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Hirngespinste

Austausch zwischen Literatur und Kunst


#1

Was ist eine gute Diskussion?

in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 24.10.2007 12:28
von Taxine • Admin | 6.696 Beiträge
Gesprächskunst - Was ist eine gute Diskussion?

Mit kleinem Schrecken habe ich festgestellt, dass viele gar nicht in der Lage sind, eine Diskussion zu führen, ein Gespräch also, das sich aus der ruhigen Auseinandersetzung des Standpunktes, dem gegenseitigen Respekt und dem freundlichen Miteinander ergibt.
Nein, ganz im Gegenteil. Oft ist es so, dass Menschen wütend werden, wenn jemand nicht ihrer Ansicht ist. Mag die Diskussion zuvor auch in ruhigem Wort geführt sein, sobald der eine dem anderen seine Zweifel mitteilt, fühlt dieser sich gekränkt. Wenn zwei einander ihre Sicht mitteilen, so muss diese Sicht doch am Ende der Diskussion nicht übereinstimmen. Es ist vielmehr der Austausch, das Erfassen von verschiedenen Meinungen.
Bei manchen Menschen gerät jedes Gespräch sofort zu einem Konflikt, wo doch die eigene Ansicht nicht formuliert wird, um dem anderen vor den Kopf zu stoßen oder dessen Denken anzuklagen.
Ich finde solche Menschen sehr anstrengend. Ständig muss man einen Gedanken allzu bedacht wählen, jedes Wort hinterfragen, ob da ein Gesagtes nicht sofort Empörung auslöst, teilweise auch, weil hier mißverstanden wird. Jeder begreift nun einmal mit seinem subjektiven Denken und erfasst aus einer anderen Ansicht nur so viel, wie er in der Lage ist zu verstehen. Das ist natürlich in diesem Sinne gefährlich, weil daraus das Mißverständnis um so leichter erwächst. Hier stehen zwei Menschen und erbauen eine Mauer nur darum, weil sie, statt dem anderen zuzuhören, selbst überlegen, wie sie ihr eigenes Denken ausdrücken können. Wenn dann der andere geendet hat, wird meistens gar nicht auf das Gesagte eingegangen, sondern direkt mit dem Zurechtgelegten begonnen, was schließlich den Versuch, sich einander verständlich zu machen, scheitern lässt.

Menschen, die ihre Ansicht für elementar und unumstößlich halten, daneben nichts anderes gelten lassen und im Versuch, einen Gesprächspartner entweder nur zu überzeugen oder sich sonst wutentbrannt zurückzuziehen, sind mir zuwider. Wenn hier solch ein Mensch nicht überzeugen kann, dann fasst er alles als Irrtum auf. Wenn aber zwei verschiedene Menschen nun einmal verschiedene Ansichten vertreten, so ist die eine nicht richtiger als die andere. Sie gleichen sich nur nicht.
Eine gute Diskussion ergibt sich aus dem gegenseitigen Begreifenwollen, der guten Auseinandersetzung mit dem Gedanken, dem verständlichen Übersetzen aus dem Gedanken ins Wort, dass das Gegenüber wenigstens begreift, worum es dem Sprechenden geht. Führt man sich die lateinische Übersetzung vor Augen, wird es schon offensichtlicher, warum die Diskussion hier scheinbar oft ausartet. (discutio, -cussi (quatio) = 1. zerschlagen, zertrümmern, 2. abschütteln, 3. (gerichtlich) prüfen, untersuchen, verhören). Möglich, dass manche Menschen den Ursprung des Wortes Diskussion sehr ernst nehmen und das Verteidigen der eigenen Ansicht zum Gewaltakt erheben. Daraus kann sich kein Gespräch entwickeln, und die am schlimmsten auf sich selbst bezogenen Menschen geraten darüber sogar in Streit.
Tolstoi sagte mal:
Zitat von Tolstoi
Meistens streitet man nur deswegen so erbittert, weil man nicht begreifen kann, was der Gegner eigentlich beweisen will.

Und darin liegt wohl auch der Hauptgrund, warum eine Diskussion bei solchen Menschen so endet, dass sie beleidigt schnaufen und mit ihrer Ansicht davongehen, obwohl doch niemand ihnen die Meinung nehmen wollte. Sie wirken dann, als ob sie vor einem in sich selbst kristallisieren, in ihrer Verbissenheit mit weißem Gesicht erstarren und sich nur durch ein Aufstampfen von dieser bedrängenden Hülle wieder befreien können. Nach solchen Menschen wäre nur eines notwendig, der Gleichklang der Gedanken. Wenn sie in allen Standpunkten Zuspruch erhalten, dann blähen sie sich in stolzer Erhabenheit im Wissen, dass sie immer Recht behalten. Ich finde, das ist eine sehr fragwürdige Eigenschaft und strotzt vor Arroganz. Aus diesem erhobenen Blick aber lässt sich nichts Neues begreifen. Es bleibt ein Verharren im eigenen Echo.



Art & Vibration
zuletzt bearbeitet 24.10.2007 14:06 | nach oben springen

#2

RE: Was ist eine gute Diskussion?

in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 24.10.2007 13:00
von Martinus • 3.195 Beiträge
Hallo,

Gesprächskunst ist, sich in seinem Gegenüber einzufühlen, zu verstehen, der andere hat eine andere Meinung als ich. Auch zu verstehen, ich Martinus bin nicht Doktor Allwissend.

Als ein gutes Beispiel sehe ich in Diskussionen um Dostojewskijs "Idioten". Wenn in so einer Leserunde 20 Leute mitlesen würden, würden vielleicht 15 verschiedene Meinungen enstehen. Der eine würde sagen, Myschkin ist ein schlechter Mensch, denn er verursacht durchg sein sonderliches Verhalten ein tragisches Melodram. Ein anderer würde sagen, die beiden Frauen haben Myschkins Liebe nicht verstanden. Ein dritter würde vielleicht sagen. Mysckin ist ein guter Menschen, aber zu schade für die schlechte Welt. Ein vierter sagt, Gott sei Dank gibt es noch so welche wieder Fürst Myschkin, und wenn es nur ein solchen Mensch geben würde, wäre ich schon glücklich. Das nur als Spaß, aber es geht ja hier um das Umgehen mit verschiedenen Meinungen und Ansichten, die aufeinander prallen können. Darum fiel mir das ein.

Diese Kränkungen, Verletzungen, die jemand erlebt, weil er die Meinung eines anderen nicht hinnehmen kann, rühren erstens von mangelndem Selbstbewusstsein her und damit auch von gekränkter Eitelkeit. Im Grunde genommen sind solche Menschen zur Diskussion nicht fähig, weil sie meinen, eine andere Meinung sei ein Angriff auf seine Person. Außerdem gibt es soviele Meinungen wie es Mensch gibt. Wenn man jemanden überzeugen kann ist vielleicht ja gut, aber es muss doch nicht sein, nur weil man sich dann selber doof auf die Schulter klopft und sagt, ich habe doch recht gehabt. Streitereien wegen unterschiedlicher Meinungen liegen auch in der Egozentrik des Streithahns begründet.

Liebe Grüße
Martinus



„Wäre die Erde eine Bank, dann hättet Ihr sie bestimmt schon gerettet!" (Greenpeace)
zuletzt bearbeitet 24.10.2007 13:01 | nach oben springen

#3

RE: Was ist eine gute Diskussion?

in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 24.10.2007 19:58
von Moulin • 395 Beiträge
In Antwort auf:
Zitat Taxine
...Menschen, die ihre Ansicht für elementar und unumstößlich halten, daneben nichts anderes gelten lassen und im Versuch, einen Gesprächspartner entweder nur zu überzeugen oder sich sonst wutentbrannt zurückzuziehen, sind mir zuwider...


Diese Menschen nerven mich auch. Nicht, weil sie unter Umständen eine andere Meinung als ich haben sondern, weil sie sich durch das Klammern an ihrer Meinung selbst blockieren. Sie geben sich keine Chance etwas dazu zu lernen.
Wie schlimm, wenn man immer auf dem gleichen Standpunkt bliebe.
Mag sein, dass der Ein oder Andere damit gut fährt, wenn er weiterhin eine Meinung vertritt, die der Evolution hinterher hinkt.
Ich denke, solche Menschen tun das, weil ihnen etwas fehlt.

In Antwort auf:
Zitat Taxine
...Ich finde, das ist eine sehr fragwürdige Eigenschaft und strotzt vor Arroganz...


Arroganz ist ja letztendlich der beste Beweis für Unsicherheit.
zuletzt bearbeitet 24.10.2007 20:04 | nach oben springen

#4

RE: Was ist eine gute Diskussion?

in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 24.10.2007 20:27
von Ferro • 154 Beiträge

Eine Diskussion über die Diskussion. Das hat was.

Die Diskussion, die in Streit ausartet, versuche ich auch gerne zu meiden, man muss nur einen Blick in die Medien werfen, um sich bestätigen zu lassen, wie leicht eine Diskussion aus dem Zwiegespräch in mehrere Monologe kippt, wobei dann am Ende nur rote und gehetzte Gesichter zurückbleiben, die sich ostentativ ignorieren.
Ich finde so etwas schade.
In einer gut geführten Diskussion kann man einander durchaus näherkommen, wenn die Voraussetzung des richtigen Zuhörens und der guten Argumentation besteht. Es ist ebenso eine Kunst, seine Ansicht vernünftig und für andere verständlich zu formulieren.
Ein selbstbezogener Mensch, der, ist er nicht überzeugend, aufstampft, ist in meinen Augen lächerlich. Solche Charaktere kann ich nach solch einer misslungenen Unterhaltung nicht mehr ernst nehmen, geschweige denn, dass ich mich bemühen würde, hier einzulenken oder jedes meiner Worte zu überdenken. Das nimmt einem die Freude am Argumentieren und dann auch die Freude am Gespräch.

Mit Grüßen
der Ferro

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#5

RE: Was ist eine gute Diskussion?

in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 24.10.2007 20:50
von Taxine • Admin | 6.696 Beiträge
Ich denke, jeder hat für eine bestimmte Zeit seine eigene Ansicht und hält sie für diesen Moment dann auch für richtig, aber man muss deswegen die andere Ansicht nicht als falsch abwerten oder darüber in Wut geraten, dass ein anderer die eigene Meinung nicht teilt. Über solche Menschen kann ich kaum noch lächeln, weil ich diese so schnell selbst entfachte Wut gar nicht fassen kann. Wenn ich meine Ansicht habe, lasse ich daneben eine andere ebenso gelten, und zwar als Ansicht desjenigen, mit dem ich mich unterhalte. Ich diskutiere auch nicht, um einen anderen Menschen nun unbedingt überzeugen zu wollen, sondern um meine Sicht der Dinge mitzuteilen.

Zitat von Moulin
Arroganz ist ja letztendlich der beste Beweis für Unsicherheit.

Ja, so sieht es wohl aus, denn ein selbstsicherer Mensch wird sich wohl kaum über einen anderen Menschen erheben. Anders aber ist es mit der (überzeugten) Überheblichkeit. Es gibt zum Beispiel solche Menschen, die sich auffallend locker und gelassen in der Gesellschaft bewegen. Da kann man dann sicher sein, dass in ihnen die Überheblichkeit schon (wäre sie denn sichtbar) fast anmaßend ist. Solche Charaktere schauen auf die anderen Menschen herab und erhalten gerade durch diese Einstellung ihre Ungezwungenheit. Diese Ungezwungenheit, weil sie aus der Selbstüberschätzung heraus entstanden ist, lässt dann keinen anderen Gedanken zu und ballt sich zusammen, wenn andere Menschen diese Ansicht nicht teilen. Der daraus entstandene Zorn wäre doch höchstens (und vielleicht selbst dann nicht) berechtigt, wenn hier jemand partout die Ansicht in Frage stellt. Zumeist ist es aber so, dass genau diese Menschen ihr Gespräch so handhaben, dass sie einen anderen Standpunkt einfach abtun oder höhnisch verwerfen. Ich weiß nicht, ob man es Unsicherheit nennen kann, das wäre vielleicht zu einfach. Es gibt viele, die lesen drei philosophische Schriften und glauben, sie hätten die Welt verstanden und argumentieren dann auch nur mit fremden Worten. Diese Sicht muss noch nicht einmal rückständig sein. Wenn allerdings dagegen eine andere Ansicht gestellt wird, sind sie nicht in der Lage, den Gedanken weiterzuentwickeln, und daraus folgt dann auch, dass hier, statt der, wie Ferro sagt - gekonnten Argumentation - Wut entsteht. Und solche Menschen, die sich hier selbst beleidigt fühlen, obwohl keiner ihr Denken abgewertet hat, sind unangenehm und nervenaufreibend. Seltsam ist, dass gerade dieser Schlag Mensch ständig das Gespräch sucht, obwohl er doch scheinbar eine solche Diskussion gar nicht verkraftet.



Art & Vibration
zuletzt bearbeitet 24.10.2007 20:51 | nach oben springen

#6

RE: Was ist eine gute Diskussion?

in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 25.10.2007 08:12
von Moulin • 395 Beiträge

In Antwort auf:
Zitat Taxine
Seltsam ist, dass gerade dieser Schlag Mensch ständig das Gespräch sucht, obwohl er doch scheinbar eine solche Diskussion gar nicht verkraftet.


Da stellt sich dann für mich die Frage nach der Motivation dieser Leute. Es kann diesen Menschen kaum darum gehen, sich selbst durch andere Sichtweisen, die aus einer Diskussion erkannt werden können weiter zu entwickeln. Ich denke, sie neigen zum Gespräch, weil sie sich nicht nur mitteilen, sondern auch darstellen wollen. Sich durch geäußertes, themenbezogenes Wissen in ein gutes Licht zu setzen scheint mir hier für diese Menschen vordergründig zu sein. Eine Gegenargumentation fühte in einem solchen Fall dann verständlicherweise dahin, dass sich diese Leute persönlich angegriffen fühlen und entsprechend mit Aggression reagieren. Das wiederum zeigt dann ihre Schwäche.
Eine Kombination aus dieser Schwäche und guter Rhetorik kann mitunter dazu führen, dass sie die Diskussion immer "gewinnen"!


In Antwort auf:
Zitat Ferro
Es ist ebenso eine Kunst, seine Ansicht vernünftig und für andere verständlich zu formulieren.


Das sehe ich auch so. Die Menschen verschwenden leider sehr häufig ihre Energie für unwichtige Dinge. Für viele zählt die Show, auch, wenn sie keinen Hintergrund besitzt.


Le Moulin

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#7

RE: Was ist eine gute Diskussion?

in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 26.10.2007 00:05
von larifant • 270 Beiträge

Bitte zu differenzieren zwischen Gespräch und Diskussion.

Während beim Gespräch die Befriedigung sozialer Bedürfnisse im Vordergrund steht, ist das vorrangige Ziel der Diskussion der Erkenntnisgewinn (für wen auch immer).

Somit ist eine gute Diskussion nicht notwendigerweise ein gutes Gespräch und vice versa.

Gruß,
L.

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#8

RE: Was ist eine gute Diskussion?

in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 26.10.2007 00:15
von Taxine • Admin | 6.696 Beiträge

Ja, das ist ein guter Hinweis.

Vordergründig wird die Diskussion zum Erkenntnisgewinn benutzt, aber unter obigen Voraussetzungen bleibt jeder auf der eigenen sitzen.




Art & Vibration
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#9

RE: Was ist eine gute Diskussion?

in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 26.10.2007 00:15
von Moulin • 395 Beiträge

Laut Definition ist das wohl wahr, aber ich glaube im Alltagsgebrauch verschwimmt das ein wenig.

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#10

RE: Was ist eine gute Diskussion?

in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 28.10.2007 19:32
von Taxine • Admin | 6.696 Beiträge
Gesprächskunst - Fortführung:

Johann Gerhard Vossius schreibt in seinem Lehrbuch "Rhetorica contracta":
In Antwort auf:
Das Endziel des Redners ist, zu überreden
(... was heißt: zu überzeugen).

Somit wird deutlicher, dass viele, die eine Diskussion beginnen nur dafür "antreten", um ihren Standpunkt so zu verdeutlichen, dass er am Ende andere überzeugen muss. Ich finde aber, der Satz verdeutlicht ebenso gut, was viele mißverstehen. Sie versuchen zu überreden, wo ein gut argumentierter Standpunkt von alleine überzeugt.



Art & Vibration
zuletzt bearbeitet 28.10.2007 19:34 | nach oben springen

#11

RE: Was ist eine gute Diskussion?

in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 28.10.2007 20:57
von larifant • 270 Beiträge

Eine Diskussion kann zum Ziel haben: 1) eine Einigung 2) die Erhellung eines dunklen Gegenstandes.
Diese Ziele schließen sich nicht aus.

Sofern 2) angestrebt wird, macht Rhetorik keinen Sinn.
Manchmal ist es nicht leicht zu erkennen, ob das der Fall ist.

Manche haben sich die Befürchtung angewöhnt, ihre Gesprächsgenossen seien "nicht auf Augenhöhe".
Dabei gibt manchmal gerade ein naiver Blickwinkel den Anstoß zu neuen Erkenntnissen.

Gruß,
L.

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#12

RE: Was ist eine gute Diskussion?

in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 28.10.2007 21:46
von Taxine • Admin | 6.696 Beiträge

Die Erhellung eines dunklen Gegenstandes - ein gelungenes Bild.

Wenn wir uns alleine mal die unterschiedliche Wortbedeutung vor Augen halten, die ein einziges Wort in der Entwicklung der Zeit eingenommen hat, wo sich ein ganz einfaches Wort wie „heiter“ zum Beispiel im heutigen Sprachgebrauch völlig anders ausnimmt, als in damaliger Verwendung, dann wundert uns auch nicht, dass vieles in Verwirrung und Missdeutung endet. Der eine versteht darunter eine gute Gemütsverfassung, der andere, dass man von lustigen Dingen spricht. Ursprünglich bedeutet das Wort, dass jemand klaren Geistes ist, und erfreut sich tiefster Bedeutung in Goethes Licht-Metaphorik.
Sicherlich gibt es auch viele Worte, die im Mißverständnis zur Beleidigung geraten, falls der eine hier etwas meint, was der andere in negativer Form anders wertet.
Manchmal reden Menschen mit einem Wort über völlig verschiedene Dinge, weil sie dieses Wort verschiedenen interpretieren, oder noch schlimmer, sie beschreiben mit verschiedenen Worten die gleiche Sache, begreifen aber nicht, dass sie eigentlich übereinstimmen.
Paradox und hierbei dann der Versuch, einen Gegenstand zu beleuchten, der längst klar und hell vor Augen steht. Solange sich in solch einer Situation nicht auf ein gleiches Verständnis geeinigt wird, ist die Diskussion ebenso sinnlos.




Art & Vibration
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#13

RE: Was ist eine gute Diskussion?

in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 30.10.2007 18:22
von ascolto • 1.289 Beiträge
Werte Debat-tanten.....

vielleycht ist der Meinungsaustausch, das Hören und Erklingen, nur die Übung um im geystigen Kontinium zu manifestieren, wieviele Perspektiven Dieses noch nicht beleuchtet?
Daher ist Meynereyns- der Disput, die De-batte oder auch die Diskusion ein wichtigster Lernwert um aus dem Kreislauf des engen Fokus in die weite des Miteinander, also in die Breite des geystigen Mitgefühls übend zu tauchen!

blub-blub-weg üsch er....


doch noch,ein freudiges ge- Winkewinke an Euch!
Der AmO
zuletzt bearbeitet 30.10.2007 18:23 | nach oben springen

#14

RE: Was ist eine gute Diskussion? -- ganz--

in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 02.01.2008 20:08
von headprint • 135 Beiträge
Zitat von Taxine
Gesprächskunst - Was ist eine gute Diskussion?
Mit kleinem Schrecken habe ich festgestellt, dass viele gar nicht in der Lage sind, eine Diskussion zu führen, ein Gespräch also, das sich aus der ruhigen Auseinandersetzung des Standpunktes, dem gegenseitigen Respekt und dem freundlichen Miteinander ergibt.


Ich selbst tendiere dazu ganz schön dran zu treten - inzwischen
aus Überzeugung aber ortsgebunden, und als Reaktion auf offensive
Gesprächsunfähigkeit sogar ganz gewiß. Und das auf Anraten:

Mein internet-Arzt sagte letztens zu mir:"Herr headprint, leider
muß ich Ihnen mitteilen, daß sie einen cafe-Spätschaden haben.. sie
suchen regelrecht die Oberbeschaulichkeit und das gemeinsame thema-
tische headbanging..
" Er zog an seiner riesigen Tuwwackspfeife,
ich schlug die Hände in die Luft: "Da! Ist das beschaulich? Ich bin
ganz schön wild, was??
"- dazu nickte ich mehrmals.
Er zog mit seiner freien Hand waagerecht einen Streifen durch die Raum-
luft, wie eine gute Sense, die meine Hoffnungen, ihn leicht überzeugen
zu können, fällt. "Mit mir können Sie nicht diskutieren, meine Intagnose
steht fest *paff* Sie müßen eine Kur machen.. suchen sie eine Reizklimette
auf *paff paff* und versuchen Sie eine Art Roß*paff*kur.. gehen Sie aus
sich raus... *poff* treten sie mal richtig dran ..

Ich vermutete daß er mich jetzt ansah, aber der Nebel war nun so dicht,
daß ich ins Blaue rief: "Ach ja?! Ich soll meine Künstlerkollegen also
anschnauzen und auch die Spacken?? Und das Wort von der Leine lassen?
Haben Sie sich das so vorgestellt?!" Ich glaube er nickte, das war dann
Bestätigung genug, ich stellte die Kamera auf Froschperspektive um,
schaltete ein paar Klang-Effekte zu und gröhlte in bester Grindcore-
Manier: "Ah joo, dann genn isch moo gugge, was daas doo werd.[/i]"

Zitat von Taxine
Nein, ganz im Gegenteil. Oft ist es so, dass Menschen wütend werden, wenn jemand nicht ihrer Ansicht ist. Mag die Diskussion zuvor auch in ruhigem Wort geführt sein, sobald der eine dem anderen seine Zweifel mitteilt, fühlt dieser sich gekränkt. Wenn zwei einander ihre Sicht mitteilen, so muss diese Sicht doch am Ende der Diskussion nicht übereinstimmen. Es ist vielmehr der Austausch, das Erfassen von verschiedenen Meinungen.


Das ist schon nach dem Ende der Diskussion, die hört dortbei in dem
Augenblick auf, wenn der, der eigentlich nur seine Sicht bestätigt
haben will, mitbekommt, daß dies nicht zu realisieren ist. Ganz im
Gegenteil, statt einem (desinteressierten) Abnicken, wird er ja auf-
gefordert seine Meinung zu erklären, zu verteidigen, überhaupt sich
in die Gefahr zu begeben, mit eigenen Worten zu beweisen, daß er nur
so lala eine meinung vertritt aber die Vision dazu nicht mit im Karton
war - tja, ein Billigangebot, last minute vielleicht.
Der reine Austausch von Meinung - so wertvoll er theoretisch ist - ist
zu oft einem Austausch von Visitenkarten ähnlich. Floskelierungen, die
zu weiteren Scharmützeln führen.. wenn jemand zu mir sagt: "du weißt
schon (wie ich es meine)
" oder "wie es halt normal ist", dann kann
es sein, daß er eine große Überraschung erlebt.. natürlich weiß ich und na-
türlich setze ich schnell die Eckpunkte, wie auch Inhalte für das level
\\\\\\'normal\\\\\\'. Ich will nicht das Gespräch mit irgendwelchen Kleinigkeiten auf-
halten, die mein Gesprächsgegenüber selbst für zu unwichtig hält, um sie
auszuformulieren...

Zitat von Taxine
Bei manchen Menschen gerät jedes Gespräch sofort zu einem Konflikt, wo doch die eigene Ansicht nicht formuliert wird, um dem anderen vor den Kopf zu stoßen oder dessen Denken anzuklagen.


Da stimme ich zu, zu einer guten Diskussionskultur gehört: nicht die eigene,
sondern die Meinung des Anderen hören, verstehen und im Fall so aufzubereiten,
daß sie ihn vor den Kopf stößt und sein Denken anklagt.
Gespräche sind Konflikte, die mit geeigneten Mitteln ausgetragen werden. Die
Erwartungshaltung des Gegenübers läßt jedoch oft nicht zu, daß ein Konflikt
sich austoben kann und sich verläuft. Jeder ist mal das Gegenüber, nebenbei
erwähnt. Viele kriegen schon die Krise, wenn ihre weichwortigen, etwaigen
Äußerungen so wiederholt werden: "Ölmalerei... soso... hmmm", also ohne
daß eine Meinung ausgedrückt wird, nur das Aufgreifen des vom Gegenüber Gesag-
ten. Weil ncht direkt "TOLL! IRRE!! ECHT!!!" geschrieen wird, sind die
dann schon düpiert (im Sinn von: fühlen sich herabgesetzt, genasführt).

Zitat von Taxine
Ich finde solche Menschen sehr anstrengend. Ständig muss man einen Gedanken allzu bedacht wählen, jedes Wort hinterfragen, ob da ein Gesagtes nicht sofort Empörung auslöst, teilweise auch, weil hier mißverstanden wird. Jeder begreift nun einmal mit seinem subjektiven Denken und erfasst aus einer anderen Ansicht nur so viel, wie er in der Lage ist zu verstehen. Das ist natürlich in diesem Sinne gefährlich, weil daraus das Mißverständnis um so leichter erwächst. Hier stehen zwei Menschen und erbauen eine Mauer nur darum, weil sie, statt dem anderen zuzuhören, selbst überlegen, wie sie ihr eigenes Denken ausdrücken können. Wenn dann der andere geendet hat, wird meistens gar nicht auf das Gesagte eingegangen, sondern direkt mit dem Zurechtgelegten begonnen, was schließlich den Versuch, sich einander verständlich zu machen, scheitern lässt.


Menschen sind sehr anstrengend. Gerade beim Lesen fällt mir ein Beispiel ein, wo
sich eine Person (auf einer Vernissage?? egal jetzt) mehr und mehr um Kopf und
Kragen geredet hat, ich sie darauf aufmerksam gemacht habe und sie versucht hat
es noch zu reißen und es wurde von Satz zu Satz schlimmer und ich habe immer weiter
die eigentliche bedeutung des Gesagten übersetzt, mit Zusätzen, wie: "Freut mich,
daß du überhaupt noch mit mir redest, wo ich doch so ein loser bin
", "Oh, ich
sollte wirklich etwas unternehmen, hoffentlich guckt keiner die Bilder hier an, die
Leute merken am Schluß noch was..
" Kurz: wir hatten jede Menge Spaß.



Zitat von Taxine
Menschen, die ihre Ansicht für elementar und unumstößlich halten, daneben nichts anderes gelten lassen und im Versuch, einen Gesprächspartner entweder nur zu überzeugen oder sich sonst wutentbrannt zurückzuziehen, sind mir zuwider. Wenn hier solch ein Mensch nicht überzeugen kann, dann fasst er alles als Irrtum auf. Wenn aber zwei verschiedene Menschen nun einmal verschiedene Ansichten vertreten, so ist die eine nicht richtiger als die andere. Sie gleichen sich nur nicht.


Das ist mir zu einfach formuliert, denn so einfach ist es nicht.
Als Beispiel gebe ich die jahrelange Bombardierung mit verstüm-
melten und verzerrten Beuys-Zitaten, wie \\\'Jeder ist ein Künstler.\\\'
Wenn ich das hören muß, ahne ich schon Schlimmes. Es kann sogar
vorkommen, daß ich ganz unwillkürlich ein Sirenengeräusch nach-
ahme. \\\'Jeder ist ein Künstler.\\\' wird weitestgehend dazu ver-
wendet eigene Unfähigkeit, Lustlosigkeit, lustlos gestaltete Werke
zu rechtfertigen. (Ich habe es irgendwo mal als Signatur gesehen,
kann aber nicht sagen, was das bedeutete, oder wo es war.. gesprochen
heißt es einfach: " Ich hab\\\' Nichts drauf, aber Beuys richtet das
schon...
")
Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn man Jemanden, der versucht sich
so zu etablieren, durchzuschlunzen, zu halten, damit konfrontiert, daß
er wirklich wütend wird und/ oder anfängt allerlei Vorwürfe über mich zu
schütten. Nur war ich zuerst wütend ob der Dummheiten, die ich schlucken
soll. Hier prallen nämlich zwei Meinungen aufeinander, die genau denselben
Raum beanspruchen und vollständig ausfüllen.. das ist kein Platz für Kom-
promisse oder Co-Existenz. Ich rede hier allerdings von außerinternetieller
Realität, nicht von Foren. Denn ich habe einfach keine Lust mehr mir in einer
Gruppe, die zunehmend dysfunktional wird, durch solche lala-Sprüche von eini-
gen Mitgliedern, das noch weiter anzuhören.
\\\'Jeder ist ein Künstler.\\\'ist gleichzeitig Entschuldigung für Nicht
-Schaffen von Werken, Schaffen von höchst beliebigen Dingen und gleichzeitige
Beibehaltung des selbsterklärten Status\\\' \\\'Künstler\\\'.
[small(Ganz klar wird so manches Mitglied jetzt denken, daß eine weitere mögliche, eigentlich die
mögliche Konsequenz dann ist: die Gruppe zu verlassen. Das sehe ich auch so und es ist in
Sichtweite, wenn ich nicht eine andere Änderung erreiche.)



Zitat von Taxine
Eine gute Diskussion ergibt sich aus dem gegenseitigen Begreifenwollen, der guten Auseinandersetzung mit dem Gedanken, dem verständlichen Übersetzen aus dem Gedanken ins Wort, dass das Gegenüber wenigstens begreift, worum es dem Sprechenden geht. Führt man sich die lateinische Übersetzung vor Augen, wird es schon offensichtlicher, warum die Diskussion hier scheinbar oft ausartet. (discutio, -cussi (quatio) = 1. zerschlagen, zertrümmern, 2. abschütteln, 3. (gerichtlich) prüfen, untersuchen, verhören). Möglich, dass manche Menschen den Ursprung des Wortes Diskussion sehr ernst nehmen und das Verteidigen der eigenen Ansicht zum Gewaltakt erheben. Daraus kann sich kein Gespräch entwickeln, und die am schlimmsten auf sich selbst bezogenen Menschen geraten darüber sogar in Streit.


Eine gute Diskussion ist auch ein Tanz der Temperamente. Ich verfüge nunmal über diesen stetig
nachwachsenden Rohstoff und was nützt eine Diskussion, wenn nicht wirklich Sichtweisen angegrif-
fen werden. Denn dann beginnt die hohe Zeit der guten Argumente und es geht nicht darum Jemanden
von meiner Meinung zu überzeugen, sondern ihn davon zu überzeugen, daß ich eine Meinung habe,die
er gefälligst zur Kenntnis nehmen soll, wie ich seine auch. Das hat mehr Wert, als eine Schar von
blindgläubigen Nick-Jünger um sich zu scharen. Mir ist es lieber einer springt beinahe über den
Tisch und sagt wie übel meine Ansicht zur realistisch-akademischen Malerei ist, als daß er wie
einer der geknautschteren Muppets rumsitzt und sich überlegt, wie er mir hinter meinem Rücken
mal eine reinwürgen kann. Dies Verhalten finde ich äußerst feige und dazu link.

Zitat von Taxine

Tolstoi sagte mal:
Meistens streitet man nur deswegen so erbittert, weil man nicht begreifen kann, was der Gegner eigentlich beweisen will.


Das stammt aus der Zeit als die Menschen noch streiten konnten und wollten.
Heute wollen sie nur noch Recht haben.. siehe weiter unten
Zitat von Taxine
Und darin liegt wohl auch der Hauptgrund, warum eine Diskussion bei solchen Menschen so endet, dass sie beleidigt schnaufen und mit ihrer Ansicht davongehen, obwohl doch niemand ihnen die Meinung nehmen wollte. Sie wirken dann, als ob sie vor einem in sich selbst kristallisieren, in ihrer Verbissenheit mit weißem Gesicht erstarren und sich nur durch ein Aufstampfen von dieser bedrängenden Hülle wieder befreien können. Nach solchen Menschen wäre nur eines notwendig, der Gleichklang der Gedanken. Wenn sie in allen Standpunkten Zuspruch erhalten, dann blähen sie sich in stolzer Erhabenheit im Wissen, dass sie immer Recht behalten. Ich finde, das ist eine sehr fragwürdige Eigenschaft und strotzt vor Arroganz. Aus diesem erhobenen Blick aber lässt sich nichts Neues begreifen. Es bleibt ein Verharren im eigenen Echo.



Ich habe natürlich immer Recht. Der Andere auch, wenn er denn eine wirklich über-
legte und geprüfte Meinung vertritt. Die einfach angenommenen Weisheiten, wie:
Van Gogh/ Rembrandt/ Picasso/ Michelangelo/ Gerhard Richter/ Beuys hat aber gesagt,
daß... interessieren mich nicht weiter. Nicht in einer persönlichen Diskussion.
Da will ich die Ansicht dessen hören, mit dem ich spreche oder streite.
Eine Diskussion ist Nichts weiter, als ein Streit auf hohem sprachlichen Niveau,
der auch noch Spaß machen soll. Mehr sol als nur kann. Dazu bedarf es aber einer
gewißen Distanz zu seinen eigenen Überzeugungen und Ansichten, so daß man durch-
aus neugierig beobachten kann, wie sie von jemandem Anderen fröhlich demontiert
werden. Warum auch nicht? Eine echte Meinung hält das locker aus. Sie wird oft
besser dadurch. Sie gewinnt an Inhalt, sie verdichtet sich, wo sie Substanz hat,
sie wird weiter gedacht, wo sie nicht genügend hatte.

*sssscrrreeeeaaaaach!!!*
zuletzt bearbeitet 02.01.2008 21:12 | nach oben springen

#15

RE: Was ist eine gute Diskussion? -- ganz--

in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 02.01.2008 21:32
von Salin • 511 Beiträge
Dass sich Gesprächspartner mitunter gekränkt fühlen oder wütend werden, gehört zu einer Diskussion. Auch dafür sollte ein Beobachter offen sein. Ich erfahre dabei vielleicht nicht viel Neues zum Thema, doch dafür über die jeweilige Persönlichkeit.
zuletzt bearbeitet 02.01.2008 21:44 | nach oben springen


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