HirngespinsteAustausch zwischen Literatur und Kunst |
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Aktuelle Lektüre: "Die Autobiographie" von William Carlos Williams. Unterhaltsam, keine Frage. Besonders, weil ich wieder so schön in das damalige Paris geführt werde (wo Williams eine Zeitlang alle "Großen" trifft, zumindest in Kunst und Literatur). Aber auch ansonsten mag ich ihn und seinen Stil. Schöne Gedanken dazwischen, zum Beispiel über die Kunst und den Unterschied zwischen Kopie der Natur und Nachahmung der Natur in der Kunst:
Zitat von Williams
Es ist nicht und war nie das Ziel, die Natur zu kopieren, sondern sie nachzuahmen; dies verlangt aktives Erfinden, aktives Handeln …
(...)
Der Künstler strebt bei seiner Arbeit NICHT danach, der Natur den Spiegel vorzuhalten. Es geht ihm vielmehr darum, aus der Phantasie heraus etwas zu erschaffen, das nicht nur keine Kopie der Natur sondern geradezu etwas vollkommen anderes ist, etwas Neues, etwas, das von dem in der Natur Existierenden verschieden ist, ein Ding, das es in der Natur gar nicht gibt.
Wer die Natur nachahmen will, kommt nicht an dem Verb „tun“ vorbei. Kopieren bedeutet bloß, unbeweglich etwas schon Vorhandenes zu zeigen: Shakespeares Spiegel ist alles, was man dazu braucht. Durch das Nachahmen jedoch vergrößern wir die Natur, werden wir selbst Natur oder entdecken in uns das Wirken der Natur.
Das dünkt uns verlockend, es erweitert den Kunstbegriff und gibt der Kunst eine höhere Weihe, was viele noch immer nicht begriffen haben.
(William Carlos William "Die Autobiographie", Rowohlt Taschenbuch Verlag)
Art & Vibration
Shakespeare werde ich wohl nie lesen. Aber wohl nun ein Buch über ihn - obwohl es nicht über ihn ist.
Dazu gebracht hat mich der Autor "selbst". Und zwar durch seine für mich unterhaltenden, aufschlussreichen und fesselnden Ausführungen.
Es war eine Freude!
www.dostojewski.eu
Komisch, wenn man sein Regal umräumt und alle Bücher wieder neu ordnet, dann stößt man auf Werke, die einen wieder begeistern und ungelesen vor sich hinkümmerten. Das geht natürlich nicht.
Wo bin ich also gelandet? Bei Ernst Jünger und seinem Roman "Heliopolis". Ein erstaunliches Werk. Hoch poetisch, wie immer, mit vielen schönen Gedanken.
„Das Leben darf sich nicht beschleunigen. Es muss sich verlangsamen nach Art der Ströme, die dem Meere zufließen. Im Maße, in dem es mit dem Alter Tiefe und innere Macht gewinnt, führt es Gold, Schiffe und heitere Ungeheuer mit.“
(Mir gefallen besonders die "heiteren Ungeheuer". )
Oder über das Glück:
„Man trifft die Glücklichen selten – sie machen kein Aufheben von sich. Doch leben sie noch unter uns in ihren Zellen, vertieft in die Erkenntnis, die Anschauung, die Andacht – in Wüsten, in Einsiedeleien unter dem hohen Dach der Welt. Vielleicht liegt es an ihnen, dass die Wärme, die höhere Kraft des Lebens uns noch vermittelt wird.“
Und das ist sowieso meine Lebensphilosophie:
„… auf einer Insel in warmen Meeren, mit einer Hütte und einem kleinen Boot. Dort müsste man als geistiger Fischer leben, das Netz auswerfend in die Schatzgründe der See. Gott gab die Rätsel auf; in unerhörter Fülle bargen sie die roten Riffe, die Meeresgärten, der kristallene Grund. Man würde keines von ihnen lösen und doch zufrieden sein.“
(Alle Zitate aus dem Buch "Heliopolis" von Ernst Jünger, "Sonderausgabe des Europäischen Buchclubs")
Art & Vibration
Zitat von Jatman1 im Beitrag #2
Shakespeare werde ich wohl nie lesen. Aber wohl nun ein Buch über ihn - obwohl es nicht über ihn ist.
Dazu gebracht hat mich der Autor "selbst". Und zwar durch seine für mich unterhaltenden, aufschlussreichen und fesselnden Ausführungen.
Es war eine Freude!]
Hab's mir anguckt. Hat mir auch gefallen. Vielen Dank, Jatman.
Art & Vibration
Nach einem langen Kräfte zehrenden Vortrag über die Frau und die Ehe ist der Schluss noch mal richtig traurig und rührend gewesen. Nun ist es vorbei, mit der Oblomowerei. Fazit: Wunderbares Buch! Trotz zwischenzeitlichen Schwächen will man diesen Kerl einfach nicht aus den Augen lassen Und am Schluss tritt sogar noch ganz selbstreferenziell der Autor auf. Klaaaasna
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[i]Poka![/i]