erst im Nachhinein gemerkt, dass sich dort irgendetwas mulmiges einschleicht. Lese man das Buch also behutsam, lasse man sich nicht durch Leichtlesbarkeit zum rasanten Lesetempo verleiten. Am Verhalten der Esther Greenwood merkt man, das mit ihr etwas nicht stimmt, sie in etwas hereinrutscht, was nicht aufzuhalten ist. Dieses hat Sylvia Plath wunderbar gezeichnet.
Die Ziellosigkeit, das Verlorensein im Leben wird in der Metapher des Feigenbaums erzählt.
Zitat von Sylvia Plath
Ich sah mich in der Gabel dieses Feigenbaumes sitzen und verhungern, bloß weil ich mich nicht entscheiden konnte, welche Feige ich nehmen sollte...
Eingezwängt wie ein totes Baby in der Glasglocke erscheint das Leben wie ein böser Traum (frei nach Seite 247, Bibliothek Suhrkamp).
Liebe Grüße
mArtinus
„Wäre die Erde eine Bank, dann hättet Ihr sie bestimmt schon gerettet!" (Greenpeace)