background-repeat

Hirngespinste

Austausch zwischen Literatur und Kunst

#1

Fluss

in Poesie 17.12.2011 16:49
von Taxine • Admin | 6.678 Beiträge

Fluss

Über lichten Wassers Gründen,
dort Tarkowskijs Algen fließen,
erheben sich vor meinen Augen
zwei tief blaue Libellen.
Als ich noch staunend stehe,
ob ich auch richtig sehe,
fliegen die beiden längst empor,
verschmelzen mit dem Himmel.

Der ruht, als wäre nichts geschehen.






Liebe Grüße
Taxine

Angefügte Bilder:
libelle1.jpg
libelle2.jpg



Art & Vibration
zuletzt bearbeitet 17.12.2011 16:54 | nach oben springen

#2

RE: Fluss

in Poesie 17.12.2011 17:09
von Martinus • 3.195 Beiträge

Hallo Taxine,

interesssant ist, wenn man nach "Tarkowskijs Algen" googelt, wieder in die Hirngespinste kommt und folgendes Zitat findet:

Zitat von Taxine
Tarkowskijs Algen, die im Wasser in völliger Schönheit mit der Strömung hin und her fließen, sind mir besonders aus "Solaris" in Erinnerung.



aus dem Thread zu Juri Andruchowytsch.

(zum Gedicht selber, das mus sich erst noch setzen).




„Wäre die Erde eine Bank, dann hättet Ihr sie bestimmt schon gerettet!" (Greenpeace)
zuletzt bearbeitet 17.12.2011 17:11 | nach oben springen

#3

RE: Fluss

in Poesie 17.12.2011 18:17
von Krümel • 499 Beiträge

Ich finde es einfach nur wunderbar, ich mag so was! Obwohl man ja damit bei den jungen Leuts von heute keinen Blumentopf mehr gewinnen kann, ich weiß auch nicht, warum die Poesie so unterm Teppich gekehrt wird - diese wohligen Empfindungen beim Lesen sind doch so erhaben und lebensbejahend. Ist wie beim Tai Chi. Schön!

Danke fürs Genießen Taxine

nach oben springen

#4

RE: Fluss

in Poesie 18.12.2011 03:39
von Martinus • 3.195 Beiträge

Hallo,

Poetisch besungen wird die Einheit der Natur. "Über lichten Wassers Gründen" - sehr schöner Vers, man würde sich nicht wundern, wenn Pan hinter dem Baum hervortreten würde. Ich denke hier an Idylle, Nymphen, Wasserleichen. In der zweiten Strophe kommmen wir aus den Naturmythen etwas hinaus, aber doch nicht so richtig, denn der moderne Film "Solaris", die Algen Tarkowskis, sind trotzdem noch eingebettet in die Naturmythen, in Gaia, Mutter Erde. Die Libellen stellen eine Verbindung her zum Himmel, d.h. Gott ist Natur, Natur ist Gott. Ein pantheistischer Schleier, eine Verschmelzung des Irdischen, der Libellen, mit dem Himmmel, der hier durchaus transzendent gemeint ist, metaphorisch aber unser blauer Himmel über uns. Staunend steht das lyrische Ich und beobachtet. Dieses "ob ich auch richtig sehe" bedeutet vielleicht, wir Menschen können die Natur und die Transzendenz nicht durchschauen, weil wir nur in unserer Sinneswelt leben. Die Verschmelzung zwischen Himmmel und Erde war schon immer, bloß das Ich im Gedicht hat das noch nicht gänzlich erfassst. Bewegungen in der Natur, hier die Libellen, sind immer gegeben. Der Himmmel aber ruht still in seiner ewigen Transzendenz, unberührt von all dem Hickhack auf der Erde.

Goethe passt gut hierher: "Das Ew'ge regt sich fort in allen", auch in den Libellen und dann zerfallen die Libellen ins Nichts.
Die Libellen sind so blau wie der Himmel = Einheit v. Gott/Natur

Es soll sich regen, schaffend handeln,
Erst sich gestalten, dann verwandeln;
Nur scheinbar steht's Momente still.
Das Ew'ge regt sich fort in allen;
Denn alles muss in Nichts zerfallen,
Wenn es im Sein beharren will.



Wunderbare Zeiylen (Goethes und Taxines Text)

Liebe Grüße
mArtinus




„Wäre die Erde eine Bank, dann hättet Ihr sie bestimmt schon gerettet!" (Greenpeace)
zuletzt bearbeitet 18.12.2011 03:59 | nach oben springen

#5

RE: Fluss

in Poesie 18.12.2011 20:14
von Taxine • Admin | 6.678 Beiträge

Ich dachte mir, Besinnliches muss ja nicht immer mit Schnee, Kerzen und Glockenklang einhergehen, obwohl ich das auch mag.


Man braucht nur die Natur zu betrachten,
um zu erkennen, dass das Leben
einfach
ist...


"... und dass man zurückgehen muss, zu jenem Punkt (...), an dem ihr damals den falschen Weg eingeschlagen habt.
Wir müssen zurückkehren ... zu den wichtigsten Prinzipien, ohne das Wasser zu verschmutzen..."
(zitiert aus "Nostalghia" von Tarkowskij)


Herzlichen Dank für eure Worte.

Liebe Grüße
Taxine




Art & Vibration
zuletzt bearbeitet 18.12.2011 21:36 | nach oben springen

#6

RE: Fluss

in Poesie 20.12.2011 13:25
von trebreh gnuschab • 2 Beiträge

"auch ungefragt
streichelt das Meer
Deine Seele"

nach oben springen

#7

RE: Fluss

in Poesie 20.12.2011 13:39
von Martinus • 3.195 Beiträge

Zitat von Taxine
Man braucht nur die Natur zu betrachten,
um zu erkennen, dass das Leben
einfach
ist...



wie wahr, Taxine. Die Natur, auch unsere innere Natur. Die Blume am Wegesrand sagt mir mehr als ein ipod.




„Wäre die Erde eine Bank, dann hättet Ihr sie bestimmt schon gerettet!" (Greenpeace)
zuletzt bearbeitet 20.12.2011 13:41 | nach oben springen

#8

RE: Fluss

in Poesie 20.12.2011 17:29
von Taxine • Admin | 6.678 Beiträge

... und wir verkomplizieren und verkomplizieren, bis wir das Einfache gar nicht mehr wahrnehmen
und ungläubig blicken, wenn uns Wunder begegnen, während sie immer auftauchen, dauerhaft,
in den kleinsten Bedingungen und Ereignissen und Bewegungen.
Weil sie sind und gleichzeitig nicht sind,
je nachdem, ob wir sie erkennen.




Art & Vibration
zuletzt bearbeitet 20.12.2011 17:33 | nach oben springen

#9

RE: Fluss

in Poesie 20.12.2011 17:35
von Zypresserich (gelöscht)
avatar

... und nicht übersehen: die Wunder brauchen den Mensch nicht. Heut hat mir jemand geschrieben: Ich brauche den Schnee nicht. Hab ich geantwortet: der Schnee den Mensch auch nicht. Also, ich meine, die Natur braucht uns einfach nicht. Also ist es einfach nur eine Gnade, die Natur schauen zu dürfen.

zuletzt bearbeitet 20.12.2011 17:40 | nach oben springen

#10

RE: Fluss

in Poesie 22.12.2011 23:24
von Roquairol • 1.072 Beiträge

"Im Menschen schaut die Natur sich selbst."
(Novalis. Oder Schelling? Vielleicht auch von mir.)




Homepage: http://www.noctivagus.net/mendler
Facebook: http://www.facebook.com/people/Klaus-Mendler/1414151458
nach oben springen

#11

RE: Fluss

in Poesie 09.03.2012 13:48
von Taxine • Admin | 6.678 Beiträge

"Denn dem bewegten Menschen ist die Natur stets ein großer Spiegel voll Bewegungen; nur dem satten und ausruhenden ist sie bloß ein kaltes totes Fenster für das Äußere."

(Jean Paul "Siebenkäs")




Art & Vibration
zuletzt bearbeitet 09.03.2012 13:48 | nach oben springen


Besucher
0 Mitglieder und 4 Gäste sind Online

Forum Statistiken
Das Forum hat 1115 Themen und 24631 Beiträge.

Xobor Einfach ein eigenes Forum erstellen | ©Xobor.de
Datenschutz