HirngespinsteAustausch zwischen Literatur und Kunst |
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Ich habe mir noch einmal Roberto Bolano vorgenommen. "2666". Und diesmal geschafft. Weiß gar nicht mehr, warum beim letzten Mal nicht, wahrscheinlich war die Stimmung nicht dafür geeignet. Es ist wirklich ein schönes, wenn auch gewaltiges Werk.
Davor Samisdat-Lektüre. Sehr schön: Wladimir Bukowski "Wind vor dem Eisgang".
( "Die Herren Golowlew" sind übrigens endlich zu mir auf den Weg. Freue mich schon riesig. )
Art & Vibration
Ha ... ich strebe dir nach, habe "Fiesta" auch einfach einmal angefangen und bin tatsächlich drin hängengeblieben. Das Chaos der unerwiderten Liebe. Paris, einmal von einer anderen Seite, je nachdem, ob man die Stimmung erträgt oder nicht. ("Paris, ein Fest für's Leben" ist das einzige Buch von Hemingway, das ich gelesen habe und wohl irgendwann noch einmal lesen werde.)
Bin übrigens auch in Spanien. Gerade dort, wo Cohn ständig zum Frisur läuft und auf Brett wartet, während Bill und Jack im Omnibus lernen, wie man richtig Wein aus dem Schlauch trinkt. Trotz des knappen Stils schafft Hemingway es herrlich, das alles lebendig wirken zu lassen. Das nächste Buch wird auf jeden Fall "Inseln im Strom" sein.
Art & Vibration
Ha, da bin ich auch grad gewesen Brauche diesmal ein bisschen länger. Aber am Wochenende gehts nach Spanien, juhuuuuuuuuuu - In die Flittis
"Paris, ein Fest für's Leben" das war dann wohl eine Empfehlung? Besorge ich mir Hemingway schreibt so herrlich unverfangen. Das ist echt befreiend, mal wieder solch einen Stil zu lesen.
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[i]Poka![/i]
Ich wünsche euch viel Spaß!!! Aber keine Stierkämpfe besuchen.
"Paris, ein Fest für's Leben" ist autobiografisch. Auch viel über Fitzgerald und co. Und über das Saufen per se.
Bin in der Hayman Biografie über "Franz Kafka". Da kann man sich ja wieder blöd zitieren ...
Zitat
„Manches Buch wirkt wie ein Schlüssel zu fremden Sälen des eigenen Schlosses.“
(Brief Kafka an Pollak)
oder:
Zitat
Ich glaube, man sollte überhaupt nur solche Bücher lesen, die einen beißen und stechen. Wenn das Buch, das wir lesen, uns nicht mit einem Faustschlag auf den Schädel weckt, wozu lesen wir dann das Buch?
(…) ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns.
(Brief an Pollak)
So ist es. Solche Bücher muss man dann nur noch finden.
Art & Vibration
Fiesta habe ich mal vor 30 Jahren gelesen. Da war es nix für mich. Ich wusste nicht was es sollte.
Rachmanowa, Alja "Studenten, Liebe, Tscheka und Tod"
Ich bin am ersten Band von dreien.
Eine schlichte Angelegenheit. Aber bewegend, so dass einem immer mal wieder der Atem stockt.
Mir war ja bereits Einiges bekannt, was 1917 in Russland so abging. Diese Tagebuchaufzeichnungen vermitteln mit ihrer Nüchternheit und Schlichtheit jedoch eine Atmosphäre von dieser Zeit.
Bereits das Schwarzbuch der Sowjetunion bietet schier Unglaubliches.
Und hier bekomme ich nun, Jahre später, die atmosphärische Ergänzung dazu. Derzeit eben 1917 / 1918.
Aus meiner Sicht lohnenswert. Es wird nicht viel lamentiert, gewertet oder philosophiert, sondern notiert. In der Regel kurz und knapp. Nur manchmal, aber maximal eine Seite schwächelt sie und ufert wie in ihrer D.- Biographie aus.
Ich bin jetzt schon recht sicher, dass ich geknickt sein werde, wenn die drei Bände durch sind. Kafka ist mir zwar nicht geheuer, aber das wären für mich solche Bücher die im Sinne hat.
Die Roten müssen wirklich KEINEN Vergleich mit dem Hitler-Faschismus scheuen. Maximal in der Wahllosigkeit des Tötens scheinen die Russen gut vorne zu liegen. Das haben sie bis zum Ende Stalins ja auch ohne Ende auf höchstem Level durchgehalten.
Was Leonardt in Russland erlebt hat findet hier seinen unvorstellbar greulichen Beginn.
Ich fang an zu labern . . .
Der nächste Band "Ehen im Roten Sturm" liegt bereit. Mit dem melde ich mich dann das nächste Mal.
www.dostojewski.eu
Gerade letztens hatte ich an dich gedacht, Jatman. Schön, dich mal wiederzu"lesen". Was macht Dostojewski? Hast du ihn nun komplett ad acta gelegt?
Ich hatte Rachmanowas "Russische Tagebücher" auch gelesen bzw. angelesen. Den ersten Band hatte geschafft. Hat mich irgendwann sehr depremiert. Stimme mit dir überein, wenn du sagst:
Zitat von Jatman
Die Roten müssen wirklich KEINEN Vergleich mit dem Hitler-Faschismus scheuen.
Auch fand ich die Sicht der adligen Perspektive interessant. Sie schreibt schon sehr romanesk, wenn man das so sagen kann. Das alles wird sehr lebendig.
Habe mir in Bezug auf Russland nun auch ein interessantes Buch bestellt: Swetlana Alexijewitsch "Secondhand Zeit - Leben auf den Trümmern des Sozialismus"
Mal sehen.
Zu Kafka. Ja. Der ist mir auch äußerst suspekt. Die Biografie war damals eine Empfehlung von dir und ich finde sie großartig, da sie einen guten Einblick auf diesen wunderlichen Menschen gibt. Dass all seine Neurosen heute als künstlerisch literarischer Charakter dargestellt werden, ist schon eigenartig und dann auch nicht so sehr. Ist ja in der Nachzeit häufig so. Er hat im Grunde keinen Roman, außer den "Prozeß" zu Ende geschrieben und war wirklich ein Gefangener seiner selbst. Klar, über solche Leute liest man gerne, auch wenn es eigentlich tragisch ist, so zu sein und so mit dem Selbst zu ringen.
Die Stelle, ein Brief von ihm an Hedwig Weiler, drückt es gut aus:
Zitat von Kafka
„Diese heimliche Selbst-Vergewaltigung, diese Künstler-Grausamkeit, diese Lust, sich selbst als einem schweren widerstrebenden leidenden Stoffe eine Form zu geben, einen Willen, eine Kritik, einen Widerspruch, eine Verachtung, ein Nein einzubrennen, diese unheimliche und entsetzlich lustvolle Arbeit einer mit sich selbst willig-zwiespältigen Seele, welche sich Leiden macht, aus Lust am Leidenmachen, dieses ganze aktivische „schlechte Gewissen“ hat zuletzt – man errät es schon – als der eigentliche Mutterschoß idealer und imaginativer Ereignisse auch eine Fülle von neuer befremdlicher Schönheit und Bejahung ans Licht gebracht.“
Schlimm. Schlimm. Und doch wahr.
Art & Vibration
Dostojewski, habe ich adacta gelegt. Sich nur selbst in einer Sache dauerhaft vorwärts bringen, geht ja eher nicht. Den gesuchten Input / Impuls habe ich bei der Dostojewski-Gesellschaft leider nicht finden können.
Der letzte Kontakt war das Buch „Rüdiger Safranski - Goethe und Schiller. Geschichte einer Freundschaft“ Da gab es ein paar Stellen, an denen die Parallelen Schiller Dostojewski recht deutlich zu Tag treten. (Sollte ich das Buch schon erwähnt haben: sorry) Anderenfalls sehr empfehlenswert. Seit dem ich das gelesen habe, habe ich von dem Briefverkehr Schiller-Goethe (hangle ich mich seit zwei Jahren durch) auch mehr.
Ja, in der Mitte fand ich es auch recht deprimierend. Nicht selten nur Zweizeiler wie Gestern den erschossen, geholt, massakriert. Mich hat es aber einfach nicht losgelassen > Kommt man aus so einem Albtraum wieder raus? Ab wann dreht man durch? Sie hat doch die Bücher geschrieben. Sie hat es überlebt. Aber wie geht das? Einfach unvorstellbar. Die Flucht ist auch völlig unklar.
Ja, sehr romanesk und schlicht. Diese profane Stringenz macht es vielleicht aber auch so plastisch. (Ähnlich ging es mir bei Remarques Nichts Neues im Westen). Unvorstellbares einfach lakonisch notiert. Und ich mags ja simple ;-)
Bin jetzt beim zweiten Band, da hat sie sich nicht mehr so prägnant im Griff. Da ufert es schon immer mal aus. Lese ich quer, denn ich will wissen wie sie durch all das Elend gekommen ist, ohne aufzugeben.
Wieder ein ja. Die adlige Sicht. Wann bekommt man denn die mal? Und zudem recht Wertneutral. Klar, die haben das Volk ausgebeutet und das Zarenregime war kein Kindergarten. Und mir scheint, es war es eben doch – im Vergleich zu dem über 50igjährigen roten Terrorregime. Der IS stellt doch dagegen geradezu eine neutrale Gerichtsbarkeit dar. . .
Nun ja, sind halt Gedanken, die mir beim Lesen so in den Sinn kommen
„Swetlana Alexijewitsch "Secondhand Zeit - Leben auf den Trümmern des Sozialismus"
Dein Petersburg-Bericht könnte man zu weiten Teilen ja auch so überschreiben. Da liest es sich sicherlich gut, denn Du kannst einen Abgleich zwischen Erlebtem und Geschriebenen herstellen.
Ein klein wenig weiß ich ja, aber 1920 in Omsk auf der Flucht ist immer wieder die Rede von Tschechen, denen es zudem recht gut ging. Hast Du da nen Hinweis /Idee / Wissen?
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Zu Rachmanowa Teil II
Nach der Flucht nach Sibirien dürfen sie wieder nach Hause, um eventuell wegen ihrer Flucht erschossen zu werden. Sie sehen unentwegt hunderttausende Nahezuleichen. Verhungernde Kreaturen. Von den Roten in aberwitzig lange Viehwagen gepfercht, aus denen nur noch die Fittesten herauskriechen können, um sich Brot zu erbetteln versuchen. Unzählige auf dem Weg in den Tod. Und keine Adligen!
Hier schreibt sie einen Satz, der genau an diese Stelle passt:
„Zu groß ist das Entsetzen, als das man dies alles für volle Wirklichkeit in sich aufnehmen könnte.“
und an so viele bisherige als wohl auch sicher noch folgende Stellen.
Es ist kein Meisterwerk das Buch. Es entwickelt Längen. Ich bleib dran. Und ja – es ist deprimierend bis zum Abwinken.
Ich habe damals in der Schule ja nun beileibe nicht viel geglaubt. Aber die haben uns so dermaßen verarscht. Einfach unvorstellbar.
Mag naiv wirken. Vielleicht bin ich` s . . .
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Zitat von Jatman1 im Beitrag #9
Ein klein wenig weiß ich ja, aber 1920 in Omsk auf der Flucht ist immer wieder die Rede von Tschechen, denen es zudem recht gut ging. Hast Du da nen Hinweis /Idee / Wissen?
Leider nicht. Ich muss die Tagebücher einfach einmal wieder zur Hand nehmen. Was mich daneben auch interessiert ist die "Ungarische Tragödie".
Art & Vibration
Mit den Tschechen ist nicht so wichtig. Hätte ja sein können. Was machen bloß reiche Tschechen in Sibirien?
Ungarische Tragödie - meinst Du den Volksaufstand 1956 ?
Nebenbei:
Wenn man Rachmanowa googelt, erscheint ein Foto von ihr. Ich schau dann immer eine Weile darauf und kann es nicht so recht in Einklang bringen: Die hat das alles erlebt und da lächelt mich ein normaler Mensch an. Ist für mich völlig verrückt. Ein Zeichen für den breits zitierten Satz von ihr: „Zu groß ist das Entsetzen, als das man dies alles für volle Wirklichkeit in sich aufnehmen könnte.“ Da liegt vermutlich die Ursache für mein Innehalten und Staunen,
Und ich hab es bloß gelesen.
Ich muss wohl mal thematisch von dem ganzen "Russen-Zeug" weg. Ist ja in der Regel nur deprimierend. Wenn depressiv, dann lieber mit Kurt Vonnegut. Aber von dem habe ich ja leider schon alles gelesen - wie deprimierend . . .
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Rachmanowa. Ich werde wohl den dritten Teil nicht mehr bestellen. Die Substanz wird in dem zweiten Band zusehends ausgedünnt und mit ausufernden romanesken Beschreibungen zugedeckt. Die Liebe, das Kind – da schnulzt es sich schon was zusammen. Schade. Steht schon im Regal. Vielleicht habe ich nur ein paar Seiten länger ausgehalten, als Du ;-)
Habe mir nen ganzen Stapel der Serie Denkanstöße "Denkanstöße" bestellt.
Die liegen jetzt gut verstreut in der Wohnung rum. So kann ich mir immer unvermittelt halt mal 3 bis 6 Seiten zu Gemüte ziehen, ohne nun im eigentlichen Sinn, mich zum Buch-Lesen entscheiden zu müssen.
Ein jährlich erscheinendes Sammelsurium an Texten. Eine inhaltliche Ausrichtung gibt es nicht. Es geht um Lebensmittel, den Weltfrieden, Seife, Philosophie, Wissenschaft, Politik . . . Lauter kurze Texte, die in Ihrer thematischen Streuung kaum breiter anzulegen sind.
Man kann also ohne großen Aufwand schön stöbern aber auch so guten Gewissens, Themen liegen lassen. Man hat jedoch sehr große Chancen auf Horizonterweiterung – und wenn nur für den vergnüglichen Moment des Lesens der Texte. Texte, die man so zu vermutlich 90% nicht anfassen bzw. überhaupt registrieren würde.
Vielleicht ein brauchbarer Hinweis für die mitlesenden Lesemüden.
Und kosten tun die Dinger gebraucht auch fast nüscht.
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Wollte einfach mal was Unterhaltendes, ein Burleske.
Tom Sharpe "Ein dicker Hund" - nach 60 Seiten das Buch zugeklappt.
Der nächste bitte.
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