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Hirngespinste

Austausch zwischen Literatur und Kunst


#31

RE: Das Ich im Zitat

in Zitate 02.08.2009 06:15
von Martinus • 3.195 Beiträge

Zitat von Martinus


Das Gefühl des Todes, welches ein Mensch in Resignation bekommen kann, ist natürlich nicht der Tod an sich, sondern nur ein Gefühl, welches einem überkommt, wenn die Lebensfreude heruntergefahren ist.



Hierzu noch ein Zitat aus den Tagebüchern von Sándor Márai:

Zitat von Sándor Márai, 18. Mai 1988
Die Einsamkeit um mich herum ist dicht wie Winternebel, man ertastet sie. Der Todesgeruch entströmt schon den Kleidern.




„Wäre die Erde eine Bank, dann hättet Ihr sie bestimmt schon gerettet!" (Greenpeace)
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#32

RE: Das Ich im Zitat

in Zitate 02.08.2009 22:47
von Taxine • Admin | 6.678 Beiträge

Da es für denjenigen, der davon betroffen ist, meistens sehr schwer ins Wort zu fassen ist, es dann auch noch verständlich einem anderen Menschen zu erklären, der diesen Zustand „Depression“ nicht kennt oder nachvollziehen kann, auch sieht man darin sicherlich keine Notwendigkeit, weil man es sich selbst kaum erklären kann, weil es "einfach da ist", obwohl man weiß, dass es nicht da sein sollte, habe ich mal ein bisschen in den Büchern geblättert und bin auf eine gute Stelle bei Jenny Diski gestoßen, die wohl den Nagel auf den Kopf trifft. In ihrem Roman „Küsse und Schläge“ fasst sie diesen Zustand sehr anschaulich und nachvollziehbar ins Wort:

Zitat von Diski
Da war es also wieder. Unverkennbar. Sie erkannte es an der Angst, die sie davor hatte, fühlte, dass es stets lauerte, wusste, dass es früher gekommen war und wiederkommen konnte, aber wenn es kam, wenn es sich genauso anfühlte, wie es sich anfühlte, war sie jedesmal überrascht. Es war wie Malaria, wie ein Fieber. Manchmal, wenn man eine Erkältung hat, fragt man sich, ob es keine Grippe ist, aber wenn man wirklich eine Grippe hat, stellt man sich diese Frage nicht. Die Depression war von besonderer Art, ein sofort zu erkennender Zustand, so als wäre ein Knopf gedrückt worden. Ein physischer Schmerz in ihrem Zwerchfell, ein Gewicht, als wär sie mit Blei gefüllt, die absurde Schwierigkeit, irgendetwas zu tun – automatische Bewegungen, die erst bedacht werden mussten, bevor man sie in die Tat umsetzte. Wie durchquert man ein Zimmer? Man setzt einen Fuß vor den anderen, atmet weiter, bedenkt alles genau. Eine Stunde, zwei Stunden, den ganzen Tag damit beschäftigt, die Energie und den Willen aufzubringen, um die einfachsten Dinge zu erledigen, die Katze füttern, pinkeln gehen. Die unbegreifliche Schwierigkeit mit all diesen Dingen wurde noch unbegreiflicher durch die Gewissheit, dass mit dem Körper alles in Ordnung war. Und die tiefe, entsetzliche Verzweiflung in ihrem Kopf.
Es war unmöglich, diese Hoffnungslosigkeit, diese tiefe herabsteigende Schwärze zu beschreiben: Die Schwärze war unendlich, sie war hoffnungslos, weil es nichts zu hoffen gab. Es war eine Verschiebung der Perspektive; es war nicht so, dass sie sich schlecht fühlte und ihr das Leben deshalb erbärmlich erschien, es war vielmehr der Wegfall eines täuschenden rosaroten Vorhangs, der das Leben meist erträglich erscheinen ließ. In Wirklichkeit war es das nicht. Wenn sie depressiv war, sah sie, was zu sehen war, und sie war sich absolut sicher, dass das, was sie sah, die Wirklichkeit war. Sie wusste, die Dunstschleier mussten da sein, wollte man überleben, in den Zeiten aber, wenn sie fortgeweht waren, sah sie die Dinge, wie sie waren. Die Depression war die Wirklichkeit im Übermaß – unerträglich.



Sie berichtet dann, was die Folge solcher Zustände sind, wie sie abwartet und einfach versucht zu überleben. Als es dann vorbei ist, sagt die Protagonistin:
Zitat von Diski
Ja, ich weiß: Irgendwo in mir da lauert ein kleines eigensinniges Ding, das überleben will. Ich verachte es, weiß du, ich finde es schwachsinnig und idiotisch. Es denkt nicht, kann meiner Logik nicht folgen, hockt nur einfach da und verlangt zu überleben. Im entscheidenden Moment funkt es dazwischen und hindert mich daran, mich umzubringen. Ich hasse es wegen seiner Geistlosigkeit.




Art & Vibration
zuletzt bearbeitet 02.08.2009 22:51 | nach oben springen

#33

RE: Das Ich im Zitat

in Zitate 03.08.2009 13:42
von Zypresserich (gelöscht)
avatar

Zitat von aus E. M. Cioran - Vom Nachteil, geboren zu sein
Niemand wird so nahe an seinem Skelett gelebt haben wie ich.

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#34

RE: Das Ich im Zitat

in Zitate 09.02.2010 15:44
von Bea • 680 Beiträge

Leg ich mich aus, so leg ich mich hinein:
Ich kann nicht selbst mein Interprete sein.
Doch wer nur steigt auf seiner eigner Bahn,
Trägt auch mein Bild zu hellerm Licht hinan.

(Nietzsche-Die fröhliche Wissenschaft) -Nu weiß ich warum er so klug ist!




Der Bezug des Menschen zu Orten und durch Orte zu Räumen beruht im Wohnen. Bauen/ Wohnen/ Denken - Heidegger Martin

zuletzt bearbeitet 09.02.2010 15:47 | nach oben springen


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