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Hirngespinste

Austausch zwischen Literatur und Kunst


#1

Andrej Tarkowskij

in An der Kunst orientierte Gedanken 15.08.2007 17:56
von Taxine
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So hier auch mal das Thema Film angesprochen. Ein Filmemacher erster Güte. Tarkowskij - Seine Filme sind in dieser konzentrierten, eigenwillig- schönen Bildsprache, irgendwie immer Gratwanderung zwischen real und surreal, auch metaphysisch angehaucht, was ich großartig finde.

In Antwort auf:
„Möge jeder, der dies wünscht, sich meine Filme wie einen Spiegel anschauen, in dem er sich selber erblickt“,

schreibt Tarkowskij.
Mit Filmen wie "Solaris" an Lem angelehnt, "Stalker" an die Brüder Strugazki "Picknick am Wegesrand" orientiert, übrigens beides großartige fantastische Bücher, die sich lohnen zu lesen, "Der Spiegel", "Nostalgija" (der Film ist nur im Original zu sehen, das heißt: russisch (italienisch), und "Opfer" und... und... und präsentiert uns Tarkowskij eine optische Bildsprache, dabei eine ruhige, oft fast statische, mit vielen Momenten der Meditation und Lyrik versehne Filmkunst. Dabei sind seine Filme mit großartigen russischen Schauspielern besetzt und spielen immer "Suchende", Wartende, Hoffende, aber auch oft Verzweifelte.
Man ist überwältigt von der Weite seiner Landschaften, von den philosophischen Gedankengängen seiner Personen.

Andrej Tarkowskij starb 1986, wenige Tage nach der Uraufführung von Opfer, im Alter von 54 Jahren an Krebs. Sein letzter Film, 1986 u. a. mit dem Großen Preis von Cannes ausgezeichnet, ist sein filmisches Vermächtnis, sein verzweifelter Aufruf zur Besinnung angesichts der nahenden Katastrophen. Opfer ist seinem "Sohn Andrjuscha gewidmet - mit Hoffnung und Vertrauen".

In Antwort auf:
In einer 1969 per Interview gegebenen Kurzbiographie präsentiert sich Tarkowskij selbst folgendermaβen: „Ich bin 1932 an den Ufern der Wolga geboren, in dem Haus meines Groβvaters, wohin meine Eltern zur Erholung gefahren waren. Dann... eine Menge uninteressanter Details. Ich habe die Musikschule abgeschlossen und mich drei Jahre lang mit Malerei beschäftigt, all das während der Schulzeit. Dann begann der Krieg. Wir sind an meinen Geburtsort zurückgegangen. Als der Krieg zu Ende war, habe ich die Oberschule abgeschlossen. 1952 habe ich im Institut für orientalische Sprachen arabisch gelernt. Dieses Institut habe ich nach zwei Jahren verlassen, weil ich verstanden habe, daβ mir das nicht lag... Kennen Sie die arabische Sprache? Das ist eine mathematische Sprache – alles gehorcht Gesetzen, in die man Wortwurzeln einführt, um eine neue Qualität zu erreichen: die Deklination oder einen anderen grammatischen Status. All das war nichts für mich.


Von Zitaten, wie
In Antwort auf:
"Zeit und Erinnerung sind einander geöffnet, sind gleichsam zwei Seiten ein und derselben Medaille"

(Die versiegelte Zeit)
und
In Antwort auf:
"Das, was Sie Leidenschaft nennen, ist nichts weiter als die Reibung zwischen der Seele und der äußeren Welt."

(Im Film "Stalker" - frei zitiert)
... bin ich völlig fasziniert und hingerissen.
So, dies erst einmal ein kleiner Einblick - bald auch ein Blick in seine Gedanken zu Film und Welt in seinen Aufzeichnungen "Die versiegelte Zeit".

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#2

RE: Andrej Tarkowskij

in An der Kunst orientierte Gedanken 15.08.2007 17:57
von ascolto
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Werthe Dame,

wann begünnen wir den Diskus über den Genius der Flimmerey?
Hat sui schon "in der versiegelten Zeyt" gelünst?

Novize im Gruß,
ein A

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#3

RE: Andrej Tarkowskij

in An der Kunst orientierte Gedanken 15.08.2007 17:57
von Taxine
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Werter Herr,

das Buch ist mir Herzbegleitung. Wir können beginnen...

Sui sind mir eine Freude, werter Geist
Taxine

zuletzt bearbeitet 21.03.2012 21:53 | nach oben springen

#4

RE: Andrej Tarkowskij

in An der Kunst orientierte Gedanken 15.08.2007 17:57
von ascolto
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Werthe Dame,

so ergreyfe ich midd diesem Gezeil dadd Wörtchen aus meynem kleynbemitteltem Synappsengehüpf und versuche mich midd ihnen über den Flimmerer, die Geystesgröße dieses mir fest ins Herz verwurzelten Poeten zu lichten. Vorerst wünscht er, der ascoltinische Geyst von ihnen zu wissen, was denkt der edle PÜnschelfarbkleckser über die Ikone in der Malerey,über den Meyster für den Rubelowsky, (hier lechst das in der venezianischen Schule-Tizian?) und vorallem über den Glauben, das Wissen um die die Demut vor dem allgegenwärtigem Geyst?
Beantwortet sui mir dies?

Er schmunzelt, denn es wärmt!
Gruß,
ein A

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#5

RE: Andrej Tarkowskij

in An der Kunst orientierte Gedanken 15.08.2007 17:58
von Taxine
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Werter Herr,

in allem Rückblick auf die Kunst lacht mir das Herz, und wo die Ikone mir in so mancher Kirche unangenehm aufstößt, gleich dem ewig gehuldigten Götzenbild (ähnlich späterer Staatsgesichter in Bronze gegossen),so ist sie doch Zeichen der Zeit, des Glaubens und auch ein bisschen "Wahn" des Menschen.
Wenn ich nun eine Kirche betrete, dann nur der Kunst und Architektur wegen, um zu staunen über den menschlichen Größenwahn, den Turmbau zu Babel. In Kathedralen summt das Herz ein "Kaum-Erfassbares", denn in aller Höhe, dies Streben zu Gott, macht sich ja gerade der ewig erhoffte Bau bemerkbar.
Doch wo Michelangelo, Leonardo, Carravaggio, Tizian, Raffael eben für Kirche und Gesang malten, wo der Zeit die Bedrohung durch Himmel/Hölle anhaftete, da steht man heute doch versunken...
Oder meinten Sui etwas völlig anderes?

zuletzt bearbeitet 21.03.2012 21:55 | nach oben springen

#6

RE: Andrej Tarkowskij

in An der Kunst orientierte Gedanken 15.08.2007 17:58
von ascolto
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Wethe tAxine,
man kann und darf es so sehen, denn es ischt seid der Zeyt der Aufklärer im Candide invoque!
Doch die fedden Kathedrallen die dort in den Himmel stufen, sui haben wie die Tonsur ein symbolischen , vielleycht auch energetischen Sinn (hier betrachte man den Dao, i zum Ki). Wenn denn besuchet der Allgeyst das Kopfshakra des Wesen im Kontinium? Es sticht hineyn wenn dadd Wesen kontempliert?
Kann das der Sinn der Babeley sein? Und die Ikone, die uns ins Hirn gebrannt, ischt sui net das Wort das zum Bild transformiert?

Hierzu eine Sequensz des Poeten in Nostalgia:

Der Küster zu dem blondhaarigen Engel auf die Frage : "Was zu tun?" Er: "Knie nieder!"

Ein Versuch...
(Hiermidd befreye ich net die Kirchenpolitiker aus ihrem politischen Größenwahn, sui bleiben verantwortlich1)

Wärme aus dem Takter,
ein A

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#7

RE: Andrej Tarkowskij

in An der Kunst orientierte Gedanken 15.08.2007 17:58
von Taxine
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Hm... alles ist ja irgendwie angeordnet, um den Geist zu erweitern, mit Energie zu versorgen. Ob auch Gebäude dafür stehen?
Es ist ja ein Hörensagen, dass ein Obelisk in der Verbindung mit etwas Weiblichen, einen Rundbogen zum Beispiel, die Energie verstärkt...


Die Ikone ist ja so für viele ein Sinnbild der HOffnung, ihres Glaubens. Insofern kann es ja nicht völlig falsch sein...

Nachdenklich
Taxine

zuletzt bearbeitet 21.03.2012 21:56 | nach oben springen

#8

RE: Andrej Tarkowskij

in An der Kunst orientierte Gedanken 15.08.2007 17:59
von ascolto
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Unser Geysteserkenntnis hat sich wie dadd Gefäss zum Wasser auch in den Sammlungshallen/Gebäuden den Energien zugeordnet. Ob hier ein Karma schwingt, vibriert oder nur sich lichtet wenn die Demut in den Wesensgeyst eingetreten...wer weiß, der soll uns lichten!

Eyn Symbol, egal aus welcher philosoph. Geystesrichtung, erhellt und diszipliniert den Betrachter, gell!

Ebenso nachdenklich,
ein A

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#9

RE: Andrej Tarkowskij

in An der Kunst orientierte Gedanken 15.08.2007 17:59
von Taxine
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Ja, doch auch das Moderne, das durch seine Zeit Geprägte. Das Chaos in Farben zum Beispiel. Was man dann hinein interpretiert, kann ebenso Herz und Geist weiten.

Erster Tarkowskij Gedanke, den es zu interpretieren gilt:

In Antwort auf:
Ein komplizierter Gedanke und eine poetische Weltsicht sollten keinenfalls um jeden Preis in den Rahmen einer gar zu deutlichen Offenkundigkeit hineingepresst werden.



Welch Wortgewalt, welch Wahrheit. Doch ins Detail... intensiver.

Verehrung
Taxine

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#10

RE: Andrej Tarkowskij

in An der Kunst orientierte Gedanken 15.08.2007 17:59
von ascolto
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Dem stimme ich zu, denn der Pfad der Leere, also aus den Kräften des Mitgefühls und dem Wohlwollen, der bedarf kein Regelment (ergosumm: nicht linear), keine Ordnung in das Liebeslicht, denn dann verdunkelt sich der Geyst, entschwebt aus unseren Bewußtsein und wir taumeln weyter in dem uns nur dann ersichtlichen Materialismus.

Damit meine ich das uns allzu vertraute zugreyfen, uns bemächtigen!

Poesy heißt annehmen und loslaßen, nicht analysieren um sich des Liebesspiels zu bedienen.
Was uns allerdings nicht von der Übung /ZaZen befreyt!

Jetzt sui....
ein A

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#11

RE: Andrej Tarkowskij

in An der Kunst orientierte Gedanken 15.08.2007 18:00
von Taxine
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Zudem, diese poetisch... philosophischen Andeutungen beim Tarkowskij Film, sind mir Anregung und Ansporn zugleich. Dort gibt es kein Führen oder Belehren, sondern werden nur Bilder geschenkt und Aussagen über das Sein, das ist die Kunst.

Doch auch die Überlegung in Bildern, wie wäre sie möglich zu gestalten?
Im Text steht das Wort, der Dialog. Der Akt zwischen den Bedingungen. Im Kunstwerk dagegen ist es schon schwieriger.

Tarkowskij ist ein Meister des Hintergründigen, Vieldeutigen. Im Film kann man ja auch verschiedene Dimensionen übereinander schneiden. So liegt jemand und schweigt, während der Betrachter doch das Wort vernimmt. Dazu noch vielleicht ein Gedanke, der gar nicht im Zusammenhang mit dem Gezeigten steht...

Der Leser oder Betrachter muss analysieren oder interpretieren. Der Künstler muss nur andeuten.

zuletzt bearbeitet 21.03.2012 21:58 | nach oben springen

#12

RE: Andrej Tarkowskij

in An der Kunst orientierte Gedanken 15.08.2007 18:00
von ascolto
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Die Flimmerey isch ja ein Konglomerat aus allen Künsten, somit die Neuzeytliche (techn. Vollkommenste)!?
Andeuten, ja da liegts, was aus den Belehrungen uns sonst wüder für Unflexibilität, Dogma eingedunkelt! Ein Künstler hofft auf den Rezipienten der in den Fokus des Werkes sich spiegelt und hierheraus sich seyn Konstrukt büldet um seyne Bewußtheyt zu erweytern!

Deshalb dieses poetische Tarkowkijwerk, was sich mir beym betrachten immer wieder neu erschließt!

So wohin? sui....
ein A

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#13

RE: Andrej Tarkowskij

in An der Kunst orientierte Gedanken 15.08.2007 18:01
von Taxine • Admin | 6.678 Beiträge

Ja, die Filmerei ist Höhepunkt im Zusammenfluss aller Künste. Obwohl, wenn irgendwann das "Hologramm" möglich ist, das Erschließen anderer Dimensionen (wenn auch künstlich), wird das wohl noch eine Steigerung sein.

Der Künstler verzweifelt aber auch oft an der Fehlinterpretation. Was musste Tarkowskij sich nicht alles anhören.

Doch man zieht noch mehr aus dem Werk des Schaffenden.
Da sagt Tarkowskij:

Zitat
Wenn über einen Gegenstand nicht gleich alles gesagt wird, dann besteht die Möglichkeit, selbst noch etwas hinzuzudenken.




Na?
Taxine




Art & Vibration
zuletzt bearbeitet 21.03.2012 21:59 | nach oben springen

#14

RE: Andrej Tarkowskij

in An der Kunst orientierte Gedanken 15.08.2007 18:02
von ascolto
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weise tAxine,

so soll es seyn, denn wie der Meyster im Sotositzen, der im Mondo seyne Zweifel in die Klarheit richtet, so soll der Rezipient aktiv an der Flimmerey teilnehmen, sui ins Herz schwängern und daraus sich aus dem Roh ins Feyn befreyen!

Fehlinterpretationen ist dadd Maggiwürz in der Künstlersupp. In den Vorurteylen und Denkschubladen trüfft dadd Süppchen oft nur Systemgastronomie geformte Gaumen!

Jetzt sui, bitte,
ein A

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#15

RE: Andrej Tarkowskij

in An der Kunst orientierte Gedanken 15.08.2007 18:02
von Taxine
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Wo sich die Masse um sich selbst tummelt und sich an sich selbst aufrechterhält, bleiben Denkmuster vorgefertigt. Doch hier steht man dann, zeigt seinen "Versuch" und muss eben mit dem Unverständnis rechnen.

Was ich gut fand, war auch folgender Satz:

Zitat
Oft ist das Scheitern eines Regisseurs vor allem der hemmungslosen und geschmacklosen Sucht nach Bedeutungsschwere zuzuschreiben, dem Bemühen, dem menschlichen Handeln nicht den ihm zukommenden, sondern einen erzwungenen, dem Regisseur nötig erscheinenden Sinn zu geben.



Manchmal ertappe ich mich auch bei diesem Mist, diesen Stempel zur Hand. Doch hier auch wieder: Man soll nicht belehren, sein Bild der Welt ins Detail erklären. Andeuten aber darf man es!

zuletzt bearbeitet 21.03.2012 22:00 | nach oben springen


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