HirngespinsteAustausch zwischen Literatur und Kunst |
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Nun, dieser Schriftsteller hat in mir ganze Barrieren geöffnet, so viel Wärme für seine Zeilen, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll.
Sicherlich sind all seine Bücher beeindruckend, auf ihre Weise, und gerade auf mich haben sie so intensiv gewirkt, dass ich am besten mit den Romanen anfange, die mir irgendwo direkt auf die Seele geschrieben zu sein scheinen.
Das Buch "Im Wendekreis des Krebses", ein wunderbarer Gang durch Paris, durch alle dreckigen Straßen und Gemäuer, am Menschen und eigenen Sein vorbei, hat wohl, neben "Frankreich" einen der stärksten Eindrücke in mir hinterlassen.
Miller hier, wie immer, abgebrannt und nach Freiheit dürstend, streift durch seine Weisheiten.
In seinen Büchern wird er zum Gefräßigen, und doch schimmert durch alle Zeilen das sanfte Wesen hindurch, der Mensch, der verstanden hat, der alt geworden und überaus glücklich gestorben ist.
Aus seinen Sätzen dringt die Freiheit, die Freiheitsliebe, das Atmen, das Leben, so dass ich dadurch einen völlig klaren Blick gewonnen habe, über das, was ich will und das, was ich nicht will. Ihm verdanke ich eine Leichtigkeit in meinem Denken, dass gerade diese Welt, dieses Ich nicht so wichtig genommen gehört, überhaupt das Loslassen der Dinge, dass ich immer das mache, wonach mir der Sinn ist, dass ich mich nie anpasse an Gegebenheiten, die andere für sinnvoll halten, die mich aber in einen inneren Konflikt treiben. Miller hat mir in vielen Dingen die Augen geöffnet.
In seinen Worten steckt nicht nur der Dreck und der Sex und das "Durch die Straßen flanieren". Hier finden sich so viele versteckte Großartigkeiten, dass ich immer wieder nach seinen Zeilen greifen werde.
"Der Wendekreis des Krebses" beginnt mit folgender Einleitung von Anais Nin:
In Antwort auf:
Hier haben wir ein Buch, das wenn es dergleichen gäbe, unser Verlangen nach den ursprünglichen Wirklichkeiten wieder wecken kann. ( ... ) Es steht jenseits von Optimismus oder Pessimismus. Der Verfasser hat uns den letzten frisson gegeben. Geheimere Schlupfwinkel kennt der Schmerz nicht.
In eine Welt, die durch Selbstbespiegelung gelähmt ist und sich an erlesenen geistigen Speisen übernommen hat, dringt diese brutale Bloßstellung des wirklichen Körpers wie ein lebensspendender Blutstrom. ( ... )
Sie meint hier die "Übersättigung" an Theorien und philosophischen und psychologischen Hinterfragungen. Der Mensch wurde so durchgedeutet und analysiert, selbst seine Träume, sein Innerstes wurde so bloß gelegt, dass er, durch all diese "Über-Ichs" und Alter Egos und durch alle Erhabenheit, die sich der Mensch da selbst zuschreibt, vielleicht ausbrechen möchte, in das Tierische, in das bloße Erfüllen seiner Triebe.
Doch ich, als Leser, finde hier nicht nur Blut und Trieb und Sex und "Ficken". Nein, hier schreit mich das Nachdenken an, und immer die Überlegung:
Wie willst du dein Leben leben?
Miller sagt dazu:
In Antwort auf:
Es wird unerhört werden, dieses Buch. Es wird Ozeane aus Raum enthalten, um sich darin zu bewegen ( … ) Eine Kathedrale, an deren Bau jeder mithelfen wird, der sein Ich verloren hat. Messen werden darin abgehalten werden für die Toten, Gebete, Beichten, Hymnen werden ertönen und Heulen und Zähneklappern, eine Art mörderischer Sorglosigkeit. ( … )
Sie wird wenigstens tausend Jahre Bestand haben, diese Kathedrale, und es wird keine Nachbildung geben, denn ihre Erbauer sind tot und mit ihnen die Formel.
( … ) Wir brauchen kein Genie – der Genius ist tot. Wir brauchen starke Hände, Geister, die willens sind, den Geist aufzugeben und Fleisch zu werden.
Und, ja, er hat recht, obwohl er noch bescheiden ist:
In Antwort auf:
Ich bin die Leere zwischen euch. Wenn ich weggehe, habt ihr keine Leere mehr, um darin zu schwimmen.
Über Paris selbst sagt er:
In Antwort auf:
Es ist kein Zufall, dass es Menschen wie uns nach Paris treibt. Paris ist einfach eine künstliche Bühne, eine Drehbühne, die dem Zuschauer erlaubt, alle Phasen des Konfliktes zu verfolgen. Aus sich allein bewirkt Paris keine Dramen. Sie haben anderswo begonnen. Paris ist einfach das Entbindungsinstrument, das den lebenden Embryo aus dem Mutterleib hervorholt und in den Brutofen steckt. Paris ist die Wiege künstlicher Geburten. Hier in der Wiege schaukelnd versetzt sich jeder in sein Ursprungsland zurück. ( … ) Alles wird zu einer Apotheose verklärt. ( … ) Jeder hat hier irgendwann einmal gelebt. Niemand stirbt hier.
Und noch ein strenger Blick:
In Antwort auf:
Es tut gut, gelegentlich eine kleine, bescheidene Kirche zu sehen. Paris ist voller pompöser Kathedralen.
Miller, der Amerika immer verabscheut hat, den es mit Leidenschaft nach Europa trieb, schreibt herrlich über New York:
In Antwort auf:
New York lässt sogar einen sehr reichen Menschen seine Unwichtigkeit empfinden. New York ist kalt, glitzernd, böse. die Gebäude beherrschen alles.
Mir persönlich gefällt die Stimmung im "Wendekreis des Krebses" viel besser, als die im "Wendekreis des Steinbocks", eben weil hier die amerikanischen Eindrücke nicht so warm gluten.
Von Ennui durchtränkt, streift Miller durch die Straßen, in denen scheinbar alles irgendwo seinen Zweck erfüllt. Dazwischen wird philosophiert, was das Zeug hält. Immer auf der Suche nach sich selbst, treibt der Mensch zwischen anderen Gestalten, die ihn ablenken. Der Alltag, ein Sumpf an Zeitraub. Doch Miller sieht es nicht so tragisch, meist weiß er sich zu wehren:
In Antwort auf:
… aber versuche nicht, mein gesundes Auge mit deinem melancholischen Atem zu trüben!
Großartig auch, und wohl jedem Schreiberling bekannt, die übliche Auseinandersetzung:
In Antwort auf:
(der Andere)
Und diese Schreibereien. Wozu soll das gut sein, Worte aneinanderzureihen? Ich kann Schriftsteller sein, ohne zu schreiben, oder nicht? Was beweist es, wenn ich ein Buch schreibe?
(Henry Miller)
Du lieber Himmel, die Töne kenne ich – das war vor Jahren und Jahren. Ich habe meine melancholische Jugend hinter mir. Ich gebe keinen Pfifferling mehr für das, was hinter mir liegt oder vor mir. Ich bin gesund. Unheilbar gesund. Kein Bedauern, keine Reue. Keine Vergangenheit, keine Zukunft. Die Gegenwart genügt mir. Tag für Tag.
Und das hat er wirklich, bis ins hohe Alter. Wenn man Miller liest, sieht man auf einmal, dass die innere Freiheit, die innere Sicherheit nur in einem selbst liegt. Dass, egal, wohin es einen treibt, das Leben seinen Weg findet. Darum muss man sich auch nicht von der Angoisse davor auffressen lassen.
Auch sein schwarzer Humor immer wieder ein Genuss:
In Antwort auf:
Auf der Straße war ich oft an einem Priester vorübergekommen, der ein Gebetbüchlein in Händen hielt und fleißig seine Texte memorierte. Idiot, sagte ich dann zu mir selber und ließ es dabei bewenden. Auf der Straße begegnet man allen Formen der Geistesgestörtheit, und der Priester war keineswegs die auffallendste.
Letztendlich gilt für alles:
In Antwort auf:
„In gewisser Weise“, sagt ein hervorragender Astronom, „scheint das stoffliche Weltall zu vergehen wie eine Geschichte, die erzählt ist, es scheint sich in Nichts aufzulösen wie eine Vision.“
Und das sollte man sich immer vor Augen führen, wenn man gerade ein bisschen an der Welt bittert.
Art & Vibration
RE: Henry Miller
in Die schöne Welt der Bücher 15.08.2007 22:37von Taxine • Admin | 6.696 Beiträge
Die Bestimmung des Menschen auf Erden ist, sich zu erinnern…
Hier nun noch mehr philosophisches Auseinandersetzen mit der Welt und dem Sein und, gerade für mich faszinierend, mit der Kunst und dem Künstler.
Mon crédo en art et en littérature est l'enfance. Arriver à la rendre sans aucune puérilité, avec sa profondeur qui touche les mystères. Mon livre futur sera peut-être un perpétuel va-et-vient insensible du rêve à la réalité; Rêve entendu comme l'immense et imprécise vie enfantine planant au-dessus de l'autre et sans cesse mise en rumeur par les échos de l'autre.
In Antwort auf:
Der Künstler widersetzt sich nicht dem Zeitgeist, er ist Teil von ihm.
Der Künstler ist kein Revolutionär, er ist ein Rebell.
Der Künstler sehnt sich nicht nach Erfahrung um ihrer selbst willen, sondern nur, sofern sie seiner schöpferischen Phantasie dienlich ist.
In Antwort auf:
Wo werden wir Zuflucht und Kraft finden, wenn nicht bei denen, die ihr Leben der Offenbarung von Schönheit, Wahrheit und Liebe widmen?
In Antwort auf:
Es ist keine Frage der Landschaft mehr, ob der inneren oder der äußeren, sondern vielmehr eine Frage der Ebenen, der Ordnungen, der Hierarchien. Jemand spricht zu mir (hier Rimbaud) über die Leere hinweg. In einer geheimnisvollen Sprache, für die ich zwei neue Ohren brauche. Doch wo finde ich bloß das richtige Paar Ohren? Warum dieses glühende Bemühen? Kann ich nicht warten, bis ich die französische Sprache besser beherrsche? Nein. Tausendmal nein! Ich muss es jetzt verstehen. sofort. Es geht um Leben und Tod.
In Antwort auf:
Vielleicht ist der Künstler, da er seinem eigenen Rhythmus folgt, mit der Welt ständig außer Tritt.
In Antwort auf:
( … ) Neu, denn niemand fasst das Erinnerungsvermögen als Bestimmung auf, beunruhigend, denn was soll man dann im Zwischenreich tun? Wollte er damit sagen, dass das Nirwana in diesem Leben erreicht werden muss? Hatte er plötzlich erkannt, dass er – gleichgültig, als was oder wer – jetzt ein für allemal war, dass alle Vergangenheiten auf diese endlose Gegenwart zuliefen, in der Sein und Vorstellung eins waren?
Und nun, mein Lieblingssatz:
In Antwort auf:
Erst wenn du nackt und bloß und völlig zerstört bist, wirst du fähig sein, den Boden freizuräumen und dein wahres Haus zu erbauen.
Art & Vibration
.Habe gestern den Film Henry & June gesehen, von dem ich mir viel versprochen hatte.
Nach dem der Film brillant beginnt, wird die knapp gehaltene Handlung durch erotische Szenen stark ausgeweitet, länger als ich es für nötig erachtet hätte, so dass das Ganze nach Außen eher wie eine Art Erotikfilm wirkte, als nach dem Wunsch eine vernünftige Miller Biographie zu erschaffen. Um die unvergessliche Reise in ‚unerforschte Gebiete‘ menschlicher Beziehungen, wie es das Cover des Films verheißen lässt, darzustellen, hätte es dazu weniger ‚Realismus‘ gebraucht.
Bevor ich mir den Film angesehen habe, informierte ich mich noch einmal weitgehend über den Abschnitt des Lebens von Henry Miller, jenen Abschnitt in Paris, den auch der Film zu zeigen bemüht ist, habe auch Der Wendekreis des Krebses gelesen, und muss nun aufpassen, dass ich nach dem Film die Romanfiguren nicht allzu sehr in einer falschen Richtung personifiziere, denn dazu neigt man schnell, gerade bei einer guten, Schauspielerischen Besetzung. Damit würde ich aber den gelebten Menschen nicht gerecht werden.
Wenn man bei Millers Werk von einem ihm verfallen spricht, stellt sich, in Anlehnung an unseren ankonditionierten, gesellschaftlich vorgegebenen Mechanismus gleich die Frage, ob sich diese Faszination auf die Auslebung der Sexualität bezieht! Ja, die Frage ist sehr persönlich, aber gestellt wird sie trotzdem, daran ist auch nichts auszusetzen. Doch zumeist wird sie nicht offen gestellt. Die meisten Menschen beantworten sie für ihr Gegenüber gleich mit, im Stillen, ohne deren wahre Gedanken zu kennen, aber ich will hier nicht weiter auf die Grundlagen von Vorurteilen eingehen, nur so viel, dass jeder einmal in sich gehen sollte, um fest zu stellen, warum er / sie sich solchen Mechanismen unhinterfragt hingibt.
Ich denke, der Film ist bemüht, aber aus falscher Sicht. Mir scheint das Drehbuch eher aus einem, würde sogar sagen: Miller verehrenden Sexkult heraus geschrieben zu sein als am Interesse an einer tief greifenden Biographie. Sieht man sich einzelne Sequenzen an, stellt man aber fest, dass es eigentlich möglich gewesen wäre, die Prioritäten auf eine andere Basis zu verlagern, statt auf den Mainstream zu bauen.
Wie so oft siegt auch hier die Gier über die Kunst, doch nur in der Ausführung, nicht im Geiste!
Nach Miller werde ich mich nun mal mit der anderen Seite befassen und mir 'Das Delta der Venus' von Anais Nin kaufen. Ich vermute sogar, dass mich die offene, geschriebene Auseinandersetzung mit erotischen Phantasien aus der Sicht einer Frau (Nin) mehr bewegen werden als die, aus der Sicht eines Mannes (Miller).
Für mich ist Anais Nin in ihrer Literatur nicht so berauschend, obwohl sie sehr eindrucksvolle Worte findet, aber ihre Tagebücher mag ich gerne, weil mal viel über diese in sich zerrissene Frau erfährt, und, was mich gefreut hat, auch sehr viel über Miller, aus ihren Augen - versteht sich.
Hier sehen wir Anais Nin, wie sie aus ihrem Alltag mit ihrem Mann Hugo ausbricht und sich zuerst in June (Millers Frau) verliebt, eine Frau, der sie hemmungslos verfällt, ein „Riss in ihrem Traum“, um dann schließlich in den Armen von Henry Miler zu landen. Was an Anais Nin beeindruckt, ist ihre unbedingte Ehrlichkeit, besonders sich selbst gegenüber und die Tatsache, dass sie den Moment sehr sprachgewandt festhält. Man spürt ihre innere Zerissenheit, ihren Freiheitsdrang, ihre Sehnsucht, alles auszuschöpfen. Leben. Atmung. Liebe. Sex.
Über June sagt sie:
In Antwort auf:Was für ein schöner Gegensatz. Ein Nebeneinander im Spiel der Leidenschaft.
„Sie mag meine Macht nicht, während ich es genieße, mich ihr zu unterwerfen!“
Überhaupt sich zu lösen und andere Dinge zu entdecken, ist ein Entschluss, der Anais ständig in die Auseinandersetzung mit sich selbst treibt. Ihr Tagebuch ist ihr dabei Wegweiser.
(Es trifft zu, was Hugo sagt: dass ich meine Gedanken und Mutmaßungen nur dem Tagebuch anvertraue und dass er erst dann merkt, wieviel Schmerz ich ihm zufügen kann, wenn etwas passiert. Umgekehrt jedoch bin ich sein Tagebuch. Er kann nur laut mit mir oder durch mich denken.)
Sie hat, um die Menschen zu schonen, die sie dabei bloßstellt, verlangt, dass bestimmte Auszüge erst nach dem Tod aller Beteiligten (auch nach dem eigenen Tod) veröffentlicht werden. Sie spricht davon, dass sie die Menschen gleichzeitig lieben kann, doch nach und nach verwirren diese klaren Gedanken zu brodelnden Gefühlen.
In Antwort auf:
Anormale Vergnügungen töten den Geschmack für die normalen.
In Antwort auf:
Mein Kampf wird schwerer sein als Junes, denn sie hat keine Lust, ihr Leben selbst zu beobachten. Das tun andere an ihrer Stelle, und sie bestreitet alles, was sie sagen oder schreiben.
Brief an Hugo:
In Antwort auf:
Glaube mir, wenn ich davon spreche, all meine Instinkte auszuleben, ist das nur leeres Gerede. Es gibt eine Menge Instinkte, die man nicht ausleben sollte, weil sie faulig sind und stinken. Henry hat unrecht, wenn er D.H.Lawrence verachtet, weil der sich nicht unnötig ins Elend stürzen will. Das erste, was June und Henry tun würden – sie würden uns Armut, Hunger, Monotonie bringen, nur damit wir ihre Leiden teilen. Das ist die schwächste Art, sich des Lebens zu erfreuen: zulassen, dass es uns geißelt. Indem wir das Elend überwinden, kreieren wir eine zukünftige Unabhängigkeit des Seins, wie sie sie niemals kennenlernen werden.
(… )
In Antwort auf:
Ich habe diese russische Art, im Schmerz zu wühlen, ein bisschen satt. Schmerz sollte man beherrschen, nicht in ihm schwelgen.
Sie erhält lange Briefe von Miller auf Blättern mit nicht mehr benötigten Notizen. (herrlich)
In Antwort auf:
Ich trage inhaltsreiche, schwere Briefe von Henry mit mir herum. Lawinen.
In Antwort auf:
Kein Wunder, dass er Proust bewundert. Kein Wunder, dass ich, wenn ich sein Leben betrachte, einsehe, dass mein Leben niemals dem seinen ähneln wird, denn meines wird durch das Denken verlangsamt.
Im Gespräch mit Henry:
In Antwort auf:
Er sagte, ich könne nur mit dieser imaginativen Intensität schreiben, weil ich das, worüber ich schreibe, nie ausgelebt hätte, das Ausleben töte die Phantasie und die Intensität, wie es bei ihm der Fall sei.
Und auch ein bisschen "Weisheit":
In Antwort auf:
Um dankbar sein zu können, muss man erst lieben können.
In Antwort auf:
Nie trifft man den anderen im gleichen Gemütszustand, der gleichen Phase, der gleichen Stimmung – niemals. Wir sitzen alle auf einer Wippe.
Über Miller sagt sie:
In Antwort auf:
Außer seinen leidenschaftlichen Schriften ist an Henry wirklich gar nichts Verrücktes.
Die Unterhaltungen zwischen Anais Nin und ihm sind ein Geben und Nehmen:
In Antwort auf:
Unsere Gespräche sind wundervoll, Zwischenspiele, keine Duelle, sondern kurze Glanzlichter, die einer auf den anderen wirft.
(Henry Miller)
Ich weiß, dass jede Freude ihre eigene Tragödie in sich trägt.
In Antwort auf:
Sobald ich die Höhle meiner Lügen betrete, stürze ich in die Dunkelheit.
In Antwort auf:
Der Schriftsteller hüllt sich in seine Menschlichkeit, doch das ist nichts weiter als eine Tarnung.
In Antwort auf:
Man lernt nicht weniger zu leiden, sondern dem Schmerz auszuweichen.
In Antwort auf:
Das einzige, was die Psychoanalyse bewirkt, ist, dass man sich des eigenen Unglücks deutlicher bewusst wird.
In Antwort auf:
Allendy (Psychologe) hat die Wahrheit gefunden, hat alles richtig analysiert, hat die Lügen aufgedeckt, ist durch all meine Unlauterkeiten gesegelt und hat heute schließlich wieder einmal beweisen, dass diese verdammten „fundamentalen Schemata“ stimmen, die das Verhalten aller Menschen erklären.
In Antwort auf:
Ich sage dir (Henry) eins, ich würde niemals June zu ihm schicken, denn June würde ganz einfach aufhören zu existieren, weil June nur aus verzweigten Neurosen besteht. Es wäre ei Verbrechen, sie einfach wegzuerklären…
In Antwort auf:
Es gibt satanische Freuden, die nur den Schriftstellern bekannt sind.
Dieser Zeitauszug, den man neben den eigentlichen Tagebüchern von Anais Nin in Buchform erhält, ist sehr lohnenswert. Ein bisschen bleibt man danach selbst hin und her gerissen zurück, und fasziniert, mit einer unglaublichen Lust, mächtige Tagebücher zu füllen. :mrgreen:
Das freut mich, Moulin. Ich sach doch... es lohnt sich.
Nun zu einem weiteren schönen Roman von Miller. Dieser hier etwas ausführlicher, weil er irgendwo erstaunlich aktuell ist und fast in jeder Zeile ein Körnchen "Ahnung" steckt.
Na, welcher schon? Natürlich
DER KLIMATISIERTE ALPTRAUM
In diesem Buch erfährt man viel über die große Abneigung und auch die Versöhnung Millers mit seinem Geburtsland. Er schreibt im Vorwort, dass er in Paris auf die Idee kam, ein Buch über Amerika zu schreiben, und weil die Mittel wie immer knapp waren, wollte er diese Reise zunächst in der Fantasie ausleben.
Es wäre aber ein anderes Buch geworden.
In Antwort auf:Doch schnell bricht die Enttäuschung durch, als er aus Griechenland kommend einen Blick auf die amerikanische Küste wirft.
Es gab jedoch einen Grund, die Reise auch körperlich zu unternehmen, wenn sie sich auch als fruchtlos erweisen sollte. Ich fühlte das Bedürfnis, mich mit meinem Heimatland auszusöhnen. Es war ein dringendes Bedürfnis, weil ich – anders als die meisten verlorenen Söhne – nicht in der Absicht zurückgekehrt war, im Schoß der Familie zu bleiben, sondern wieder weiter wandern wollte, vielleicht nie mehr zurückkehren. Ich wollte noch einen letzten Blick auf mein Land werfen und es ohne einen schlechten Nachgeschmack verlassen. Ich wollte nicht davonlaufen, wie ich es ursprünglich getan hatte. Ich wollte es in die Arme schließen, fühlen, dass die alten Wunden wirklich geheilt waren, und dann ins Unbekannte aufbrechen, mit einem Segen auf den Lippen.
In Antwort auf:
Die amerikanische Küste sah für mich traurig und abstoßend aus. Ich mochte den Anblick amerikanischer Häuser nicht. Die Architektur des amerikanischen Eigenheims hat etwas Kaltes, Nüchternes, etwas Steriles und Abweisendes. Ein Heim eben, mit all den hässlichen, bösen und finsteren Nebenbedeutungen, die das Wort für eine rastlose Seele in sich birgt. Es bot einen frigiden, moralischen Anblick, der mich zu Eis erstarren ließ.
In Antwort auf:
Auf dem Rückweg zum Schiff kamen wir an Brücken, Eisenbahnschienen, Lagerhallen, Fabriken, Ladeplätzen und was weiß ich noch alles vorbei. Es war, als folge man den Spuren eines wahnsinnigen Riesen, der seine verrückten Träume in die Erde gesät hatte.
In Antwort auf:
Hätte ich nur ein Pferd oder eine Kuh sehen können, oder wenigstens eine angriffslustige Ziege, die an Konservenbüchsen knabberte, dann wäre das eine ungeheure Erleichterung gewesen.
So der erste Eindruck Millers, in einer „endlosen, wirren Wüste, von frühzeitlichen oder untermenschlichen Monstren im Delirium der Habgier erschaffen“. Als er dann nach New York kommt, das Schiff ändert den Kurs ja nicht, weil hier jemand mit seiner Abscheu kämpft, haftet ihm dieses altbekannte, vertraute Gefühl des Schreckens an. Nicht die besten Voraussetzungen.
Doch er bemerkt schnell den Wandel in Amerika. Alles war aus den Fugen geraten.
In Antwort auf:
Vielleicht würden wir auf allen vieren enden und kreischen wie Paviane. Etwas Verheerendes war im Anzug – jedermann fühlte das. Ja, Amerika hatte sich gewandelt. Der Mangel an Spannkraft, das Gefühl der Hoffnungslosigkeit, die Resignation, die Skepsis und der Defaitismus – ich traute zuerst kaum meinen Ohren. Und über allem de gleiche falsche Glanz eines einfältigen Optimismus – nur jetzt entschieden angeschlagen.
Zunächst die Suche nach Geld, ein ständiger Begleiter Millers, wobei er auf unfassbar nette Menschen trifft, die ihn mit Worten begrüßen: „Was sind ihre Pläne? Kann ich Ihnen helfen?“
So beschließt Miller eine Reise durch Amerika zu starten, bevor er hier im Sumpf festwachsen würde, er findet einen Freund, der ihn begleiten will. Sie wollen einen Reiseband, ein großartiges Buch daraus gewinnen.
In Antwort auf:
Wer es für uns verlegen würde, wussten wir nicht. Die Hauptsache war, es erst einmal zu machen – und dann einen Verleger zu finden. Und wenn nichts daraus würde, hatten wir immerhin unsere Reise gehabt.
Herrlich, dieses Machen, statt Hin- und Herzueiern und Abzuwiegen.
In Antwort auf:
Amerika ist kein Land für einen Künstler: Künstler zu sein bedeutet hier ein moralisch Aussätziger, ein wirtschaftlicher Versager, ein sozialer Passivposten zu sein. Ein mit Mais gemästetes Schwein genießt ein besseres Leben als ein Schriftsteller, Maler oder Musiker. Sogar ein Kaninchen hat es noch besser.
Während er seine Reise hier also antritt, in einem schäbigen Wagen, mit dem Freund zusammen, macht sich Miller sehr oft bewusst, dass er freiwillig ins Exil gegangen ist.
In Antwort auf:
Der im Ausland lebende Schriftsteller wurde häufig als jemand angesehen, der vor der Wirklichkeit zu fliehen sucht.
Menschen erwarten von dem Wiedergekehrten ständig, dass er es zu schätzen weiß, wieder in Amerika zu sein. Wo Amerika ja das Land des Eskapismus par excellence ist, hat es ihn dagegen in die andere Richtung getrieben.
In Antwort auf:
Eine neue Welt entsteht nicht, indem man versucht, einfach die alte zu vergessen. Eine neue Welt entsteht aus einem neuen Geist, aus neuen Werten. Unsere Welt mag vielleicht so angefangen haben, doch heute ist sie nur ein Zerrbild davon. Unsere Welt ist eine Welt der Dinge. Sie besteht aus Bequemlichkeiten und Luxusgütern – oder jedenfalls dem Wunsch nach ihnen. Was wir angesichts des drohenden Debakels am meisten fürchten ist, unsere Spielsachen, unsere Apparate, alle die kleinen Annehmlichkeiten, die uns so viel Unannehmlichkeiten gebracht haben, aufgeben zu müssen. Nichts an unserer Haltung ist tapfer, großzügig, heroisch oder hochherzig. Wir sind keine Friedlichen Seelen. Wir sind überheblich, furchtsam, mäkelig und verunsichert.
In Antwort auf:
Außerdem sehe ich keine Notwendigkeit, warum ich die Fassung verlieren sollte, weil ein Verrückter namens Hitler zu toben anfängt. Hitler wird verschwinden, wie das Napoleon, Tamerlan, Alexander und die anderen getan haben. Eine große Geißel der Menschheit taucht niemals ohne Grund auf. Es gab tausend triftige Gründe für den Aufstieg europäischer und asiatischer Diktatoren. Wir haben unseren eigenen Diktator, nur dass er hydraköpfig ist. Wer glaubt, der einzige Weg, diese Verkörperungen des Bösen auszuschalten, bestehe darin, sie zu zerstören, der soll sie zerstören. Zerstört alles in Sichtweise, wenn ihr glaubt, dass dies der Weg ist, eure Probleme loszuwerden. Ich glaube nicht an diese Art von Zerstörung. Ich glaube nur an jene Zerstörung, die natürlich ist und zum Wesen der Schöpfung gehört.
Oder mit den Worten John Marin’s:
In Antwort auf:
Manche stimmen einen Gesang an, wenn sie sich selbst zerfleischen, andere, wenn sie andere zerfleischen.
Nun Miller in seinen Überlegungen:
In Antwort auf:
Für ein großes menschliches Experiment müssen wir vor allen Dingen Menschen haben.
In Antwort auf:
Das Verlangen, sich selbst zu übertreffen, muss instinktiv, nicht nur theoretisch sein oder glaubhaft sein. Wenn wir uns nicht bemühen, die Wahrheiten, die in uns sind, klar zu erkennen, werden wir immer wieder scheitern. Als Demokraten, Republikaner, Faschisten, Kommunisten stehen wir alle auf gleicher Höhe. Das ist einer der Gründe, warum wir uns so prächtig bekriegen können. Mit unserem Leben verteidigen wir die kleinlichen Prinzipien, die uns trennen.
In Antwort auf:
Alles ist im Fluss. Diejenigen, die sich in der Defensive befinden, bekämpfen Phantome.
In Antwort auf:
Was ist der größte Verrat? Das in Zweifel zu ziehen, wofür man kämpft. Hier reichen sich Irrsinn und Verrat die Hände.
In Antwort auf:
Wenn alle anderen Waffen versagen, wendet man Gewalt an.
In Antwort auf:
Indem man kämpft, gesteht man ein, dass man ratlos ist; es ist ein Akt der Verzweiflung, nicht der Stärke.
In Antwort auf:
Eine Ratte vermag großartig zu kämpfen, wenn sie in die Enge getrieben wird. Sollen wir es der Ratte gleichtun?
In Antwort auf:
Um zu wissen, was Frieden ist, muss der Mensch den Konflikt erlebt haben.
In Antwort auf:
Er muss ein Opfer seiner Leidenschaften geworden sein, bevor er sich über sie zu erheben vermag.
Miller lässt sich wohl in alle Ewigkeiten zitieren. Vielleicht werde ich es tun.
Und weiter geht's:
In Antwort auf:
Die Antwort auf dieses grandiose Experiment liegt im Herzen. Die Suche muss von innen her geführt werden. Wir scheuen uns, dem Herzen zu trauen. Wir bewohnen eine geistige Welt, ein Labyrinth, in dessen dunklen Schlupfwinkeln ein Ungeheuer lauert, um uns zu verschlingen.
In Antwort auf:
Wir finden nur, wonach wir suchen, und wir suchen am falschen Ort.
Wir müssen aus der Dunkelheit herauskommen, dieses Forschen aufgeben, das nur eine Flucht aus Angst ist.
In Antwort auf:
Diese Kriege lehren uns nichts, nicht einmal die Überwindung unserer Ängste. Wir sind noch immer Höhlenmenschen. Demokratische Höhlenmenschen vielleicht, doch das ist ein geringer Trost. Unser Kampf besteht darin, aus der Höhle herauszukommen. Wären wir bereit, uns nur ein wenig in dieser Richtung anzustrengen, dann würden wir damit die ganze Welt ermutigen.
In Antwort auf:
Die Erde ist keine Lagerstelle, noch ist sie ein Gefängnis. Die Erde ist ein Paradies, das einzige, das wir jemals kennenlernen werden. Wir werden uns dessen bewusst in dem Augenblick, in dem wir die Augen öffnen. Wir brauchen die Erde nicht zu einem Paradies zu machen – sie ist eines. Wir müssen uns würdig erweisen, es zu bewohnen.
Im Gespräch mit einem im Exil lebenden Ungar, erörtert Miller die verschiedenen Ansichten. Während der Ungar New York und Amerika liebt, hingegen Budapest verabscheut, weil er hier flüchten musste, so findet Miller Budapest schön.
Der Ungar aber lebt hier seinen Traum:
In Antwort auf:
Er sagte, es sei genau so gewesen, wie er es sich erträumt habe, bis hinunter zu seinen hässlichen Seiten. Die Mängel hatten ihn nicht weiter gestört: Sie gehörten zu dem Bild, mit dem er im voraus einverstanden war.
So erging es Miller hingegen mit Paris. Er liebte auch die hässlichen Seiten.
In Antwort auf:
Für den Träumer, dessen Träume nicht auf Nützlichkeit ausgerichtet sind, gibt es keinen Platz in der Welt. Was immer sich nicht dafür eignet, gekauft und verkauft zu werden, sei es im Bereich der Dinge, Ideen, Prinzipien, Träume oder Hoffnungen, wird ausgeschlossen. In dieser Welt ist der Dichter Anathema, der Denker ein Narr, der Künstler ein Flüchtling vor der Wirklichkeit, der Visionär ein Verbrecher.
Nach all diesen Gedanken bricht der Krieg aus. Der Privatmann soll hier den Mund halten. Miller aber hat hier nicht die gerinste Achtung vor solcherlei Einstellungen.
"Lasst uns sehen..." fordert er.
In Antwort auf:
Eine Ausbildung kann niemals Weisheit verschaffen, ebenso wenig wie die Kirchen Religion oder Reichtum Glück, oder Sicherheit Frieden zu vermitteln vermögen. Welchen Sinn hat unsere Betriebsamkeit dann? Welches Ziel?
Nun beginnt ein herrlicher Angriff auf alle Missstände. Diese hier einzeln zu benennen, ist kaum möglich, dann müsste man das ganze Buch zitieren. Amerika – Land der modernen Sklaven. Funkelnde Autos und neidische Nachäffer, die nicht wissen, dass der Arbeiter, der mit dem Auto zur Arbeit fährt, danach in schlimmste Schwerstarbeit verfällt, um sich „den Lebensunterhalt abzuringen“.
In Antwort auf:
Aber, wir schauen uns diese bösen Träume beständig mit offenen Augen an (… ) und dann gehen wir wieder unserer Arbeit nach oder greifen zu Drogen – zu Drogen, die weit schlimmer sind als Opium oder Haschisch – ich meine Zeitungen, Rundfunk, Kino. Wirkliche Drogen eben einem die Freiheit, sich seinen eigenen Träumen hinzugeben. Die amerikanische Abart zwingt einen, die perversen Träume von Menschen zu schlucken, deren einziger Ehrgeiz es ist, ihren Job zu behalten, gleichgültig, was man sie zu tun heißt.
Miller berichtet von den langweiligsten kleinen Kaffs, die sich mit den größten Namen schmücken. "Bethlehem", "Phoebus", "Algier". Hier nun ruhmreiche Erinnerungen heraufzubeschwören ist fast unmöglich.
Auch kommt er an seltsamen Wandmalereien vorbei, mit denen Amerika sich patriotisch überall schmückt, die aber auf "High-School-Niveau" sind.
Auch vergleicht er die Macht eines Disneys mit der Kunst eines Dalìs - sicherlich ironisch.
In Antwort auf:
Dali denkt zuviel. Außerdem hat er nur zwei Hände. Disney hat eine Millionen Hände. Und außer den Händen hat er Stimmen - die Stimme der Hyäne, die Stimme des Esels, die Stimme des Dinosauriers.
Schade, dass in dieser Macht eines Disneys nur Manipulation steckt, wo mit versteckten Motiven gearbeitet wird. Das aber wusste Miller wohl noch nicht, aber er ahnte bereits...
In Antwort auf:
Das Schlimmste ist erst im Entstehen begriffen. Es steckt schon in uns, wir haben es nur noch nicht ans Tageslicht gebracht. Disney träumt davon – und er wird dafür bezahlt, das ist das Komische daran. Die Leute bringen ihre Kinder hin, um es anzuschauen, und sie brüllen vor Lachen. (Zehn Jahre später geschieht es hin und wieder, dass sie das kleine Ungeheuer, das so fröhlich die Hände zusammenschlug und jauchzte vor Freude, nicht wieder erkennen. Es ist immer schwer zu glauben, dass ein Jack-the-Ripper den eigenen Lenden entsprungen sein könnte.)
Herrlich, die Angriffe auf das FERNSEHEN.
In Antwort auf:
Ich erinnere mich, als das Radio auftauchte, dachte jedermann: Wie wundervoll! Jetzt werden wir mit der ganzen Welt in Verbindung stehen! Und Fernsehen – wie herrlich! Jetzt werden wir sehen können, was in China, in Afrika, in den entlegensten Teilen der Welt vor sich geht!
(… )
Was sehen und hören wir heute wirklich? Was die Zensoren uns zu sehen und zu hören erlauben, weiter nichts. Indien ist genauso weit entfernt wie eh und je – tatsächlich glaube ich, dass es weiter entfernt ist als vor fünfzig Jahren.
In Antwort auf:
Es gibt natürlich die „erzieherischen“ Bilder. Habt ihr sie gesehen? Hübsche, langweilige, einschläfernde, hygienische, statistische Gedichte, restlos kastriert und mit Lysol besprüht.
In Antwort auf:
Die Wochenschauen bringen hauptsächlich diplomatische Begräbnisse, Taufen von Schlachtschiffen, Feuerbrünste und Explosionen, Flugzeugabstürze, sportliche Wettkämpfe, Schönheitswettbewerbe, Mode, Kosmetik und politische Reden. Kulturfilme handeln vor allem von Maschinen, Textilien, Rohstoffen und Verbrechen. Wenn gerade ein Krieg im Gang ist, bekommen wir flüchtig die ausländische Landschaft zu sehen. Durch Film und Rundfunk bekommen wir ungefähr ebenso viel an Information über die anderen Völker dieses Erdballs, wie die Marsbewohner über uns.
Das hat sich bis heute ja ordentlich gedehnt, alles ist sichtbar, erfahrbar, in die Erklärung gedrängt worden. Dokumentationen in Hülle und Fülle über alle fremden Länder und alle Vergangenheit. Nur leider ist darin immernoch nur das enthalten, was wir WISSEN SOLLEN! Dann wohl doch nicht all zu viel Veränderungen, außer dem enormen, fast absurden Wachstum an Informationsfluss. Riesiges Gewölbe, unter dem der Mensch mit zittrigen Beinen zappelt. Klimatisierte Bildung.
Völlig genial hier Millers Beschreibungen der verschiedenen Amerikaner in ihren verschiedenen Gebieten. Man lacht Tränen.
Zum Beispiel:
In Antwort auf:
Die größten Zeitvergeuder, so scheint mir, gibt es im Norden, unter den rastlos Geschäftigen. Ihr ganzes Leben, könnte man sagen, ist nichts als verschwendete Zeit. Der dicke, kurzatmige Mann von fünfundvierzig, mit schwabbeligem Gesicht und sexuell verbraucht, ist das größte Symbol für die Sinnlosigkeit, das Amerika hervorgebracht hat. Er ist ein Nymphomane der Energie, mit der er nichts vollbringt. Er ist ein Nachbild des Steinzeitmenschen. Er ist ein statistisches Bündel aus Fett und überreizten Nerven, nur dazu da, damit der Versicherungsagent eine beängstigende Prognose aufstellen kann. Er übersät das ganze Land mit wohlhabenden, rastlosen, hohlköpfigen, müßigen Witwen, die sich zu gespenstischen Schwesternschaften zusammenschließen, in denen Politik und Diabetes mühelos ineinander übergehen.
Oder, schon bissiger, über die „sauberen Schleimklumpen“:
In Antwort auf:
Die Art, die versucht, sich geistig zu veredeln, selbst wenn kein Geist übriggeblieben ist. Das Strandgut, das sich wie Spülwasser in die Christian-Sciences-Kirchen treiben lässt und wieder hinaus, das die Tabernakel der Rosenkreuzler, die Praxen der Astrologen, Polikliniken, Evangelisten-Versammlungen, Wohltätigkeitsbüros, Stellenvermittlungsagenturen, billigen Wohnheime füllt. Menschen, die etwa das Bhagavad Gita auf nüchternen Magen lesen oder Haltungsgymnastik im Wandschrank machen. Der amerikanische Typ par excellence, immer bereit zu glauben, was in den Zeitungen steht, immer auf der Suche nach einem Messias. Nicht eine Spur menschlicher Würde ist ihm geblieben. Er ist der weiße Wurm, der sich im Schraubstock der Ehrbarkeit krümmt.
Miller versteht es zu erzählen. Man treibt mit ihm zwischen allem Sehen und aller Trostlosigkeit.
Herrlich das Bild: Die Kuh mit den 99 Rippen, die auf einem Stück Zinnfolie herumkaut. Auch ein Sinnbild des Hungers.
Oder das Haus mit den zehn Fuß großen Buchstaben, inmitten von Armut und Hunger, mit den Worten: Gott ist die Liebe.
Und immer dabei das WEITERBLICKEN:
In Antwort auf:
Vielleicht sind meine Wünsche zu menschlich, zu materiell, zu unmittelbar. Man muss Geduld haben, muss nicht nur Tausende von Jahren, sondern Millionen von Jahren warten können. Man muss Sonne und Mond überleben, Gott oder die Idee von Gott überdauern, den Kosmos überflügeln, das Molekül, das Atom, das Elektron überlisten können. (… )
... denkt an einen Himmel ohne Atmosphäre, an Kanäle ohne Wasser, an Bewohner ohne Kleider, an Wörter ohne Gedanken, an Leben ohne Tod, an etwas, was endlos weitergeht und keinen Namen hat, was ohne Sinn und Zweck ist und doch Hand und Fuß hat, in großartiger Weise sogar, wenn man einmal die Zwangsvorstellung von Zeit und Raum, von Bestimmung, von Kausalität, von Logik, von Entropie, von Vernichtung, on Nirwana und von Maya verliert.
Ich kann die Begeisterung schon verstehen. Werde mich vielleicht mal wieder in ein bisschen Miller vertiefen.
Seine Bücher sind alle irgendwo autobiografisch, der Mann hat sein ganzes Leben darauf verwendet, sich selbst zu kreieren.
Vielleicht lese ich "Der Koloß von Maroussi".
Diese ganzen Romane von Miller erscheinen mir manchmal, wie ein einziges, großes Buch.
'Das Lächeln am Fuße der Leiter' ist ein wundervolles Buch und ein ganz anderer Miller als der, den ich bis dahin kannte. Zumindest zeigt er hier viel wahrhaftiges Gefühl und nicht diese fast schreiende, in schrillen Tönen explodierende Auseinandersetzung mit seinem eigenen Ich.
Also, ab ins Antiquariat und kaufen!
Ja, das ist ein kleines Juwel aus der Reihe Miller. Es gibt die schöne Version mit Bildern von Miró.
Die Geschichte ist wunderbar!
Der liebe Martinus hat es in seinem Blog herrlich zusammengefasst:
Henry Miller - Das Lächeln am Fuße der Leiter
Ein Lächeln bleibt zurück.
Nach Pamuk lese ich nochmal Millers "SEXUS".
Hallo,
den klimatisierten Alptraum müsst ihr unbedingt mal lesen. Das ist ein Lebensbuch voll von Weisheiten. Mich fasziniert immer wieder, wie herrlich Miller über Frankreich schwärmt.
In Antwort auf:
Frankreich gelüstet es nicht danach, die Welt zu beherrschen. Es ist eher wie eine Frau, die einen verführt. Auf den ersten Blick ist es nicht einmal eine schöne Frau. Aber es versteht es, sich in unsere Zuneigung einzuschmeicheln. Es enthüllt sich nur langsam, behutsam, hält dabei immer seinen wirklichen Charme, seine wahren Schätze zurück, bis zu dem Augenblick, da sie richtig gewürdigt werden. Es wirft sich einem nicht an den Hals wie eine Hure. Die Seele Frankreichs ist keusch und rein wie eine Blume.
Im Gegensatz ein paar Sätze über Amerika:
In Antwort auf:
Der Neger ist mit dem Boden verwurzelt; seine Lebensweise hat sich seit dem großen Debakel kaum geändert. Er ist der wirkliche Besitzer des Landes, trotz aller nominellen Veränderungen der Besitzverhältnisse. Was die Weißen auch behaupten mögen, der Süden könnte ohne die unbeschwerte, beiläufige Sklaverei der Schwarzen nicht existieren. Die Schwarzen sind das schwache und biegsame Rückgrat dieser enthaupteten Region Amerikas.
In seinem Frankreichbuch Land der Erinnerung schreibt Miller über das "seelenlose" Amerika, hier erzählt er von Louis Ferdinand Céline, einem Franzosen, über einen Abschnitt aus seinem Buch Reise ans Ende der Nacht,
In Antwort auf:
dass er den Körper einer Hure über die Seele der Maschine triumphieren lässt.
Da kann man ja zitieren, bis der Pfeffer wächst. Zur Seelenlosigkeit gehört auch dies:
In Antwort auf:
Wenn man kein Geld hat, sondern nur Freiheitsliebe, nur ein Gebet um Gnade auf den Lippen hat, wird man abgewiesen, in das Schlachthaus zurückgeschickt, gemieden wie ein Aussätziger.
An anderer Stelle folgendes:
In Antwort auf:
Die Männer, von denen ich spreche, sind auf den ersten Blick zu erkennen: ihre Gesichter drücken etwas viel Vitaleres, viel Wirkungsvolleres aus als bloße Machtlust. Sie streben nicht danach, zu herrschen, sondern sich zu verwirklichen.
Liebe Grüße
Martinus
Ja, das ging mir auch so. Das Zitat muss hier fast bedacht ausgewählt werden, weil sich ein Satz um den anderen bildet und nur so vor "Weisheiten" strotzt.
Frankreich:
Wie er in den engen, gewundenen Gassen geführt werden muss, weil sie so dünster waren, dass man nichts sah. Herrlich. Der Weg entflammt durch Streichhölzer.
Auch schön war:
In Antwort auf:
Wenn man weiß, zu was Menschen fähig sind, wundert man sich weder über ihre Größe noch über ihre Gemeinheit. Offensichtlich gibt es nach beiden Richtungen keine Grenzen.
Was ich zuvor nicht wusste, ist, dass Miller eigentlich gar nicht so recht nach Frankreich wollte.
Hier war June (seine zweite Frau) gerade in einer "Liebes"-Geschichte mit einer anderen Frau und ging für eine Weile nach Paris, ließ Miller ohne große Rechtfertigung zurück.
Irgendwann schließlich reiste er dann auch mir ihr dorthin und war dann von dem Ausblick durch ein kleines Toilettenfenster auf die Stadt Paris so begeistert, dass er ein Jahr später dorthin zurückkehrte, um alleine seine Kräfte als Schriftsteller zu erproben. Als er dann sein "Bohème-Leben" führte, entschied er sich immer zwischen der attraktiven Prostituierten und dem Essen, und weil er diese Wahl getroffen hatte, war dann der Hunger groß, worbei er sich dann wiederum an den Helden von Hamsuns "Hunger" erinnerte.
Im "klimatisierten Alptraum" sagt er dazu:
In Antwort auf:
Und dann ertönt in einem eine Sirene, und der Gedanke an Sex und Essen taucht auf, sechs verträumte Minuten, ...
Was mir an Miller auch gefällt, sind seine Vergleiche mit den Gemälden der verschiedensten Maler.
Sucht man sie sich im Buch (oder im Internet zusammen), erhält man eine recht anschauliche Empfindung des Augenblicks, in dem er sich befunden haben mag.
Auch hätte ich ohne Miller nie von Henri Alain-Fournier und seinen Roman "Le Grand Meaulnes" gehört.
Und dann:
In Antwort auf:
Liebe, die nach Belieben die Welt durchzieht, überall hingelangt, frei, frei wie die Wahnsinnigen.
Zitat von Taxine
Ja, das ist ein kleines Juwel aus der Reihe Miller. Es gibt die schöne Version mit Bildern von Miró.
Die Geschichte ist wunderbar!
Der liebe Martinus hat es in seinem Blog herrlich zusammengefasst:
Henry Miller - Das Lächeln am Fuße der Leiter
Die Verlinkung zum August am Fuße der Leiter führt teilweise, ich weiß nicht warum, zu alten Farben meines Blogs. Der link nochmal, jetzt lesbar hier
Der dritte oder vierte Frühlingstag (Erzählung aus Henry Miller: "Schwarzer Frühling")
Es handelt sich nicht um eine Erzählung mit Handlung. Henry Miller vertieft sich in diesem Text in herrliche lebensphilosophische Gedankengänge.
Miller beschwört sein Dasein in der Gegenwart. Nur das ist wichtig:
Zitat von Miller
Ich bin ein Mensch ohne Vergangenheit und ohne Zukunft. Ich bin – das ist alles.
Ich denke an besseres als Christus,, an etwas Größeres als ein Herz, an etwas, das noch über Gott den Allmächtigen geht – an mich selbst. Ich bin ein Mensch.
Es ist heute der dritte oder vierte Frühlingstag, und ich sitze im vollen Sonnenschein an der Place Clichy. Heute, wo ich so in der Sonne sitze, sage ich euch, daß es einen Dreck ausmacht, ob die Welt vor die Hunde geht oder nicht, daß es gar nichts bedeutet, ob die Welt recht oder unrecht hat, ob sie gut oder schlecht ist. Sie ist – und das genügt. Die Welt ist, was sie ist, und ich bin, was ich bin.
Es ist die Hingabe an das Leben, was hier spricht. Das Leben, egal wie arm oder reich man ist, egal , wo man lebt und wie, das eigene Leben, das eigene Selbst ist das, was allein wichtig ist, wenn diese Hingabe an das eigene Leben erblüht, fließt die Lebensfreude in alle Poren, in alle Winkel des Körpers. In solch einem Gegenwartsbewusstsein, im Bewusstsein des Lebendigsein, kann der Erzähler schwärmen:
Zitat von Miller
"Ich bin – das ist alles.“
Solch ein - im wahsten Sinne des Wortes – Selbstbewusstsein kann unabhängig vom äuperen Zustand der Welt gelebt werden. Darum ist dem Erzähler egal, wie der Zustand der Welt ist – das Leben an sich, ist das, was wirklich den höchsten Wert hat, das großte Wunder überhaupt. Und wenn ich das so dahinschreibe, denke ich an Millers „Wendekreis des Krebses“, wo er über seine Armut erzählt, und total glücklich ist. Das Glück des Menschen ist nicht von äußerem abhängig, das Leben selbst ist großes Glück.
Henry Miller hat immer wieder Amerika kritisiert, dankbar ist er nur, weil Amerika ihm seine Bedürfnisse nach Freiheit und Abenteuer geweckt haben. Seine Strafe habe er in Amerika abgebüßt, nun habe er keine Bedürfnisse mehr. Darum kann er sein Leben „als eine Geschichte unserer Zeit – aller Zeiten“ betrachten. Er lebt sein Leben, das ist alles und will Gegensätze, die es in der natur gibt vereinigen. So sagt er:
Zitat
Ich bin ein Gottmensch und ein Teufelsmensch. Jedem was ihn gebührt.Nichts Ewiges, nichts Absolutes. Vor mir immer das Bild des Körpers, unser dreieiniger Gott, Penis und Hoden. Auf der Rechten Gott Vater, auf der Linken und ein wenig tiefer Gott Sohn, inmitten und über ihnen der Heilige Geist. Nie kann ich vergessen, daß diese heilige Dreieinigkeit Menschenwerk ist, daß sie unendlichen Veränderungen unterliegt – aber so lange wir mit Armen und Beinen aus der Gebärmutter kommen, so lange Sterne über uns sind, uns rasend zu machen, und Gras unter unseren Füßen wächst, um die Wunden in uns mit weichem Polster zu empfangen, so lange wird dieser Körper zu allen Melodien tanzen, die wir pfeifen mögen.
Es ist zu überlegen, ob wir Henry Miller als einen Hedonisten bezeichnen wollen oder Können. Ob er sich selber als solcher gesehen hat, weiß ich nicht. Die Bemerkung, dass „dieser Körper zu allen Melodien tanzen“ kann, mögen wir als Hinweis deuten, dass Miller unter Lebensfreude, oder sagen wir wie im Hedonismus, Lust, verschiedene Ebenen des physischen Erlebens meinte. Darin finden wir Anlehnung mit der Lehre des Astrippos von Kyrene, Begründer des Hedoismus und Zeitgenosse Sokrates\\\\\\\\\', der von zwei Zuständen der Seeleausgeht: die Lust als sanfte Bewegung der Seele, und den Schmerz als rauhe Bewegung. Wenn wir die Gegensätze von Lust und Schmerz vereinigen, wie Miller den Gott-oder Teufelsmensch vereinigt hat, so sind in der Seele, bzw. im Körper alle Schwingungen der Lust und Freude enthalten: der Mensch als ein Ganzes, der die Lust in verschiedenen Bewegungen erlebt. So kann Miller sagen, der Körper tanze nach allen Melodien, die wir pfeifen, ähnlich wie der alte Mann in der Bronx, der aus dem Tagebuch eines Rauschgiftsüchtigen vorlesen wollte aber nicht konnte, weil er mit Luminal vollgedröhnt war, der Körper lag hingestreckt, seine Füße ragten zum Fenster hinaus. Da er nicht lesen konnte, lachte er sich den Bauch voll. So in etwa erzählt Miller in unserer Geschichte von einem Herrn aus der Bronx, der zwei verschiedene seelische Bewegungen gleichzeitig erlebte.
Miller denkt
Zitat
an jene kommende Zeit, wenn Gott wiedergeboren wird, wenn die Menschen für Gott kämpfen und töten werden, wie sie jetzt und noch lange um Nahrung kämpfen....Ich denke an diese zukünfige Zeit...wo es dann vielleicht keine Bücher mehr geben wird, sondern nur ein großes Buch – eine Bibel. Für mich ist das Buch der Mensch, und mein Buch ist der Mensch, der ich bin...
Seine Lebensmaxime fast Henry Miller noch einmal konzentriert zusammen:
Zitat
Eine neue Welt erdenken heißt, sie täglich leben, jeder Gedanke, jeder Blick, jeder Schritt, jede Gebärde tötet und schafft neu, wobei der Tod immer einen Schritt voraus ist. Auf die Vergangenheit zu spucken genügt nicht. Die Zukunft zu verkünden genügt nicht- Man muß handeln, als ob der nächste Schritt der letzte wäre, was er ja ist...
Ich denke, jetzt wissen wir, worauf Miller hinaus will: „Ich bin ein Mensch“.
Verstehen werden wir vielleicht auch jetzt, warum Henry Miller Tabus brach, sich nicht in irgendwelche Moralvorstellungen zwängen ließ, auf althergebrachte Konventionen pfiff. Unter Lebendigsein verstand er etwas anderes, wie wir gesehen haben.
Hier erzählt Miller die Geschichte selbst.
Liebe Grüße
Martinus
„Wäre die Erde eine Bank, dann hättet Ihr sie bestimmt schon gerettet!" (Greenpeace)
Dieses Werk von Henry Miller finde ich deswegen bedeutsam und aüßerst schön, weil wir hier in Millers Lebensphilosophie eindringen können, die durchaus etwas buddhistisches anhaftet, allerdings entsagt sich Miller eindeutig den Religionen, irgendwelchen anderen Strömungen auch noch, wie dem Katholizismus, dem Kommunismus etc. (wenn ich nochmal auf dieses Zitat stoße, werde ich es gerne zitieren). Wie Millers Philosophie ausschaut, erfahren wir das wichtigste schon in den ersten Seiten. Miller kritisiert den den besessenen Fortschritt der Amerikaner:
In Antwort auf:
- mehr Maschinen, mehr Leistungen, mehr Kapital, mehr Komfort.
All dieses scheint den Menschen wichtig, allerdings ist diese Lebensanschauung für Miller wie eine Versklavung. Man heftet sich an Dinge, und Vorstellungen, die andere geschaffen haben, und das soll Leben sein. Miller sagt ganz klar, er brauche gar nichts um glücklich zu sein, nur die Loslösung von den Dingen, befreit den Menschen. Dazu fällt mir eine kleine Anekdote ein. Ich war damals froh und erleichtert, als ich mein Leasingauto losgeworden bin, und kein Benzin, Versicherungen und den Hickhack usw. bezahlen musste. Es war einfach herrlich, von diesen Dingen befreit zu sein. Auch heute macht es mir nichts aus, dass ich kein Auto habe. Auch Erich Fromm kritisiert in seinem Werk
In Antwort auf:, das mehr Haben wollen. Um das Wesen des Seins zu veranschaulichen zitiert Erich Fromm einen Haiku von Bashos:
„Haben oder Sein“
In Antwort auf:
Wenn ich aufmerksam schaue,
Seh' ich die Nazuna
An der Hecke blühen!
Bashos erfreut sich an der Blume, ohne sie haben zu wollen. Das ist auch Millers Einstellung. Nur die Loslösung von den Dingen macht wirklich glücklich. Im weiteren Verlauf des Koloß' von Maroussi werden wir noch einige Male auf diese Lebensanschauung stoßen.
Liebe Grüße
mArtinus
„Wäre die Erde eine Bank, dann hättet Ihr sie bestimmt schon gerettet!" (Greenpeace)
RE: Henry Miller
in Die schöne Welt der Bücher 20.04.2009 18:02von Taxine • Admin | 6.696 Beiträge
In Antwort auf:
In jenem Augenblick freute ich mich, dass ich frei war von Besitz, frei von allen Bindungen, frei von Furcht und Neid und Mißgunst. Ich hätte leicht von einem Traum in einen anderen hinübergleiten können, ohne etwas zu besitzen, ohne etwas zu bereuen, ohne etwas zu wünschen. Nie war ich mehr davon überzeugt, dass Leben und Tod ein und dasselbe sind, und dass man das eine ohne das andere nicht zu genießen oder in sich aufzunehmen vermag.
Die Weisheiten Millers sind immer wieder neu befreiend. Solche Momente werden in vielen Situationen deutlich, hier ist es der Krieg, der Miller die "Verrücktheiten der Menschheit" erneut offenbart:
In Antwort auf:
Der Krieg hat noch andere schlimme Auswirkungen, er flößt jungen Menschen Schuldbewusstsein ein und bereitet ihnen Gewissensbisse. In Korfu hatte ich die Absonderlichkeiten eines völlig normalen jungen Engländers beobachtet, eines Burschen Anfang der Zwanzig, der griechische Philologie studieren wollte. Er lief wie ein Huhn mit abgeschlagenem Kopf umher und flehte einen an, ihn an die Front zu bringen, wo er sich in Stücke sprengen lassen könnte.
Ich habe so gelacht, als er mit dem Griechen am Strand herumtollt:
In Antwort auf:
Es gibt Tausende von Arten zu sprechen, und Worte nutzen nichts, wenn der Geist fehlt.
... mit ihm lange Unterhaltungen führt, ohne, dass sie einander verstehen:
In Antwort auf:
Wir verstanden einander sogar mit falschen Worten.
Ja, dieses von "Mensch zu Mensch" kommt bei Miller gut zur Geltung, egal, wo man sich befindet, egal, auf was für Menschen man trifft. Hinter dieser Neugierde auf den Menschen selbst, erlischt das Krankhafte der Welt, wie Krieg, Hass, Mißgunst, usw.
Art & Vibration
Es geht nicht nur darum sich von den Dingen zu lösen, sondern auch darum „den Geist leer zu halten.“, sich fernhalten von dem, was in unseren Geist einströmen will: Radio, Zeitung, der tägliche Ratsch und Tratsch. Ich denke, dieses fällt dem Menschen heutzutage schwer; aber selbt wir sagen manchmal, wir lassen die Seele baumeln. Sich einfach lösen vom täglichen Stress und hin und her. Es ist geradezu meditativ, woran Miller denkt.
In Antwort auf:
Den ganzen Tag lang zu schweigen...völlig und gründlich zu faulenzen, völlig und gründlich gleichgültig dem Schicksal der Welt gegenüber zu sein, ist die beste Medizin, die sich ein Mensch verschreiben kann.
Mit Gleichgültigkeit ist kein Desinteresse an der Welt gemeint, sondern es ist ein Zustand des Geistes, der losgelöst von der Welt ist. So ist es auch nachvollziehbar, wenn folgendes gesagt wird:
In Antwort auf:Man versteht sich mit dem Herzen.
Wenn man zufrieden mit sich selbst ist, spielt es keine Rolle, wasn für eine Flagge über dem Kopf weht oder wem das oder jenes gehört oder ob man Englisch oder Monongahela spricht.
Gute Nacht!
„Wäre die Erde eine Bank, dann hättet Ihr sie bestimmt schon gerettet!" (Greenpeace)