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Hirngespinste

Austausch zwischen Literatur und Kunst

#1

Ein bisschen eigenes Denken

in Gedanken vom Tag 16.08.2007 15:32
von Taxine • Admin | 6.678 Beiträge

Diese Welt rast so schnell an unseren Augen vorbei und so viele Menschen wirken auf mich, als würden sie sich nur noch mit Dingen befassen, die nicht zählen. Und tatsächlich. So oder so ist alles ohne Bedeutung. Wir stellen oft Fragen, von denen wir wissen, dass wir nie eine Lösung, nie eine Art "Wahrheit" erhalten.
Macht man sich zunächst dieses „Alles ist ohne Bedeutung!“ bewusst, könnte man doch eigentlich durchatmen, denn nun ist egal, in welche Richtung man läuft, alles ist ein Versuch, ein Spiel, Möglichkeit und Erkenntnis. So erkennt man auch Stück für Stück sich selbst, wie ein Puzzle setzt man langsam zusammen. Doch in der Gewissheit des eigenen Echos verharrt man eine Weile in sich selbst, zerrt aus sich selbst, genügt sich selbst, bis es einen mit aller Wucht hinaus in die Weite drängt. Anregungen, Gespräche, andere Menschen. Betrachtungen. Sichtweisen. Diese aus vollem Herzen schöpfende Sehnsucht, dass in aller Reibung von Welten, die nie miteinander verschmelzen können, die eine oder andere dazwischen ist, die wenigstens ahnt, was man meinen könnte.
Jedoch, wie oft kehrt man wieder in sich selbst zurück, ohne neue Erkenntnisse? Vielleicht mit der, dass es scheinbar verschiedene Triebe sind, die den Menschen vorwärts treiben. Denken aber ist keine Anstrengung, es ist Genuss und Taumel, es zieht die Verzweiflung, die Selbsthinterfragung genauso an, wie das Vergnügen, die Welt aus seiner Sicht für sich zu entdecken, das eigene Wesen zu ergründen, bis in die Tiefen aller Möglichkeiten.

Die Masse an Menschen steht hier wohl im Vergleich mit der Oberfläche eines Gewässers. Ruhige Bewegung, eine stetige Strömung mit der einen oder anderen Welle. Der Sprung ins Wasser erfordert Mut, die meisten jedoch tauchen nur zaghaft den Fuß hinein, um bibbernd zurückzuzucken, weil ein kalter Strom Erkenntnis möglicherweise den Trott des eigenen Lebens erschüttern könnte.
Wenn man sich die großen Schriftsteller, Künstler und Denker so ansieht, dann sind auch ihnen oft Briefe eine Quelle der Inspiration, eine Möglichkeit diesem Druck im Kopf ein bisschen Freiraum zu verschaffen, wie ein Ventil, das ein bisschen Gedankendichte von sich gibt, um wieder Raum für neue zu schaffen. Darum bleibt das Schreiben von Briefen immer eine Ablenkung gegenüber dem Denken und Schöpfen.

Über das Schweigen als Lüge:
Das Schweigen, es ist tatsächlich angebracht, wenn man keinen Weg sieht, einem anderen das Innere zu erklären. Wie oft trifft man auf Menschen, die nicht erfassen, von was man da redet. Hier schließlich zu schweigen ist doch Notwendigkeit, weil all diese verschwendete Energie zu nichts führt. Auch mag ein Schweigen in einem Gemenge an Smalltalk und Anerkennungsdrang sehr effektiv sein. Die Zurückhaltung bedingt doch eigentlich nur, dass man nicht in sarkastischer Fassungslosigkeit über alles „Banale“ andere Menschen vor den Kopf stößt, was ja so auch nicht Sinn der Sache ist. Man neigt ja eher dazu, den Menschen zu betrachten, wie er ist, ohne Urteil, ohne Anmaßung. Doch hin und wieder steht man auch verwirrt, fragt sich, ob ein anderer Mensch sich wohl ebenso ernsthaft diesen eigenen Spiegel vor Augen führt. Oft erscheint es, dass das Deuten auf andere für Viele leichter erscheint. Und doch hat man Mitgefühl, mit all diesen Menschen, die nicht wissen, dass ihr Inneres einzige Wirklichkeit bleibt, auf die sie sich immer verlassen können.
Ansonsten ist Schweigen Lüge. Wer etwas zu sagen hat, sollte das tun, sollte den Versuch nicht unterlassen, nach dem Austausch zu drängen, das Wort zu wagen für und gegen die Welt. Und, das Reden und das Leben werfen einen doch immer in die absurdesten Widersprüche, weil man aus den eigenen Gedanken heraus immer weiter blickt, immer mehr erkennt. Das ist das Herrliche am Wunder des Denkens.

Die gegenseitige Selbstbeweihräucherung zwischen Künstler und Kunstliebhaber ist eines dieser seltsamen Phänomene, in denen man sich selbst ertappt auf der winzigen Suche nach Anerkennung und Reaktion anderer Menschen, obwohl man sein Selbst sicher nicht davon abhängig macht, sich auch kaum beeinflussen lässt. Doch das macht den Künstler eben aus, das ständige Hinterfragen und sehen wollen, wie es wirkt, was er aus dem Inneren da übersetzt hat. Und dann diese Selbstzweifel, van Gogh’sche Marter, Cezanne-Gebärden.
Wenn man bei einem Bild nicht weiterkommt, dann blockiert man sich selbst, mit schweren Gedanken. Anstatt sich nun hinzusetzen und in die schlimmsten Grübeleien zu verfallen, muss man sich einfach vor Augen führen, dass diese Phase der Ruhelosigkeit, der Unruhe, der Nicht-Kreativität nur ein Zeitraum zum Sammeln ist. Denn, es ist ja nun einmal so, die Kreativität kehrt immer wieder zurück, so sehr man diese Zeiträume auch verflucht, so sehr man in diesen Phasen auch gedacht hat, nie wieder malen, nie wieder erschaffen zu können. Doch man malt nicht einfach zum Vergnügen. Es ist eben die Art und Weise, wie man sich ausdrücken möchte. Ein Teil von allem. Man macht sich gerne selbst verrückt und sollte doch ahnen, dass dieser Zeitrahmen der Untätigkeit ebenso seinen Sinn erfüllt, genauso wie dieser Rausch der Kreativität. Alles gehört zum Dasein des „Schöpfenden“.
Egal wie man sich ausdrückt, ob nun in kleinen Worten, in tiefen Gedanken, in Poesie oder Kunst, in Musik und all diese Dinge, die man noch weglässt, denn dadurch existieren sie ja nicht weniger, so bleibt alles wichtig für die eigene Entwicklung. Jeder Rückschlag, jede durchgemachte Angst, jeder Zweifel weitet den Geist.
Scheinbar muss man einfach Vertrauen in sich selbst haben. Und gerade wo doch alles ohne Bedeutung ist, so bleibt die winzige Bedeutung, die man in sich selbst setzt, der einzige Trieb zum Weitermachen.




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