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Hirngespinste

Austausch zwischen Literatur und Kunst


#1

Cees Nooteboom

in Die schöne Welt der Bücher 15.08.2007 22:58
von Taxine • Admin | 6.678 Beiträge

Cees Nooteboom wurde 1933 in Den Haag geboren. 1955 erschien sein erster Roman (Philip en de anderen), der drei Jahre später auch in Deutschland unter dem Titel Das Paradies ist nebenan veröffentlicht wurde (und 2003 in der Neuübersetzung von Helga van Beuningen unter dem Titel Philip und die anderen erneut eine große Lesergemeinde fand). Nooteboom berichtete 1956 als junger Autor über den Ungarn-Aufstand, 1963 über den SED-Parteitag, und fünf Jahre später über die Studentenunruhen in Paris (gesammelt in dem Band Paris, Mai 1968 ). Seine inzwischen in mehreren Bänden gesammelten Reiseberichte, die weniger Reportagen als vielmehr von genauer Beobachtung getragene, reflektierende Betrachtungen sind, festigten Nootebooms Ruf als Reiseschriftsteller. 1980 fand Nooteboom zurück zur fiktionalen Prosa und erzielte mit dem inzwischen auch verfilmten Roman Rituale (Rituelen) große Erfolge. Sein umfangreiches Werk, das in viele Sprachen übersetzt ist, umfaßt Erzählungen, Berichte, Gedichte und vor allem große Romane wie Allerseelen (Allerzielen). Die acht Bände seiner Gesammelten Werke enthalten neben den bereits publizierten Büchern zahlreiche erstmals auf deutsch vorliegende Texte.
Cees Nooteboom lebt in Amsterdam und auf Menorca.

(Suhrkamp Verlag)


Das erste Buch, das ich von Nooteboom gelesen habe, war "Ein Lied von Schein und Sein". Danach folgten "Rituale", "Philipp und die anderen", "Der Ritter ist gestorben", "Die folgende Geschichte" und alle anderen. Am besten gefiel mir "Allerseelen". Nooteboom fesselt mich einfach durch seine Sprache, durch seine Ideen, seine Wissen in Kunst und Philosophie. Das Ergründen, die Überlegung aus dem Inneren, das Abschweifen der Gedanken und die Reise durch die Welt.
Großartiger Mensch. Über ihn gibt es auch eine Dokumentation "Hotel", so wie sein Buch, in der er über seine Reiseerfahrungen, sein Schreiben, sein Leben berichtet.


Zunächst ein kurzer Einblick in
"Die Dame mit dem Einhorn"


Es ist ein Reisebuch durch Europa. Hier nimmt der "Augenmensch" Nooteboom den Leser mit in sein Amsterdam und in die euopäischen Metropolen wie Paris, Berlin, Wien, Brüssel oder Mailand und Florenz. Er bereist Landschaften in vielen europäischen Ländern, darunter die Bretagne, Franken und die Lombardei. Und was er dabei hört und sieht, gerät ihm zu bekannt eleganten Prosa, zu eigenwilliger Philosophie.
Seine Eigendrücke verbindet er mit seinem fast enzyklopädisch zu nennenden Wissen und lässt Dichter zu Wort kommen, die mit ihm neue Bilder und Gefühle auch für einen altbekannten Ort oder Kunstgegenstand enstehen lassen.

In Antwort auf:
Eines Tages, und ich weiß, wie romantisch und altmodisch das klingt, aber in meinem Leben hat es sich so abgespielt, habe ich den Rucksack gepackt, Abschied von Mutter und den Zug nach Breda genommen und habe mich eine Stunde später - an der belgischen Grenze an den Straßenrand gestellt und den Daumen hochgesteckt; und damit habe ich eigentlich nie mehr aufgehört.



Im Grunde steht Nooteboom vor Bildern und beschreibt sie uns in all ihren Farben. Hier werden zum Beispiel Bilder von Tiepolo, Bruegel, Chirico, Leonardo, bishin zu Anselm Kiefer aufgeführt, und die jeweiligen Städte, in denen sie hängen.
Er sagt:
In Antwort auf:
Denn woraus besteht eine Stadt? Aus allem, was in ihr gesagt, geträumt, zerstört, geschehen ist. Aus dem Gebauten, dem Verschwundenen, dem Geträumten, das nie verwirklicht wurde.


Mit Nooteboom zu reisen, ist wie Urlaub machen und der Kultur frönen, als bekäme man Einblicke in Gorkis Briefe, in die Skizzenbücher von Leonardo, in die dichterischen Zeilen eines Kaplinskis, als säße man am Meer und lausche dem Rauschen oder schlendere durch Ruinen und leere Dörfer, kurz gesagt, als wäre man selbst unterwegs, an der Seite des Schriftstellers.

Pessoa hat mal gesagt, dass ein Mensch, der es versteht zu träumen und zu phantasieren, keine wirkliche Reise nötig hätte. Besser gesagt, erklärte er, dass ein Mensch, der viel reise, keine Phantasie haben kann. Nooteboom beweist uns das Gegenteil.

Und nun zu meinem Lieblingsbuch von ihm -
"A l l e r s e e l e n"

Arthur Daane streift mit seiner Filmkamera durch Berlin, auf der Suche nach Bildern für sein „Ewiges Projekt“.
Der Beginn der Geschichte birgt den guten Menschen, der mehrere Möglichkeiten nutzt, um anderen zu helfen, ohne dafür Dank zu erwarten. (Arthur hilft einem stinkenden Obdachlosen, der irgendwann einmal "ein kleines, schwarzes, niedliches Baby gewesen sein muss"; einer alten Frau, die sich verlaufen hat und ohne das Wissen von Arthur wenig später stirbt)
Dazwischen hat Nooteboom mal wieder herrliche Charaktere und Gespräche erschaffen, die mich bei ihm sowieso immer fazinieren… (besonders gefällt mir Victor - der Bildhauer)
Arthur spaziert zwischen der gefallenen Mauer (Ost/West), deren Grundrisse immer noch stehen… Deutsche Eigenschaften & der ewige Kampf mit der Schuld… russische Schwermut und Wodka (Zenobia) und eine Narbe, die eine Geschichte birgt…
Zwischenfrequenzen: Die höheren Wesen, die Beobachter… erinnern mich ein bisschen an Mulisch (Entdeckung des Himmels), obwohl in der sprachlichen Eleganz kein Vergleich möglich ist.

Bei Nooteboom muss man einfach in "Ausschnitten" berichten, darum hier (zwar aus dem Zusammenhang gerissen, aber doch für sich stehend) die mir lieb gewonnenen Zitate:

In Antwort auf:

Das grässlich Sklavische von Spiegeln. Sie würden einen stets reflektieren, sogar wenn man, wie jetzt, überhaupt keine Lust dazu hatte.


In Antwort auf:
„Ach hör doch auf. Sieh dir doch mal an, wie die Deutschen über die Autobahn jagen. Ein einziger großer Wutanfall. Aggression pur.“

In Antwort auf:
Der „Zwiebelfisch“ hatte ein großes Fenster über die gesamte Front. Hinter diesem Fenster standen ein paar Tische aufgereiht, dahinter kam gleich die Bar, aber daran saß niemand, wie man normal an einer Bar sitzt. Der Sog der Außenwelt war zu groß. Was man von außen sah, war eine Reihe starrender Gestalten, die aussahen, als hinge ein großer, langsamer Gedanke über ihnen, ein schweigendes Grübeln von einer solchen Schwere, dass es sich nur durch das äußerst langsame Trinken riesiger Biergläser ertragen ließ.

In Antwort auf:
Die Erschöpfung, die damit einherging, sah man manchmal auch auf den Gesichtern von Joggern, Formen öffentlichen Leidens, die indezent waren, rennende Christusse auf dem Wege nach Golgatha.


In Antwort auf:
(… ) Heimatlose, Obdachlose, Junkies, Penner, Schreihälse, wohin er auch kam in der Welt, die Straßen waren voll von ihnen. Vor sich hinbrabbelnd, suchend, in Lumpen gehüllt, schwarz vor Schmutz, mit gewaltigen verfilzten Haarmähnen, schweigend, schimpfend oder bettelnd liefen sie durch die Städte, als seien sie aus einer Urzeit gekommen, um die Menschheit an irgend etwas zu erinnern, nur woran? Etwas starb fortwährend auf dieser Welt, und sie machten es sichtbar.


In Antwort auf:
Die Welt als Serie von Erscheinungen.



CASPAR DAVID FRIEDRICH
In Antwort auf:
In all seinen Bildern lauerte ein Abgrund, der erst später sichtbar wurde, für den der Maler einfach noch keinen Ausdruck gefunden hatte.


In Antwort auf:
„;Weißt du noch, wie wir uns die Bilder von Caspar David Friedrich angeschaut haben?“
(… )
„Wenn du sie dir anschaust, dann schaust du zurück. Aber er hat nach vorn geschaut.“
„Und was hat er da gesehen?“
„Munchs Schrei . Wenn du genau hinsiehst, kannst du ihn hören.“


In Antwort auf:
Er sah das Gemälde vor sich. Das Ambivalente an Kunst war, dass sie den Abgrund sichtbar machte und gleichzeitig einen Schein von Ordnung darüber spannte.




Und weiter geht's:
In Antwort auf:
(… )ein Geruch, der etwas mit klammer Kälte und Fäulnis zu tun hatte, es musste die Zeit selbst sein, die da vermoderte.


In Antwort auf:
Da hatte Nietzsche dann doch jedenfalls recht: dass wir all diesen Rätseln mit Scheu begegnen müssten, hinter denen sich die Natur verbirgt. Aber nein, wir tun genau das Gegenteil, wir gehen ihr bis in die entferntesten Höhlen des Universums nach, wir entkleiden sie immer weiter, bis nichts mehr zu sehen ist und wir selber in ihren Geheimnissen verschwinden, weil wir ihr mit unserem erbärmlichen Bewusstsein nicht beikommen.


In Antwort auf:
Das Universum ist durch die Schöpfung versaut worden.


In Antwort auf:
Zeit war Unsinn, das hatte Dalí mit seiner schmelzenden Uhr richtig erfasst. Unsinn, der weg geflossen war und einem doch in den Knochen steckte.



ENDE
In Antwort auf:
Und wir? Ach wir...





Art & Vibration
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#2

RE: Cees Nooteboom

in Die schöne Welt der Bücher 15.08.2007 23:08
von Jo
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Hallo Taxine,

lange nicht mehr ge"sehen". Ich habe auf Reisen viel Nooteboom gelesen und bin sehr begeistert.
Auch seine Reiseberichte sind toll. "Hotel" oder "Der Ritter ist gestorben" habe ich jetzt auch gelesen. Es gibt auch ein neues Buch von ihm, ich glaube, das sind Gedichte.

"Der Ritter ist gestorben" hat mir gefallen.
Geht um einen Schriftsteller, der den Roman seines toten Schriftstellerfreund zu Ende schreibt. Der Roman handelt wiederum von einem Schriftsteller, der vor Angst auf einer Insel stirbt.

Allerdings habe ich festgestellt, dass man sich für Nooteboom Zeit nehmen muss, nicht mal eben schnell im Zug. Man braucht Ruhe.

Es grüßt
jo

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#3

RE: Cees Nooteboom

in Die schöne Welt der Bücher 15.08.2007 23:09
von Taxine
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Hallo Jo,

Freude, welch Freude (nochmals).
Ja, ich habe die Gedichte von Nooteboom gesehen, aber nur darin geblättert. Ich mag seine Romane am liebsten.

"Der Ritter ist gestorben" - ein sehr schönes Buch. Sätze wie:

In Antwort auf:
Über dem Bett hängt ein Jesus, der es nicht mehr aushält vor Schmerzen und dies mit vulgär verzerrtem Gesicht demonstriert.


In Antwort auf:
Er schläft, und Schleier um Schleier fällt von seinem Gesicht, nackt bleibt es zurück. Unter den geschlossenen Lidern rollen die leuchtenden Augen hin und her, schauen Träume, und was sieht er?


oder
In Antwort auf:
Fäden, Bilder, Schemen, Schatten. Die gültige Zeit, die einmal war, die ebenso lange dauerte wie die gültige Zeit, die jetzt ist. Wo geblieben? Später kann er Geschichten daraus machen, „Als ich zum erstenmal ministrieren sollte, wurde ich krank!“, doch was bedeutet ein solcher Satz? Lassen sich darin der Geruch, die Zeit, die Geräusche zusammenfassen? Denn die Erinnerung und die Geschichten, was kann er damit schon anfangen? Sie sind nicht der kalte Morgen im Winter. Sie sind nicht der halbverrückte alte Mönch, der sich murmelnd und rülpsend fertigmacht, um die Messe in der kleinen Kapelle der deutschen Nonnen zu lesen, die das Essen für das Kloster bereiten. Sie sind auch nicht jene Gruppe wackerer Nonnen, die, „schon lange vor der Sonne aus den Betten geweht, jetzt auf vorsichtigen Knien in den Holzbänken eingeklemmt, an Gebeten und Gedanken spinnen, bekümmerte Höhleneinwohnerinnen“.

... waren mir schon ein Lesegenuß.

Wäre schön, wenn mal wieder etwas Neues von ihm kommt. Ich glaube, ich habe (außer "Auf Reisen") alles von ihm gelesen.
Seine Bücher würde ich ohne Hinterfragung und vorherige Erkundigung kaufen. Immer.

Liebe Grüße
(und immer noch erfreut)
Taxine

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#4

RE: Cees Nooteboom

in Die schöne Welt der Bücher 15.08.2007 23:09
von Jo
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Ich freu mich auch, Taxine.

Oder so ein Satz:

In Antwort auf:
Er selbst, nach Erfüllung seiner Mörderpflicht, plötzlich bekleidet mit der neuen Würde eines trefflichen Gleichgewichts, eine gut gereinigte Asphaltstrasse entlang wandernd, auf dem Weg zu - mindestens - dem Horizont.


Es grüßt
jo

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#5

RE: Cees Nooteboom

in Die schöne Welt der Bücher 15.08.2007 23:10
von Martinus
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Hallo,

ich las mal "Mokusei", eine Liebesgeschichte. Hat mir damals gefallen, spielt in Japan.

"Rituale" habe ich zwar auch gelesen, habe es damals aber nicht gepackt (oder nicht verstanden). Ich muss auch sagen, ich habe früher warscheinlich nicht so genau gelesen, oder mein Geist war damals nicht so gereift, und habe manchmal dadurch manchem Buch vielleicht Unrecht getan. Hört sich merkwürdig an, ist aber nur Selbstkritik. Heute würde ich die "Rituale" sicher anders aufnehmen als zur Zeit der Erstausgabe, bzw. zu der Zeit, als dieses Buch im Literarischem Quartet so wohlwollend besprochen wurde.

Mein Dilemma von damals ist der Grund, dass ich Nooteboom links liegen gelassen habe.

Ein weitgereister Herr, ja. Die Reisen haben ihn zu manchem Buch inspiriert. Ist doch schön, oder?

Was meinst du,Taxine, wenn ich nur drei Bücher von Nooteboom lesen könnte/dürfte, welche Bücher sollten das unbedingt sein?

Liebe Grüße
vom Beichtstuhl

Martinus
zuletzt bearbeitet 15.08.2007 23:11 | nach oben springen

#6

RE: Cees Nooteboom

in Die schöne Welt der Bücher 15.08.2007 23:13
von Taxine • Admin | 6.678 Beiträge

Hallo Martinus,

ich muss zuerst sagen, dass die kürzeren Storys von Nooteboom in meinen Augen nicht so doll sind, obwohl ich den Herrn sehr mag. "Mokusei!" und "In den niederländischen Bergen" haben mir nicht so viel gegeben, wenn ich den Vergleich zu seinen anderen Werken ziehe.

Zu empfehlen sind unbedingt:
- Allerseelen (siehe vorne im Ordner)
- Philip und die anderen (Das Buch mit dem wehmütigen Sturz in die Romantik. Traum und Wirklichkeit greifen nicht ineinander, sondern existieren miteinander.)
- Die folgende Geschichte (Grob: Wenn man woanders aufwacht, stribt man gerade und lebt nur noch einen Traum! )

und, wenn du Gefallen finden solltest, dann unbedingt
- Rituale
- Ein Lied von Schein und Sein
- Der Ritter ist gestorben.

Was mir an Nooteboom gefällt, sind seine Ausflüge in die Gedanken, Überlegungen, Geschichtsereignisse, in die Mystik wie auch die Literatur. Und ein Mann, der so etwas schreibt, kann ja nicht schlecht sein:

In Antwort auf:
Meine Wohnung ist voll von Büchern, die mir erlauben, zwischen ihnen zu leben.

(Die folgende Geschichte)




Liebe Grüße
Taxine




Art & Vibration
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#7

RE: Cees Nooteboom

in Die schöne Welt der Bücher 15.08.2007 23:13
von Martinus
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Hallo Taxine,

herzlichen Dank für die Empfehlungen. Werde mir gerne eines der Bücher demnächst zu Gemüte führen. So ein wenig Phantastik mit Traum und Wirklichkeit gefällt mir ja auch.

Tschüssi
Martinus

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#8

RE: Cees Nooteboom

in Die schöne Welt der Bücher 25.08.2007 19:54
von philiplarkin
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Hi,Taxine, bei Deiner Aufzählung fehlt mir Nootebooms australische Engelgeschichte "Paradies verloren" - wie fandest Du diese?
Beste Grüsse aus Wien
P.

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#9

RE: Cees Nooteboom

in Die schöne Welt der Bücher 25.08.2007 20:53
von Taxine • Admin | 6.678 Beiträge
Hallo,

wie alles von Nooteboom habe ich auch dieses Buch verschlungen. Aber, ich muss zugeben, dass es in mir keinen so tiefen Eindruck hinterlassen hat. Es geht grob gesagt um die ewgie Ruhe, die ewige Unsicherheit, den ewigen Unterschied zwischen den Menschen, allerdings wie immer wunderbar umgesetzt.
Schön waren solche Eindrücke:
Zitat von
(...) Sao Paulo, ein Horizont voller Wolkenkratzer, Paläste reicher Leute und natürlich die ewigen, ach so pittoresken Armenviertel, Slums, Favelas, wie nennt man die. Dächer aus Wellblech, wacklige Holzkonstruktionen, Menschen, die so aussehen, als mache es ihnen Spaß, dort zu wohnen.
(S. 10)

Oder:
Zitat von
Für so ein kleines Buch hat es ziemlich viele Kapitel. Das bedeutet immer einen Neubeginn, dafür muss man schon einen guten Grund haben.
(S. 12)

Und seine Vergleiche:
Zitat von
Er ist so unzugänglich wie seine Bilder. Die kann man sich an die Wand hängen, aber man besitzt sie damit noch nicht, sie werden einem nie gehören, weil sie aus einer Welt kommen, zu der man selbst keinen Zugang hat.
(S. 70)

Und er versteht es auch hervorragend, über sich selbst zu lästern, nicht wahr?
Zitat von
Manche Schriftsteller wurden unangenehm alt, mit der Zeit kannte man alle ihre Obsessionen und Manierismen, es wurde zuwenig gestorben in der niederländischen Literatur. Reve, Mulisch, Claus, Wolkers, Nooteboom, die hatten schon geschrieben, als er noch in den Windeln lag, und wie`s aussah, dachten sie keineswegs daran, das Schreiben einzustellen, seiner Meinung nach nahmen sie die Idee ihrer Unsterblichkeit etwas zu wörtlich.
(S. 89)

Auch die Zitate aus Johann Miltons's "Verlorenes Paradies" haben mir gefallen.

Und selbst? Wie war der Eindruck?

Liebe Grüße aus Cologne
Taxine



Art & Vibration
zuletzt bearbeitet 25.08.2007 21:02 | nach oben springen

#10

RE: Cees Nooteboom

in Die schöne Welt der Bücher 25.08.2007 21:06
von philiplarkin • 32 Beiträge

Hi,Taxine!
Mir hat vor allem die Entwicklung der Story gefallen und die Idee, eine alte Geschichte neu zu erzählen.
Wobei auch in diesem kleinen Roman der Reiseschriftsteller seine Obsession durchklingen ließ. Was C.N. da über Australien und die Behandlung von dessen Ureinwohnern schreibt, hat wirklich Tiefgang, Verständnis und die Gelassenheit des Wissenden.
Aber das kennzeichnet ja auch schon seine frühen Erzählungen, von denen einige 2006 unter dem Titel "Der verliebte Gefangené - Tropische Erzählungen" erschienen sind. Wobei mir hier am Besten die Erzählung "Phantasma" (eine sehr geheimnisvolle Geschichte über Gran Canaria) gefallen hat.
Ach, ich komm ins Schwärmen.
LG nach Köln
P.


"....das Gedicht, nichts als ein Hauch."
Cees Nooteboom
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#11

RE: Cees Nooteboom

in Die schöne Welt der Bücher 25.08.2007 21:15
von Taxine • Admin | 6.678 Beiträge

Ah... endlich ein weiterer Bewunderer des Niederländers. Nur her mit den Empfehlungen.

Seine Aufzeichnungen von der Studentenbewegung "Paris, Mai 1968" oder "Im Frühling der Tau" hatte ich hier auch vergessen zu erwähnen, aber doch noch einige andere. "Der Laut seines Namens" steht noch an.
Ja, ich kann sie gut verstehen - die Schwärmerei. Auch die Dokumentation "Hotel" kann ich immer wieder sehen, darin ist das Wesen Nootebooms so fantastisch ins Bild gefasst.

Grüße dem Wiener Gleichgesinnten
Taxine




Art & Vibration
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#12

RE: Cees Nooteboom

in Die schöne Welt der Bücher 25.08.2007 21:49
von philiplarkin • 32 Beiträge

"....das Gedicht, nichts als ein Hauch."
Cees Nooteboom
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#13

RE: Cees Nooteboom

in Die schöne Welt der Bücher 25.08.2007 22:05
von philiplarkin • 32 Beiträge


na, da ist mir aber mein Beitrag noch abgehauen, bevor ich ihn schreiben konnte....
ich wollte da noch eine Stelle von C.N. anfügen, die mir seine Auffassung von Lyrik recht gut beschreibt.
Also:
"Lyrik ist überall und in allem, aber sie läßt sich nicht erzwingen. Ein Gedicht zu schreiben ist erst Arbeit, nachdem es, auf welche Weise auch immer, angeklopft hat.... Der Anfang, die eine Zeile, die paar Worte, das Fragment, an dem man hängenbleibt, das Bild - es bleibt jedesmal ein Mysterium."

Und dann setzte er das auch um:

Das Gedicht hörte, wie es geschrieben wurde,
es sah die riesige Hand,
aus der es anscheinend wortweise entstand,
es hielt mit sich selber kaum Schritt.

Schritt, sah es stehen, und sagte
sich echoend Schritt, Schritt, aber schon
war die Hand vorbei, gehetzt
von der wütenden Schrift,
dem Heimweh nach Form.

Es schmerzt, nicht fertig zu sein,
wenn man nirgendwoher kommt.
Atemlos liegen die Wörter auf dem Tisch,
die Hand verschwindet, kommt wieder, verschwindet,
das Gedicht erinnert sich an nichts,

und der Kopf, so weit da oben
und noch immer durchwegs unkenntlich,
es sei denn als Maske von Chaos und Ursprung,
entläßt die Zeilen,
sein Atem gebiert
die Kadenz des Denkens,
das Gedicht,
nicht als ein Hauch.


So leicht wäre es - und so schwer ist es!

LG
P.
_____________________________________________


"....das Gedicht, nichts als ein Hauch."
Cees Nooteboom
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#14

RE: Cees Nooteboom

in Die schöne Welt der Bücher 25.08.2007 22:16
von Taxine • Admin | 6.678 Beiträge

Ein wunderbares Gedicht.
Und doch ist es so einfach, sobald dann das Gedicht "angeklopft" hat.
Manchmal erscheint es mir, als hätten die Zeilen eine ganze Weile im Inneren so vor sich hingebrodelt, hätten sich selbst umwirbelt, gestoßen, verbunden, um dann in einer Gewalt hervorzubrechen, sich durch die Hand, die auf einmal so schwungvoll den Stift zu halten weiß, über das Papier zu ergießen und dann noch irisierend darauf zu verharren, bis der Dichter sich darüber beugt, durchatmet, alles betrachtet und ganz langsam beginnt zu ordnen.

Liebe Grüße
Taxine




Art & Vibration
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#15

RE: Cees Nooteboom

in Die schöne Welt der Bücher 25.08.2007 22:22
von philiplarkin • 32 Beiträge

....und diesen Vorgang kennst Du wohl auch von Deinen wunderbaren Bildern....


"....das Gedicht, nichts als ein Hauch."
Cees Nooteboom
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