Endlich, endlich Werner Bräunigs "Rummelplatz" durchgearbeitet. Lange hats gedauert. Schon ein zähes Machwerk, wie ich finde. Doch so viel dezidierte Kritik den Realsozialismus betreffend, freilich um die Kritikpunkte zur Überwindung ins allgemeine Bewusstsein zu rufen, war natürlich ein gefundenes Fressen für das 11. Plenum des ZK der SED im Jahr 1965. Vor 400 Teilnehmern wurde Bräunigs Roman und damit auch Bräunig als Negativbeispiel eines DDR-Autoren wegen antisozialistischen und antisowjetischen Tendenzen an den Pranger gestellt. Ihm wurde vorgeworfen, die Grenzen des Anstandes überschritten zu haben, Obszönität, eine falsche subjektive Einstellung zur historischen Wahrheit, Eindringen westlicher Dekadenz, natürlich eine falsche Entwicklung des Helden und so weiter. Aus heutiger Sicht kann man dem Roman Wahrhaftigkeit bescheinigen. Vielleicht der wahrhaftigste Roman, der damals geschrieben wurde. Nur in einem befindet er sich ganz in der Tradition der doktrinistischen Literatur, auch Bräunig stellt die Entwicklung am 17 Juni 1953 in den Schatten reaktionärer und krimineller Aufrührer.