HirngespinsteAustausch zwischen Literatur und Kunst |
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Könnte deiner Beschreibung nach der Heinrich Heine der Postmoderne sein. Drei Dinge scheinen schon zu passen: Wohnort (Exil). Das zwiespältige Bild, das er menschlich/schriftstellerisch hinterlässt. Übertriebene Honorarbriefe an den Verleger. Sehr interessant.
Anders als ich es mir vorgenommen hatte, werde ich zu Sommerlicher Nachtrag wohl auch nichts mehr schreiben. Man sehe es mir nach. Im Grunde, in der Essenz (wenn auch nicht im Detail) kamen wir letztlich auf einen Nenner. Und ich bin ehrlich gesagt auch durch mit dem Mann.
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[i]Poka![/i]
Ja. Erst einmal genug Handke. Bei mir auch.
Ich habe, mehr aus Zufall, Dürrenmatt aufgeschlagen, und zwar seine Stoffe, eine Ausgabe vom Diogenes Verlag (klein und kompakt) mit dem Titel "Labyrinth Turmbau". Das ist ja nun wieder herrlich geschrieben. Dürrenmatt und die Begegnung mit seiner Kindheit, seinen ungeschriebenen Ideen, mit seiner Art zu zeichnen und ähnlichem. Der Mann kann so großartig beschreiben und bleibt dabei auch spannend und interessant. Ich denke, im Winter habe ich dafür genau die richtige Stimmung.
Zitat von Dürrenmatt über einen seiner Lehrer
"Er unterrichtete deutsche Literatur, versuchte uns Goethe einzureden, während überall die goetheschen Ideale zusammenkrachten."
Art & Vibration
Mir war es die Tage gar so lyrisch zumute, vermutlich Lichtmangel, und so habe ich mir mal Tomas Tranströmer - In meinem Schatten werde ich getragen - Gesammelte Gedichte geordert. Schon angelesen, der Stoff schmeckt mir.
Zitat von Taxine im Beitrag #17
Ich habe, mehr aus Zufall, Dürrenmatt aufgeschlagen, und zwar seine Stoffe, eine Ausgabe vom Diogenes Verlag (klein und kompakt) mit dem Titel "Labyrinth Turmbau". Das ist ja nun wieder herrlich geschrieben. Dürrenmatt und die Begegnung mit seiner Kindheit, seinen ungeschriebenen Ideen, mit seiner Art zu zeichnen und ähnlichem. Der Mann kann so großartig beschreiben und bleibt dabei auch spannend und interessant. Ich denke, im Winter habe ich dafür genau die richtige Stimmung.
Ja, Dürrenmatt ist herrlich. Hab auch so einiges stehen. Zuletzt Durcheinandertal gelesen.
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[i]Poka![/i]
Zitat von LX.C im Beitrag #16
Könnte deiner Beschreibung nach der Heinrich Heine der Postmoderne sein. Drei Dinge scheinen schon zu passen: Wohnort (Exil). Das zwiespältige Bild, das er menschlich/schriftstellerisch hinterlässt. Übertriebene Honorarbriefe an den Verleger. Sehr interessant.
Dazu noch eine letzte Anekdote. Handke hatte die Angewohnheit, seine Manuskripte handschriftlich einzureichen, die dann mühevoll von Mitarbeitern des Suhrkamp Verlags abgetippt wurden. Bevor das geschah, las Unseld die Manuskripte immer persönlich, um dem sensiblen Schriftsteller gleich Feedback geben zu können. Bei der "Niemandsbucht" waren das etwa 1.000 Seiten, und Unseld nahm das Manuskript sogar in den Urlaub mit.
Ich glaube, er las es in drei Wochen durch. Handke jedoch war nicht nur beleidigt, dass Unseld in seinen Augen zu lange brauchte, er wollte darüber fast die Freundschaft und Verlagstreue kündigen. 1.000 Seiten und in Handschrift!!!
Handke sah darin eine Ablehnung seines Werks, die gar nicht existierte. Es war einfach zu viel und kaum zu entziffern. Und Unseld versuchte auch noch, ihm das genau zu erklären.
Als er dann das abgetippte Manuskript zur Überarbeitung zurückerhielt, konnte Handke sein eigenes Werk dann auch kaum lange ertragen und schaffte schon gar nicht den vereinbarten Termin zur Abgabe. Er hat dann auch noch einmal ordentlich durchgekürzt. Unseld war ihm dafür sehr dankbar.
Solche Sachen eben... Schon witzig, irgendwie. Jedes Mal, wenn Handke sein Buch in Händen hielt, auch wenn es bei einem verabredeten Treffen mit Unseld war, las er es auf der Stelle durch oder mindestens eine halbe Stunde, während Unseld stumm daneben sitzen musste. Da kannte der Mann nichts. Ja, Handke liebt seine Bücher. Und nicht nur die.
Art & Vibration
Und erneut die Rückkehr nach Russland, erstaunlicherweise immer wieder in die Terrorzeit. Lese Orlando Figes „Schick einen Gruß, zuweilen durch die Sterne“ . Hier erzählt Figes anhand von ca. 3000 unzensierten Briefen die Geschichte zweier Menschen in Zeiten des Terorrs, genauer von Lew und Sweta. Lew ist im Lager, Sweta versucht, in Moskau zurechtzukommen. Das Leben ist hart, die Liebe hält. Das Ganze ist spannend wie ein Roman, dazu auch mit gutem Blick auf die Terrorzeit unter Stalin und die Situation im Lager.
Figes ist überhaupt ein hervorragender Sammler an Menschengeschichten, so wie in „Die Flüsterer“, wo es um das Leben in den Kommunalkas, um die Verhaftungen und Denunziationen der Russen ging und um das einander Wiederfinden nach der Lagerzeit, auch der Kinder, die in Heimen untergebracht wurden, während ihre Etlern die Lagerhaft absaßen. Meiner Meinung nach eines der besten Bücher zu diesem Thema und noch nicht einmal von einem Russen geschrieben. Über die russische Kulturgeschichte gibt es von Figes "Nataschas Tanz", gleichfalls lohnenswert in der Lektüre.
ZItat aus dem momentan gelesenen Buch, in einem Brief von Lew an Sweta:
"Dinge sind so unwichtig im Leben eines Menschen. Sie sind keine Aufregung oder zerfledderte Nerven wert."
Schön.
Art & Vibration