HirngespinsteAustausch zwischen Literatur und Kunst |
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Ich habe mir das neue, eigentlich alte Buch von Cormac McCarthy gegönnt. Sein Erstlingswerk, falls sich da nicht noch anderes anfindet:
Cormac McCarthy - Der Feldhüter, Rowohlt Verlag
wer McCarthy kennt wird so ungefähr wissen, was er zu erwarten hat: viel Gewalt (die mich nun langsam nervt), Menschen als Außenseiter, grandiose Naturbeschreibungen und die Leute reden nicht viel...
Zum Ausgleich und wegen eventuell danach aufkommender Neurosen: einmal wieder Mörikes Gedichte!
Ein Italiener, der wahrlich grandios erzählen kann und von dem ich jetzt mehrere Romane lesen werde, ist Ugo Riccarelli. Den hat auch Tabucchi hoch gelobt, was nichts heißen will. Bereits gelesen und verschlungen, habe ich sein Buch "Der vollkommene Schmerz". Darin entwirft der Schriftsteller den Familienstammbaum als Perpetuum Mobile, wo jedes Teilchen zwar dafür sorgt, dass das Räderwerk weiterläuft, allerdings auch keinen Einfluss auf die Selbstschöpfung des Lebens hat, was auch immer versucht wird. Diese Erkenntnis ist vielleicht die schönste in diesem wunderbaren Buch. Generation nach Generation tritt auf und alles hängt miteinander zusammen, begleitet vom vollkommenen Schmerz und den miteinander verflochtenen Schicksalen. (Ich hatte das Buch fast nur wegen dem Titel bestellt und wurde auch sonst nicht enttäuscht.) Es endet erhaben, beginnt aber auch schon schön, fast poetisch, wobei sich das surreale Bild nachher als wirklich herausstellt:
"Unmittelbar bevor sie starb, tauchte Annina, an den Haselnußbaum im Garten gestützt, aus dem Schatten auf, in dem sich ihr Verstand seit vielen Jahren veborgen hatte ..."
Nun weiter mit Kermanis "Dein Name".
Zitat von Roquairol im Beitrag RE: Februar 2016
Der Kermani gefällt mir ganz gut. Eigentlich bin ich nur auf das Buch gekommen, weil mein früherer Professor Niewöhner darin eine Rolle spielt. Letzte Woche hatte ich eine intensive Diskussion mit einem Freund, der das Buch ganz schrecklich "formlos" fand und nach wenigen Seiten weglegte und verschenkte. Aber was er "formlos" nennt, finde ich eher jean-paulinisch. Wobei der Vergleich mit Jean Paul natürlich sehr hochgegriffen ist, aber Kermani ist nun mal Jean-Paul-Verehrer, und wenn man das weiß und jenen auch kennt, dann merkt man halt, dass er sein Buch nicht einfach planlos runtergeschrieben hat, sondern dass schon eine gewisse Struktur dahintersteckt, nur eine andere als üblich.
Ich finde seinen Stil toll. Eigenartig, wie er es schafft, dass man mitten in seinem Leben sitzt, Teil daran hat, wie er das Buch zusammensetzt und über die Begegnungen mitreflektiert. Journalistisch kreischendes und sehr spannendes Zeitgeschehen, irgendwie. Tagebuchähnlich natürlich. Das ist das, was mich daran packt. Danke für die Empfehlung.
Art & Vibration
Ein kleines Buch für Zwischendurch mit großer Wirkung. Bora Cosic "Die Zollerklärung".
„Weil die Grenze größtenteils ein Irrtum ist, der davon spricht, dass sich die Menschen voneinander unterscheiden, was sie nach und nach vielleicht wirklich tun.“
(Wie passend im Moment.)
Art & Vibration