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Hirngespinste

Austausch zwischen Literatur und Kunst

#1

September 2016

in Lektüreliste 07.09.2016 19:02
von Taxine • Admin | 6.696 Beiträge

Gelesen:
Alina Bronsky "Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche"
Absolut empfehlenswert für alle, die sich vor Lachen den Bauch halten wollen und dennoch mit ernstem Hintergrund - die hat vielleicht ein herrliches gemeines Mundwerk, obwohl sie ja in der Stimme einer Mutter spricht, die nur das Beste für ihre Tochter will. Bronsky scheint sich häufiger mit diesem Tochter-Mutter-Ding auseinandergesetzt zu haben. Diese tatarische Mutter jedenfalls wünscht sich keine Tochter.
Werde auch noch andere ihrer Romane lesen. Das Erstlingswerk war hochgelobt, hieß oder heißt "Scherbenpark", war aber dann doch eher ein Jugendwerk, wenn auch gut geschrieben. Das kann Bronsky nämlich. Erzählen. Reden. Berichten. Sehr glaubhaft und brüllend komisch.

Des Weiteren las ich ein Buch, das lange im Regal vor sich hingestaubt hat und vielleicht war das gar nicht einmal so verkehrt: John Banville "Der Unberührbare".
Das Buch war nicht schlecht, aber irgendwie doch sehr trocken, sehr solide. Vielleicht lag es auch am Thema: Spionage und Homosexualität. Noja ...

Und dann endlich geschafft: Anne Michaels "Fluchtstücke". Empfehlung vor Jahren von Roquairol. Ein wunderbares Werk. So schön, so tragisch, so weise. Warte ungeduldig auf die Lieferung des zweiten Romans aus den Händen dieser Schriftstellerin.

Ein paar Gedanken zu "Fluchtstücke" dann hier: Kleine Präsentation




Art & Vibration
zuletzt bearbeitet 07.09.2016 19:21 | nach oben springen

#2

RE: September 2016

in Lektüreliste 10.09.2016 21:02
von Jatman1 • 1.188 Beiträge

Biographie Frank Rainer Scheck Anton Tschechow
Kurzweilig straff. Geht auch auf das Werk ein. Ich verstehe nun, weshalb ich Teschechow nie bis zum Endel lesen wollte. Es ist so gewollt. Er will in die Länge ziehen, er will strecken, er will kein großes Aufheben machen . . . Von Tschechow werde ich nichts mehr versuchen.

Moritz Rinke Der Mann der durchs Jahrhundert fiel
Ein einfallsreiches Buch. Ganz angenehm. Aber es ist ein gemütliches Buch, ala Schaukestuhl, Pfeife, Kamin. Nach ca. 140 Seiten vorzeitig beendet.

August Schwarz Adolf Loos Biographie und Werk.
Recht informativ. Ein seltsamer Mensch. Lag zudem mit den Leuten vom Bauhaus im Klinsch. Da ich Bauhaus mag, waren seine Sicht auf die Dinge doch recht interessant.

Gloria Koenig Eames Biographie und Werk
Architekten / Designer, so nach 45 zur Entfaltung gelangt. Man kennt viele Luxusinsignien von Ihnen, wie zum Beispiel den Lounge Chair mit Hocker . Zudem lebten sie noch in einem meiner "Lieblingshäuser" Case Study Houses. Schon faszinierend, was bei den Amis schon nach 45 so architektonisch abging.

Achja, und Stadt der Blinden von José Saramago. Bestimmt ein gutes Buch. Aber nach 100 Seiten beendet. Ich schein` nicht mehr in der Lage zu sein, Geschichten zu lesen. Mein Antrieb reicht einfach nicht mehr hin.

Es gibt Ausnahmen, habe ja noch zwei Bücher von Max Goldt inhaliert. Ein Buch namens Zimbo und Der Krapfen auf dem Sims. Lauter kurze Betrachtungen. Zu ca. 50 % spricht er mir aus dem Herzen und ich kann jedes Wort mittragen. Viel Freude gehabt.

Und die werde ich demnächst auch haben. Liegt schon neben mir: Sven Regener Die Rückkehr des Karl Schmidt.

Soweit mal ein kurzer Rundumschlag.

Dein "Noja" war einsame Spitze - musste ich vor mich hinschmunzeln :-)


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zuletzt bearbeitet 10.09.2016 21:21 | nach oben springen

#3

RE: September 2016

in Lektüreliste 10.09.2016 23:15
von Jatman1 • 1.188 Beiträge

Regener ist vor 30 Seiten ein anderes Buch in die Quere gekommen: David Foster Wallace Der bleiche König. (Das mit dem Stapel zur Auswahl hat sich übrigens sehr bewährt.)
Ein seltsames Buch. Ein schönes Buch. Habe bis jetzt keine Ahnung, um was es geht. Aber es liest sich schön. Wie liest sich ein Buch schön?! Weiß ich auch nicht. Ausgesprochen gediegene durchdachte und präzis formulierte Sprache. Bildaft und nüchtern zugleich. Langsam ist das Buch, aber nicht langweilig.Vielleicht hat er irgendwas von Nabokov (etwas weit hergeholt) - nur eben ohne dessen Selbstverliebtheit und nicht so gezielt in luftige Höhen gedrechselt. Das Lesen macht des Lesens Freude. Ich sagte ja eingangs - seltsam. Hat gut 600 Seiten. Kann mir schlecht vorstellen, das ganze Buch zu lesen.Wenn ich aber zwei- dreihundert Seiten schaffe, sollte es mir auch reichen. Werde gut unterhalten gewesen sein - nehme ich im Moment an.

Ich bin mal so kühn, es als Empfehlung für Dich Taxine, kundzutun. Vielleicht trage ich aber auch gerade Eulen nach Athen.

Werde gelegentlich mal was zu dem Buch anmerken, so zum Beispiel, ob es seine Seltsamkeit verlassen hat oder sie weiterhin zum Dranbleiben animiert.


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#4

RE: September 2016

in Lektüreliste 11.09.2016 12:58
von Jatman1 • 1.188 Beiträge

Der bleiche König
Ist mir erst jetzt so recht bewusst geworden. Der Mann schreibt seitenweise einen Satz, mit unzähligen Kommata. Das Besondere: er verschachtelt nicht, erverhäddert sich nicht, lässt immer den Inhalt voll verständlich sein. Wirkt voll entspannt, wie er da so runterschreibt. Absätze macht er freilich auch kaum :-)

Ein neuer Abschnitt hat begonnen. Ich kann es nun besser beschreiben. Man sitzt auf einem bequemen Floß und treibt auf einem ungefährlichen Strom der Lakonie dahin. Kleine Stromschnellen nicht ausgeschlossen. Man muss nicht rudern - einfach lesen oder im Bild zu bleiben, treiben lassen.

SO ein Buch habe ich noch nicht in den Händen gehabt.

Erstaunlich.


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zuletzt bearbeitet 11.09.2016 13:38 | nach oben springen

#5

RE: September 2016

in Lektüreliste 11.09.2016 21:36
von Jatman1 • 1.188 Beiträge

Der bleiche König
Jetzt wird es auch noch sehr amüsant, dass ich mit einem Grinsen lesen muss, das so schnell nicht abklingen kann, weil sein Satz ja kaum ein Ende nimmt. Gern würde ich Zitate anbieten - aber wieder müsste ich ganze Seiten abschreiben . . .

Frappant gut.


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#6

RE: September 2016

in Lektüreliste 12.09.2016 17:50
von Jatman1 • 1.188 Beiträge

Der bleiche König
Seine Kapitel sind mit Paragraphen überschrieben.
Der neue Paragraph, ist unvermittelt ein mit Spannung versetzter Text. Jetzt mit normal langen Sätzen. Man kann sich nicht treiben lassen, sondern muss auf der Hut sein . . .


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#7

RE: September 2016

in Lektüreliste 12.09.2016 21:43
von Taxine • Admin | 6.696 Beiträge

Zitat von Jatman1 im Beitrag #3

Ich bin mal so kühn, es als Empfehlung für Dich Taxine, kundzutun. Vielleicht trage ich aber auch gerade Eulen nach Athen.


Ja. Könnte durchaus sein, dass das Buch etwas für mich ist. Andererseits stehe ich mit Foster Wallace irgendwie immer auf Kriegsfuß. Seinen "Unendlichen Spaß" habe ich als literarisch aufgeblasenen Simson-Comic empfunden und es etwa 300 Seiten weit geschafft. "Der bleiche" König" soll zugänglicher sein, versuchen werde ich es bestimmt. Frage mich allgemein, was die von dem Schriftsteller alles noch hervorkramen und vermarkten. Da könnte man fast meinen, der Selbstmord war ein kommerzieller Trick.

Max Goldt dagegen habe ich im Regal stehen. "Der Krapfen auf dem Sims" und "Wenn man einen weißen Anzug anhat". Mal gucken, ob das was für mich ist.

Ich lese momentan mit Staunen die Trilogie von Agota Kristof. "Das große Heft", "Der Beweis" und "Die dritte Lüge". Bin im zweiten Buch. Dieses lakonisch Erzählte von unfassbar grausamen Kriegserlebnissen ... Dazwischen heftige Szenen, Vergewaltigungen und ähnliches. Die Progatonisten sind Zwillinge (wobei im zweiten Band nicht ganz eindeutig feststeht, ob der Junge sich seinen Bruder nicht nur eingebildet hat), die versuchen, sich an den Schmerz zu gewöhnen, indem sie sich mit Schmerz konfrontieren. Sie werden von der Mutter zur Großmutter aufs Land (in die "kleine Stadt") gebracht, die vor Jahren ihren eigenen Mann vergiftet hat und ziemlich derb mit den Kindern umgeht. Kristof nennt weder Namen noch Städte. Eine eigenwillige und doch interessante Art des Schreibens.




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#8

RE: September 2016

in Lektüreliste 14.09.2016 20:05
von Jatman1 • 1.188 Beiträge

Ich nahm es an - Eulen nach Athen. Ein wenig wenigstens ;-) Ich kannte den bisher noch nicht.

So eine Trilogie könnte ich nicht lesen. Der Gedanke daran berührt mich schon unangenehm, um es mal vorsichtig zu formulieren. Nicht mal gegen Geld wollt ich so etwas lesen. Nö.
Der lakonische Stil leuchtet mir aber ein. Das lässt sich meines Erachtens nicht vermeiden, wenn man den Krieg überlebt hat. Das hat mich bei Remarque stark angesprochen, das Lakonische. Es übersteigt das menschliche Vorstellungsvermögen und somit ist solch ein vermeintlicher Abstand in Gegenwart und Retroperspektive nicht ganz abwegig.


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#9

RE: September 2016

in Lektüreliste 17.09.2016 18:05
von Jatman1 • 1.188 Beiträge

Der bleiche König
Jetzt gibt es Fußzeilen, die fast so umfangreich sind wie sein Text. In dem geht es jetzt um ihn - oder auch nicht.
Derzeit bin ich bei § 13. Zusammenhänge zwischen den Kapiteln kann ich keine erkennen. Aber es macht mir nix, sondern bereitet Freude. Es ist der Stil. Ein gewisser liegt trotzdem über allen bisherigen Modifikationen.
Ein wenig ereinnert mich seine Lakonie an Kurt Vonnegut. Und immer wenn ich seinen Namen niederschreibe, bin ich sehr traurig, weil ich leider schon alles von ihm gelesen habe Bei Gleichwertigem, wie Joseph Heller bin ich leider auch schon durch.

Nebenher die ein oder andere Rede von Wilhelmsen aus Vages Erinnern – Präzises Vergessen gelesen. Schon erstaunlich, der konnte über alles schwadronieren.


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zuletzt bearbeitet 17.09.2016 18:06 | nach oben springen

#10

RE: September 2016

in Lektüreliste 13.11.2016 17:23
von Zypresserich (gelöscht)
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Zitat von Jatman1 im Beitrag #5
Der bleiche König
Jetzt wird es auch noch sehr amüsant, dass ich mit einem Grinsen lesen muss, das so schnell nicht abklingen kann, weil sein Satz ja kaum ein Ende nimmt. Gern würde ich Zitate anbieten - aber wieder müsste ich ganze Seiten abschreiben . . .

Frappant gut.


Ja, ist/war er. Einer der genialsten (auch wenn das Wort abgedroschen ist) Schreiber und Denker, die ich je lesen durfte, die mir noch einen Kick versetzen konnten/können. Hast Du auch schon Unendlicher Spaß gelesen? Falls nein, tu es. Sag ich mal so.

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