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Hirngespinste

Austausch zwischen Literatur und Kunst


#1

Jean-Marie Gustave Le Clézio

in Die schöne Welt der Bücher 15.10.2008 14:49
von Martinus • 3.195 Beiträge
"Revolutionen"

"Revolutionen" gilt als Le Clézios persönlichstes Werk. Seine Eltern haben in Mauritius ihre Vorfahren, wie auch die Vorfahren von Jean Marro, der Protagonist des Romans ebenfalles von dorther kommt. Jean Marro ist wie der Autor selbst 1940 geboren. Le Clézio sympathisiert in seinen Romanen mit Völkern, die außerhalb unserer modernen Zivilisation leben. So verbrachte er in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts eine Zeit bei Indianern in Panama, was ihn sehr geprägt hat. Er fordert das gleichberechtigte Leben der Völker untereinander und übt Zivilisationskritik Kritik am Materialismus unserer Zeit u.a. Seine Romane spielen an Orten, die für uns Exotik ausstrahlen: Mexico, Afrika, Indischer Ozean (Mauritius), aber natürlich auch Frankreich, Paris.

In dem Roman „Revolutionen“ allerdings, wird die Famillie Marro aus dem exotischen Paradies, hier Mauritius, vertrieben. Im Jahre 1910 müssen sie von dort wieder auswandern und lassen sich in einer Stadt an Frankreichs Mittelmeerküste (vermutl. Marseille, Le Clézio stammt aus Nizza) nieder. Dort wächst Jean Marro heran. Als Kind und als junger Mann lässt er sich von seiner erblindeten Tante Catherine erzählen, wie schön das Leben auf Mauritius war. Catherine ist die einzig lebende Zeugin, die hierüber zu erzählen bereit ist. So schwärmt sie in Gegenwart Jean Marros von ihrer Jugendzeit im Paradies:

Zitat von Le Clézio
Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie schön s war, wenn Regen und Sturm aufhörten. Alles glänzte, als wäre jedes Blatt mit Lack überzogen. Samstag kamen die Jungen aus dem Internat zurück, und wie gingen alle an den Affouche, um dort zu baden. Wir gingen ein Stück flussaufwärts, um sauberes Waser zu haben, denn in der Nähe der Straße waren immer Frauen, die ihre Wäsche wuschen, die ihre Wäschew wuschen, und Maultire, die dort tranken. Wir gingen ziemlich weit die Schlucht hinauf, bis an der Stelle, wo der Wald anfängt. Es war wie im Paradies.


Jean träumt davon, nach Malaysia zu fahren, diese herrliche Gegend, den großen Garten von Ébéne zu sehen, von dem die Tante erzählt. Jean fühlt sich einsam und leer in der unruhigen Stadt. Le Clézio lässt sein alter ego ziemlich bindungslos durch seine Stadt, bzw. durch die Welt streifen. Er hat unverbindliche Beziehungen zu diversen Frauen und verlässt Frankreich, um nicht als Soldat in Algerien kämpfen zu müssen. Er ist ein passiver Wiederständler, kein Aktivist. Von der schrecklichen Gewalt des Algerischen Krieges hört er, nie ist er direkt beteiligt. Von den Umbrüchen („Revolutionen“) in der Welt erfährt Jean nur als Außenstehender.

Zitat von Le Clézio
Der Krieg schleicht herum. Er ist da, liegt überall auf der Lauer, und manchmal sieht man seine Wolfsaugen glitzern. Als der Sommer naht, spürt Jean eine unbestimmbare Beklemmung, die alles in einen Nebel der Wesenlosigkeit hüllt. Zugleich sieht er, wie Dämonen und bedrohungen aus ihren Schlupfwinkeln hervorkommen.


Sein Urahn, Jean Eudes, zieht 1792 noch mit viel Idealismus in den Krieg, wird aber aufgrund seiner Kriegserfahrung eines besseren belehrt und verlässt wie später Jean Marro Frankreich. Hautnah erzählt Le Clézio vom Krieg aus der Sicht des Soldaten Jean Eudes. „Irgendetwas schnürt mir das Herz zusammen“, denkt der tapfere Soldat einmal.

Von einer paradiesischen Exotik kann man in diesem Roman nicht sprechen. Sein Vorfahre, Jean Eudes Marro, der 1798 nach Mauritius auswandert (franz. Kolonie), gründet dort zwar in einer paradiesischen Landschaft den Wohnsitz der Marros, doch seit die Briten 1810 die Herrschaft übernehmen, überschlagen sich Brutalitäten gegen die Sklaven:
Zitat von Le Clézio

Im Morgengrauen ging der Marabu in seinem langen weißen Gewand zwischen den Schlafenden umher und schlug sie mit seinem langen Rohrstock. Alle, die nicht aufstanden, wurden losgebunden und zum Fraß für die wilden Tiere zurückgelassen. Wir sind so lange gelaufen, dass ich nicht mehr wusste, was es hieß, sich nicht mehr zu rühren.


Der Roman erhebt seine Stimme gegen die brutalen Auswüchse von Kolonialherrschaften und der Gewalt des Krieges:

[quote=Le Clezio"]Damals in Rozilis begann der Arbeitstag sehr früh, bei Morgengrauen, vermutlich gegen fünf, aber wir wussten es nicht so genau, weil wir keine Uhr hatten. Es wurde kein Signal gegeben, keine Glocke geläutet, um die Landarbeiter aus dem Schlaf zu holen, Großvater Charles hasste das. Er hasste alles, was an die Zeit der Sklaverei erinnerte, die Trillerpfeiden, die Sirdas, die Vorarbeiter, den Apell, den mit Namen und Foto versehenden Personalausweis, den jeder indische Arbeiter haben musste, das alles hatten die Englänger eingeführt.[/quote]

Über Jean Marro wird verständlicherweise sehr distanziert erzählt, denn er hat mit der westlichen Zivilisation abgeschlossen und fühlt sich verloren in der Welt. Das Kriegsgrauen, wie es an ihm herangetragen wird, ist unerträglich. Er befindet sich auf der Suche nach seiner Heimat. Die zweite Ebene des Romans wird aus der Ich-Perspektive von Jean Eudes erzählt, er lebt das Grauen direkt und entzieht sich schließlich diesem. Die dritte Ebene des Romans wird von den Ureinwohnern selbst vorgetragen. Der Sklavenaufstand aus ihrer Sicht.

Jean-Marie Gustave Le Clézio ist für mich literarisches Neuland. Der Autor kann erzählen, sei es vom Paradies oder vom Grauen der Gewalt. Für mich eröffnet sich literarisch gesehen eine neue Welt. Während der Beschäftigung mit diesem Roman stieß ich auf Uwe Timm. Er schrieb „Morenga“. Der Roman erzählt vom Kolonialkrieg in Südwestafrika, den das Deutsche Kaisserreich anführte. So kommt man von einem Buch ins andere.

Liebe Grüße
Martinus



„Wäre die Erde eine Bank, dann hättet Ihr sie bestimmt schon gerettet!" (Greenpeace)
zuletzt bearbeitet 15.10.2008 19:48 | nach oben springen

#2

RE: Jean-Marie Gustave Le Clézio

in Die schöne Welt der Bücher 17.10.2008 12:23
von Martinus • 3.195 Beiträge
"Der Afrikaner"

„Der Afrikaner“ ist eine liebevoll Annäherung an seinen Vater, dem es nach einem Aufenthalt in British – Guyana im Jahre 1928 mit einer kleinen medizinischen Ausrüstung in einem „Streifen Land – Ostnigeria und Westkamerun -“, verschlägt, um dort als Arzt tätig zu sein. „Streifen Land“, sehr bescheiden ausgedrückt, dieser Streifen war riesengroß, teilweise kartographisch noch nicht erschlossen, sodass der Mediziner selber Karten aufzeichnet.

Zitat von Le Clézio
„Auf der Karte, die mein Vater selbst erstellt hat, trug er die Entfernungen nicht in Kilometern, sondern in Wegstunden oder Tagesmärschen ein.“


Es hat vielleicht noch niemanden gegeben, so schreibt Le Clézio, der dieses Land so intensiv bereist und kennengelernt hat, wie er, sein Vater. In dieser Gegend kennt er praktisch jeden, er kennt die äußersten Winkel, in denen nicht mal die Kolonialherren hinkommen.
Zitat von Le Clézio

„Er entdeckte die Landschaften Äquatorialafrikas , die André Gide in seiner Kongoreise (in etwa zeitgleich mit der Ankunft meines Vaters in Nigeria) beschrieben hat:...“


Seit seiner Flucht aus Mauritius pflegt er einen Hass gegen Kolonialherrschaften und geht, bevor sein abenteuerliche Leben beginnt, nach London. Dort beendet sein Medizinstudium im Saint Joseph's Hospital in Elephant & Castle. Hier stoßen wir auf Parallelen zu Le Clézios Roman „Revolutionen“. Auch dort muss die Familie Mauritius verlassen, und Jean Marro wohnt und studiert in diesem Londoner Stadtteil.

Zitat von Le Clézio
Wenn ich diese körperliche Erfahrung Afrikas nicht gemacht, dieses Erbe meines Lebens nicht vor meiner Geburt erhalten hätte, was wäre aus mir geworden?


Etwas von der Abenteuerlust seines Vaters ist dem weltreisenden Autor dieses Büchleins sicher übertragen worden. Das afrikanische Abenteuer hat aber auch einen Preis. Der zweite Welkrieg hat die Familie über Jahre auseinandergerissen und als Le Clézio 1948 erstmals seinen Vater gegenübersteht, erscheint er ihn als Fremder.

Herrlich zartfühlend in einem ruhig enspannten Erzählton geschrieben, kann ich mir den Text auch als Hörbuch gut vorstellen.

Liebe Grüße
Martinus



„Wäre die Erde eine Bank, dann hättet Ihr sie bestimmt schon gerettet!" (Greenpeace)
zuletzt bearbeitet 17.10.2008 16:36 | nach oben springen

#3

RE: Jean-Marie Gustave Le Clézio

in Die schöne Welt der Bücher 21.10.2008 17:00
von Martinus • 3.195 Beiträge
"Fisch aus Gold"

Laïla enstammt einem Dorf Marokkos. Im Alter von sechs oder sieben Jahren wird sie geraubt, in einen Sack versteckt, auf einen Lastwagen verfrachtet und an Lalla Asma, einer Jüdin, verkauft, die Laïla großzieht. Für das Mädchen ist sie wie eine Großmutter, stirbt aber, wenn Laïla etwa zwölf Jahre alt ist. Adoption der abrubten Art. Irgendein feindlicher Stamm raubt ein Kind und macht ein Geldgeschäft daraus. Nach dem Tod von Lalla Asma beginnt nun die Odyssee des ihrer Herkunft beraupten Mädchens. Von Lalla Asma noch wohlerzogen schlittert sie in nicht vorteilhaftes Milieu, wohnt in der Fondaco, einem Bordell. In dieser Zeit lernt sie Stehlen, was sie zum Überleben braucht.

Auf ihrem Lebensweg macht Laila schlechte Erfahrungen mit anderen. Zohra, Lalla Asmas Tochter, springt sehr grob und gereizt mit ihr um („Du elendes kleines Waisenkind, nicht mal zum Fegen bist du gut.“) und Ben, Zohras Mann, will sie einmal vergewaltigen. Dieses Schicksal wird ihr noch öfters begegnen, wenn sie in Paris lebt, in Nizza oder in den USA. Immer gibt es Menschen, die ihr entweder böses wollen, oder einfach nur aus egoistischen Motiven ihre Freiheit berauben. Le Clézio verwendet als Motto diese Romans Verse des afrokaribisch- französischen Dichters Aimé Césaire:

„O Fisch, kleiner Fisch aus Gold, pass auf dich auf!
Denn es gibt so viele Lassos und Netze,
die in dieser Welt nach dir ausgeworfen werden."


Marokko will sie entkommen, weil sie sich immer noch von Zohra verfolgt fühlt, weil Laïla, als Lalla starb, ihren mondsichelförmige Ohrringe mitgehen ließ.

Diese Ohrringe sind das einzige Andenken, was Laïla auf ihrer Odyssee als Einwanderin nach Frankreich mit sich nimmt. Diese Ohrringe, so stellt sich heraus, werden ihr den Hinweis auf ihre Herkunft geben. Doch ersteinmal muss sie sich einige Jahre in Paris durchschlagen. Diese Pariser Jahre, das Leben als illegale Einwanderin im Untergrund, steht im Mittelpunkt des Romans und ist sehr lebendig gestaltet, zumal wir, die meisten Leser, Paris aus solch einer Perspektive doch gar nicht kennen. Hier zeichnet sich das Gefühl von Verlorenheit ab. Laïla lernt zwar sehr viele Menschen kennen, ist aber ziemlich bindungslos, lebt wie eine Nomadin in einer Großstadt.

Man wird schon fündig.Wenn sie seßhaft werden will, muss sie ihre eigene Herkunft finden. Sie lernt den alten blinden El Hadsch kennen, der ihr von seinem Dorf am Senegalstrom erzählt. El Hadsch ist nicht zufällig die herausragende Gestalt, die auf Laïla besonders großen Eindruck macht.

Das Ende des Romans, die Heimkehr, finde ich ziemlich schwach. Da bekomme ich leicht den Eindruck, der Autor wolle den Roman schnell zu Ende bekommen. Das ist schon reichlich zurechtgeflickt und nicht vermittelbar. Der Roman ist leicht zu lesen und streng linear erzählt. Ich finde den Roman insgesamt eher mittelmäßig, weil mir „Revolutionen“ und „Der Afrikaner“ besser gefallen haben. Der Roman zeigt aber, dass der Autor auch hier keineswegs Exotenkitsch schreibt. Auch im heutigen Frankreich gibt es illegale Einwanderer, und wenn jemand zu diesem Problem etwas lesen möchte, dem sei der Roman empfohlen.

Liebe Grüße
mArtinus



„Wäre die Erde eine Bank, dann hättet Ihr sie bestimmt schon gerettet!" (Greenpeace)
zuletzt bearbeitet 21.10.2008 17:11 | nach oben springen

#4

RE: Jean-Marie Gustave Le Clézio

in Die schöne Welt der Bücher 24.10.2008 18:09
von Martinus • 3.195 Beiträge
"Onitsha"

Geoffroy Allen lebt am Nigerstrom, „etwas oberhalb des Stroms, ein wenig stromaufwärts von der Stadt Onitsha, wie im Herzen einer großen Kreuzung von Wasserwegen.“ Wenn erzählt wird, Geoffroy arbeite für eine britische Handelsfirma, die diverse Waren aus England importiert, heißt es im selben Atemzug gleich weiter:
Zitat von Le Clézio

Raubtiere gab es nicht, außer in den Prahlereien der Offiziere, und der Urwald war seit langem verschwunden, war Yamswurzelnfeldern und Ölpalmen-Plantagen gewichen.


Geoffrey arbeitet für die United Afrika Company, die ab 1886 unter dem Schutz des British Empire als Royal Niger Company im Land das sagen hatte, sogar Grenzen absteckte, um sich von den deutschen und französischen Kolonien abzugrenzen. Offenbar, wie aus dem o.g. Zitat hervorgeht, ist Urwald abgeholzt worden, Städte ausgebaut. Für diese Gesellschaft arbeitet also Geoffroy, und als Maou und der zwölfjährige Fintan im Jahre 1948 in Port Harcourt ankommen, haben sie eine vierwöchige Schiffsreise hinter sich, von der Girondemündung in Frankreich bis zum Nigerdelta. Maou voll Zuversicht, freut sich schon über ihr Leben in Afrika: weite Grasebenen, in denen man sich verliert, der breite Strom, so breit, dass man ihn für ein Meer halten könnte, Mangobäume, rote Lehmhäuser, ihr Haus auf einem Hügel von Bäumen umgeben, und Fintan wird erstmals seinen Vater sehen.

Doch die Reise in die Heimat führt keineswegs ins Idyll. Maou betritt afrikanischen Boden, und es dauert nicht lange, da macht sie sich bei Kolonialbeamten unbeliebt. In Onitsha trifft sie auf „eine Gesellschaft von langweiligen, pedantischen Beamten“...die in ihrem Klub Bridge spielen, währenddessen angekette Sklaven für die englischen Herrschaften eine Grube für ein Swimmingpool ausheben. Als sie sich über diese Menschenunwürde beklagt, dauert es nicht lange, und Geoffrey wird des Landes verwiesen.

Aber noch träumt Geoffrey davon, das Land zu finden, in das die „Schwarze Königin Meroe" einst mit ihrem Volk hingezogen ist, als die Stadt Meroë im Jahre 350 nach Chr. vom König Ezana aus Aksum geplündert wurde. Das Reich der Meroë hat es wirklich gegeben und wird von Herodot erwähnt (Historien II,29) und ersteckte sich von der großen Nilkrümmung in Nubien (Südsudan) bis zu den abessinischen Bergen (Äthiopien). Im Zuge des Recherchierens bin ich auf zwei Bücher gestoßen: 1) Oliver Rolin: „Meroe“, Roman, Berlin 2002 und 2) Fischer, Rudolf: „Die schwarzen Pharaonen, 1000 Jahre Geschichte u. Kunst d. Ersten innerafrikan. Hochkultur“, Bergisch Gladbach, 1986 ( u.a. Meroë ).

Mir hat es sehr gefallen, wie Le Clézio Geoffreys Träume literarisch anpackt. Er träumt nämlich wirklich von „der letzten Vertreterin des Osiris, der letzten Nachfahrin der Pharaonen.“ Und dann verfolgt ihn die Geschichte bis ins reale Leben. Auch in den Abenteuern zwischen Fintan und seinen Freund Bony mischt sich afrikanische Mythologie pur hinein. Gerade dieses ist es, was mich erbarmungslos begeistert hat, und an dieser Stelle auch ein großes Lob an die Prosa. Der Roman ist von Beginn bis zur letzten Seite berstenvoll mit herrlichem Lokalkolorit, in diesem Maße ich das erstmals bei Le Clézio erlebt habe.

Wer Le Clézios „Afrikaner“ gelesen hat, erkennt den biografischen Bezug des Romans. Der Autor kam im Alter von acht Jahren nach Afrika und lernte dort seinen Vater kennen.

Liebe Grüße
mArtinus



„Wäre die Erde eine Bank, dann hättet Ihr sie bestimmt schon gerettet!" (Greenpeace)
zuletzt bearbeitet 25.10.2008 09:57 | nach oben springen

#5

RE: Jean-Marie Gustave Le Clézio

in Die schöne Welt der Bücher 11.12.2008 19:43
von Zypresserich (gelöscht)
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Voulez-vous? Vous voulez? Wulle-wulle? Reading in German, listening en Français? Lesen die Nobelrede des Herrn hier; hören selbige da.

Je vous remercie beaucoup de ... Halt! Was will dieser freundliche Beitragsschreiber uns eigentlich sagen?
Nichts! - (Er schaut sich nur gerne Videos von Literaturnobelpreisträgern an, pst, pst, nicht weitersagen ...)
Der freundliche Beitragsschreiber empfiehlt außerdem das Video, bei ihr daheim aufgezeichnet (?), von seiner Lieblings-Elfriede, aufgrund dessen er sich in diesen heißen Feger verliebt und ganz furchtbar viele ihrer Bücher gelesen hat.

Good night, happy reading …


(Rätsel: War der Letztverlinkte auch ein nobler Preisträger? Die Antwort vorweg: War er nicht! Warum? Er hatte genug anderes zu tragen ...)

- Addendum: Mir ging's um informative Ergänzung des Threads @ Clézio, aber dann ging es mit mir durch ... Ich bitte um Nachsicht ... Und das Jelinek-Video ist doch echt geil, nicht? -
zuletzt bearbeitet 11.12.2008 19:51 | nach oben springen

#6

RE: Jean-Marie Gustave Le Clézio

in Die schöne Welt der Bücher 11.12.2008 19:53
von Taxine • Admin | 6.678 Beiträge

Zitat von Zypresserich
Und das Jelinek-Video ist doch echt geil, nicht? -


Ich bin noch am Lauschen!!!




Art & Vibration
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#7

RE: Jean-Marie Gustave Le Clézio

in Die schöne Welt der Bücher 11.12.2008 19:56
von Zypresserich (gelöscht)
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Auch wenn das natürlich ein Clézio-Thread ist: auch das Jelinek-Lauschen ist sehr angenehm, hab mir das (ich gestehe) schon oft angehört. Wie faszinierend, die Schreiberlinge dann auch mal zu hören.

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#8

RE: Jean-Marie Gustave Le Clézio

in Die schöne Welt der Bücher 11.12.2008 20:02
von Taxine • Admin | 6.678 Beiträge
Ich lausche zwar immernoch,

Wie soll der Dichter die Wahrheit kennen, wenn sie es ist, die in ihn fährt und ihn davonreißt, immer ins Abseits... (Herrlich!) Von dort sieht er allerdings besser, andererseits kann er selbst auf dem Weg der Wirklichkeit nicht bleiben. Er hat dort keinen Platz! (Jelinek)

... aber diese Rede macht dann doch Lust, mehr von der Frau zu lesen, wenn denn in ihren Büchern ähnliche Inhalte stehen.

Eine noch nicht
in den Jelinek-Kosmos Gefundene,
also... Ich



Art & Vibration
zuletzt bearbeitet 11.12.2008 20:04 | nach oben springen

#9

RE: Jean-Marie Gustave Le Clézio

in Die schöne Welt der Bücher 11.12.2008 20:13
von Zypresserich (gelöscht)
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Hehehe, ja man kann das ja mal auslagern in einen Jelinek-Thread; aber man muss die Rede wirklich mehrmals hören, um den Gehalt wirklich ganz zu raffen.

Bei Clézio fiel mir mal fürs erste auf, dass er das Schreiben als seine Kommunikationsmethode sieht (mal ganz frei); so sehe ich das für mich nicht. Erstmal ist (bei mir) von Mensch zu Mensch in echt eins zu eins gegenüber; (ein subjektiver Einwurf). Das schriftstellerische Schreiben ist mir Kunst und hat mit dem "realen" Leben nicht viel gemein. (auch ein Gegensatz zu Jelineks Rede. Aber wenn man nun mal eine Rede schreiben muss, wer weiß).

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#10

RE: Jean-Marie Gustave Le Clézio

in Die schöne Welt der Bücher 11.12.2008 20:20
von Taxine • Admin | 6.678 Beiträge
Geht mir auch so. Kein Kommunikationsmittel, höchstens ein Übertragen aus inneren Labyrinthen. Aber nicht im Moment des Schreibens. Da ist es Spiel, Verpuffung, Ordnung und Chaos. Erst im Wissen der Augen wird es dann Übertragung.



Art & Vibration
zuletzt bearbeitet 11.12.2008 20:23 | nach oben springen

#11

RE: Jean-Marie Gustave Le Clézio

in Die schöne Welt der Bücher 11.12.2008 22:09
von Zypresserich (gelöscht)
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Zitat von Taxine
Erst im Wissen der Augen wird es dann Übertragung.

Also mit tiefster Bitte um Entschuldigung an Martinus, weil es ja sein Clézio-Thread ist: Dat musste mir ma erklären: Das Wissen der Augen. Das täte mich echt interessieren. (weil: meine glotzen einfach nur so vor sich hin ...)

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#12

RE: Jean-Marie Gustave Le Clézio

in Die schöne Welt der Bücher 11.12.2008 22:36
von Martinus • 3.195 Beiträge
Zitat von Zypresserich

Also mit tiefster Bitte um Entschuldigung an Martinus, weil es ja sein Clézio-Thread ist:


kein Problem, Zypresserich. Das ist unser Ordner. Morgen werde ich mir die Clézio-Rede durchlesen. Ich danke dir für den Text

Liebe Grüße
mArtinus



„Wäre die Erde eine Bank, dann hättet Ihr sie bestimmt schon gerettet!" (Greenpeace)
zuletzt bearbeitet 11.12.2008 22:37 | nach oben springen

#13

RE: Jean-Marie Gustave Le Clézio

in Die schöne Welt der Bücher 11.12.2008 22:49
von Zypresserich (gelöscht)
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Puh, danke. Hatte so meine Bedenken wegen meiner threadsprengenden Burschikosigkeiten (*schweißvonstirnwisch*). Gut les. Die Nobel-Seite ist ja sehr ergiebig (auch "Dein" Coetzee ist ja dort vertreten).

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#14

RE: Jean-Marie Gustave Le Clézio

in Die schöne Welt der Bücher 12.12.2008 15:41
von Taxine • Admin | 6.678 Beiträge

Zitat von Zypresserich

Dat musste mir ma erklären: Das Wissen der Augen. Das täte mich echt interessieren. (weil: meine glotzen einfach nur so vor sich hin ...)


Hehe... in der Metapher gesprochen: die Augen gehören immer den anderen.




Art & Vibration
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#15

RE: Jean-Marie Gustave Le Clézio

in Die schöne Welt der Bücher 04.12.2009 16:17
von Martinus • 3.195 Beiträge

Le Clézio: "Der Goldsucher"

Als im Jahre 2008 der Träger des Literaturnobelpreises verkündet wurde, reagierte Focus Online mit dem Artikel Voll daneben, in dem der Redakteur Jobst-Ulrich Brand über Preisvergaben der letzten Jahre lästerte - „Ja, dann schafft ihn doch am besten gleich ganz ab, den Literatur-Nobelpreis!“ - ohne konstruktive Literaturkritik zu leisten, obwohl schon damals Jean-Marie Gustave Le Clézio zu den am meisten gelesenen französischen Autoren auf der Welt gehörte, Deutschland ihn aber verschlafen hatte.

Mit dem Roman „Der Goldsucher“ taucht Le Clézio in die Welt des Abenteuerromans ein. Der Leser wird allerdings überrascht sein, kein actionreiches Abenteuer vorzufinden, sondern er wird in einer farbigen Sprache gemächlich durch den Roman getragen, auch wenn der Romanaufhänger andere Hoffnungen weckt. Nach den Aufzeichnungen seines Vaters ist Alexis auf der Suche nach dem legendären Goldschatz eines unbekannten Korsaren, der schon seit hundert Jahren gesucht wird, und sein Vater herausgefunden haben will, der Schatz befinde sich auf der Insel Rodriguez im Indischen Ozean gelegen.

Der Roman erzählt von der Naturverbundenheit des Menschen. „Immer, soweit ich zurückdenken kann, hab ich das Meer gehört.“ So beginnt der Roman. Das Meeresrauschen erfüllt Alexis mit „einer Sehnsucht, die er nicht begreife.“ Er lauscht seinem Vater zu, wie er vom Sternenhimmel erzählt, und wenn er im Jahre 1910 von Mauritius Richtung Rodriguez aufbricht, auf dem Deck des Schoners „Zeta“ liegt, dann „schwankt der Himmel zwischen den beiden Masten, die Sternbilder drehen sich, halten einen Augenblick inne und kehren in die Ausgangsstellung zurück.“

Le Clézios poetische Malerei, die Landschaft Mauritius', die Fahrt auf dem Meer, usw. ist von eindringlicher Farbigkeit gezeichnet, die auf mich aber nicht ausufernd wirkt. So lese ich dutzende Seiten, lasse mich durch die Worte treiben wie auf einem Schiff, durchstreife Zuckerrohrplantagen, durchlebe wie ein Robinson Crusoe Alexis' Einsamkeit auf Rodriguez, die Suche nach dem Schatz. Was will ein Autor mehr, wenn er Leser mit seiner Erzählmagie so gewaltig mitreißen kann.

Inhaltlich verdient der Roman besondere Aufmerksamkeit, weil das Abenteuer selbst, die Schatzsuche, in Frage gestellt wird. Trotzdem, ersteinmal lässt sich Alexis in den ersten Weltkrieg treiben, bevor seine Abenteuerreise zu einer Reise in seinen inneren Wesenskern führt.

Um Kritik an Kolonialmächten ins Spiel zu bringen, hat Le Clézio u.a. die Kreolin Uma in den Roman gesetzt, eine wunderbare erdgebundene, mit zarten Strichen gezeichnete Frauengestalt, die sich für das Kosarengold nicht die Bohne interessiert. Die Gier der Kolonialherren, ihr Machtmissbrauch gegenüber einheimischer Landarbeiter kommt ihm Roman zum Tragen, schwelt aber eher im Hintergrund, sodass im Roman niemals Überheblichkeiten auftauchen, wie wir sind die Guten, ihr die Bösen, sondern es wird ja gerade die innere Wandlung des weißen Mannes Alexis aufgezeigt, der vor vielen Jahren als kleiner Junge mit seinem schwarzen Freund Denis auf Mauritius herumstreift, mit ihm Kindheitsabenteuer erlebt.

Anhand dieses Romans kann die Begründung des Nobelpreiskomitees nachvollzogen werden, Jean-Marie Gustave Le Clézio sei ein „Verfasser des Aufbruchs, des poetischen Abenteuers und der sinnlichen Ekstase, dem Erforscher einer Menschlichkeit außerhalb und unterhalb der herrschenden Zivilisation«

Bisher mein liebster Le Clézio!!

Liebe Grüße
mArtinus




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