HirngespinsteAustausch zwischen Literatur und Kunst |
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Zitat von Taxine
Ach guck...den Krausser hast du dir vorgenommen. Hast du die ersten (Mai '92, Juni '93) schon gelesen oder fängst du einfach irgendwo an?
Die ersten drei Taschenbücher (Mai bis Dezember '99) haben mir gut gefallen, weil man viel über seine Lese- und Schreibwelt erfährt, danach... na ja... da wurde er dann für meinen Geschmack etwas zu selbstherrlich...
Habe das Buch mal wieder auf dem Grabbeltisch gefunden und dachte ich schau einfach mal rein in die Ansichten des von Dir gemochten Krausser. Lese also ganz unsystematisch dieses eine Werk. Nette Anekdoten sind dabei, habe bisher schon oft schmunzeln müssen, viele interessante, aber auch für mich fragwürdige Ansichten gefunden. Es scheint sich jedenfalls zu lohnen.
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[i]Poka![/i]
zuletzt bearbeitet 20.08.2012 00:17 |
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Zitat von Taxine im Beitrag #17Zitat von LX.C im Beitrag #16
Nette Anekdoten sind dabei, habe bisher schon oft schmunzeln müssen, viele interessante, aber auch für mich fragwürdige Ansichten gefunden.
Zum Beispiel?
Allzu weit bin ich ja noch nicht. Lese hier und da immer mal, aber eigentlich lässt sich auf jeder Seite etwas Verwertbares finden, und sei kurzweilige Unterhaltung oder ein produktiver Ärger. Unsympathisch sind mir seine zynischen Attitüden der Selbstinszenierung, da zweifelt man an der Reife des Autors, der im Tagebuch Juli 1994 30 geworden ist. Zum Beispiel: "Ich lese, man läßt einem Häftling Wasser auf den Kopf tropfen, Wassertropfen auf den kahlgeschorenen Schädel. Nach vierundzwanzig Stunden jener Folter soll der Häftling erst wahnsinnig, dann tot sein. Das wirft einige Fragen auf. Kann man sich vielleicht mit Kopfmusik retten, indem man zum Takt der Tropfen eine Musik entwirft oder paraphrasiert, ein Brucknersches Adagio etwa, voll 'himmlischer Längen'?"
Auch kann ich mit seiner Haltung zum Holocaust und der Verarbeitungsweise des Geschehens in Deutschland nicht mitgehen. Nicht in der permanenten Aufklärung sondern in Unaufgeklärtheit sind mit wachsender Distanz die Gefahren im Umgang mit dem Ereignis zu sehen. Schuldig fühlen wir uns heute nicht mehr, hat er recht. Aber Verantwortung und Tradierung dieser ist in jeder Generation angebracht. Davon muss sich keine Generation frei machen (wie vielfach geglaubt wird), um frei zu sein - im Gegenteil.
Zum schmunzeln sind immer wieder seine Alltagsgeschichten, seinen es die Ansichten seiner Freunde über das weibliche Geschlecht, Anekdoten über die VG-Wort oder die Nachbarn.
Interessant seine Ansichten zur Kunst, Literatur und den Literaturbetrieb, wie Du schon sagtest. Auch hier findet sich immer wieder Anlass zum schmunzeln. "Der Trivialkritiker RR ist ein momentan weltweit singuläres Phänomen, das so auf Jahrzehnte hin unwiederholbar bleiben wird. Er stellt eine leibgewordene Machtphantasie dar, lebt aus, was viele in sich tragen und mit knirschenden Zähnen in sich belassen: tyrannische Apodiktik, diktatorische Willkür, die dunkle Seite des Kunstschaffens. Anregend, jene Macht bröckeln zu sehen […] das literarische Quartett als ordinär zu empfinden, darf inzwischen ausgesprochen werden, ohne dass man durch den Papst und seine Klone kaltgestellt wird."
Alles in allem zeigt Krausser in seiner Selbstdarstellung also einen Menschen, der in seiner provokanten Haltung nicht immer auf Liebe bei mir stößt, aber das muss er als Autor ja auch nicht, um sein inszeniertes Tagebuchprojekt zu Literatur mit Reibung zu machen.
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[i]Poka![/i]
zuletzt bearbeitet 22.08.2012 15:13 |
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Rudolf Augstein, Jesus Menschensohn - wollte ich immer schon mal lesen, habe ich jetzt antiquarisch für 1 € bekommen, aber eine schöne gebundene Ausgabe.
Homepage: http://www.noctivagus.net/mendler
Facebook: http://www.facebook.com/people/Klaus-Mendler/1414151458
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