HirngespinsteAustausch zwischen Literatur und Kunst |
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Zitat von LX.C im Beitrag RE: Juli 2012
Weiß gar nicht was mich erwartet, bin durch Zufall drauf gestoßen: Roberto Bolano - Stern in der Ferne habe ich mir für die Nachtschichten vorgenommen. Der Klappentext hörte sich interessant an, die Verbindung Dichtung und Diktatur in der Umbruchzeit Chile 1973. Kennt den Autor jemand?
Hallo LX.C. Bolano ist schon ein Großer, von ihm wurde bereits häufiger im Forum geschwärmt. Ich persönlich werde allerdings nicht so recht warm mit ihm. Der Klopper "2666" wartet immer noch auf ein wiederholtes Lesen. Ich bin bei ihm hin und her gerissen. Er schreibt herrlich, allerdings hat er mich mit seiner Thematik dennoch nicht erreicht oder gefesselt. Mag allerdings auch an der Stimmung gelegen haben.
Bin gespannt, ob er dir zusagt.
Liebe Grüße
Taxine
Art & Vibration
Yasar Kemal würde mich auch interessieren. Es sollen ja sehr surreale Passagen in seinen Büchern vorkommen. Hast du auch etwas anderes von ihm gelesen, Krümel?
Art & Vibration
Zitat von Taxine im Beitrag #6
Yasar Kemal würde mich auch interessieren. Es sollen ja sehr surreale Passagen in seinen Büchern vorkommen. Hast du auch etwas anderes von ihm gelesen, Krümel?
Bis jetzt habe ich noch nichts Surreales im Buch gefunden. Wenn gleich mir die Figuren sehr fremd, teilweise auch gar nicht nachvollziehbar, sind. Entweder ist das einfach eine ganz andere Mentalität - einen Mord begehen um sich hervor zu tun, um etwas darzustellen, oder aber 1978 ist schon so weit weg, dass es sich heute wie aus einer anderen Epoche liest. Gefragt habe ich mich schon, ob Yasar Kemal das Buch heute auch so schreiben würde?
Nein, das ist mein erstes Buch von ihm, ich glaube auch nicht, dass es mehr werden.
Zitat von Krümel
Wenn gleich mir die Figuren sehr fremd, teilweise auch gar nicht nachvollziehbar, sind. Entweder ist das einfach eine ganz andere Mentalität - einen Mord begehen um sich hervor zu tun, um etwas darzustellen, oder aber 1978 ist schon so weit weg, dass es sich heute wie aus einer anderen Epoche liest. Gefragt habe ich mich schon, ob Yasar Kemal das Buch heute auch so schreiben würde?
Nein, das ist mein erstes Buch von ihm, ich glaube auch nicht, dass es mehr werden.
Oh... gut, das ich ihn mir noch nicht besorgt habe. Hatte irgendwo über den Schriftsteller gelesen.
Mir haben es im Moment die Franzosen angetan. Ein wirklicher Aufsteiger in die oberen (weit oberen) Rigen meiner Bücherliste ist Emmanuel Bove. Süchtig macht der... süchtig... Kein Buch legt man aus der Hand, ohne es genossen zu haben und nicht sofort das nächste zu wollen. Für Bove lege ich jede Momentlektüre aus der Hand, wenn eines seiner Bücher endlich eintrudelt. Sehr zu empfehlen sind vorerst "Die Ahnung", "Armand" oder "Die Falle". "Dinah" ist auch schön und viele weitere werden folgen. Handke hat ihn übersetzt (zumindest seine ersten drei genialen Werke "Meine Freunde", "Armand" und "Bécon-les-Bruyères") und damit wiederentdeckt. Dass von den dünnen Werken Boves keine Gesamtausgabe existiert, ist schade... Die sind immer so schnell zu Ende, diese wundervollen tiefen Abgründe all der traurig trostlosen Figuren...
Um mich zu trösten, dass seine nächsten Bücher noch nicht da sind, lese ich Henri-Frédéric Blanc's "Randale". Der macht sich so schön über die Wegwerfgesellschaft lustig, hier mittels dem Frust der Jugend.
Art & Vibration
Scheint zu einer Seltenheit zu werden, aber endlich habe ich einen Roman gefunden, der nach meinem Lesegeschmack konzipiert zu sein scheint. Da lasse ich alle anderen in diesem Jahr gelesenen Bücher hinter mir eiskalt links liegen (außer John Steinbeck). Es geht um Dave Eggers: Weit Gegangen.
Es geht um "die wahre Lebensgeschichte von Valentino Achak Deng", seine Flucht als Kind aus dem Bürgerkrieg des Sudan. Seine Flucht ging über Äthopien, Kenia bis in die USA.
Valentino Achak Denk sagt selber im Vorwort, er und der Autor wollten anderen begreiflich machen, "welche Gräuel die jeweiligen Regime des Sudan vor und während des Bürgerkriegs begingen."
Selten, dass ich mal wieder spielend 59 Seiten in einem Rutsch lesen konnte, wobei Dave Eggers, bis jetzt doch noch sehr nüchern erzählt. Er wird in den USA in seinem Hause überfallen und ausgeraubt, erinnert sich dabei an seine Flucht aus dem Sudan. Allein hier schon, wie er die Rückblicke in das gegenwärtige Geschehen einbaut, ist wunderbar komponiert.
Liebe Grüße
mArtinus
„Wäre die Erde eine Bank, dann hättet Ihr sie bestimmt schon gerettet!" (Greenpeace)
Zitat von Taxine
Welche hast du gelesen, Martinus?
Emmanuel Bove hat so tolle Außenseitertypen geschaffen. Psychologisch ausgewogen. Die Lektüre ist schon so lange her, sodass ich mich an Inhalte nur äußerst fragmentarisch erinnere. Sehr gefallen haben mir "Colette Salmand" und "Ein Vater und seine Tochter", auch "Ein Außenseiter" war gut. Ich denke, Bove konnte nur gut schreiben.
Ob ich "Der Junggeselle" gelesen habe, da bin ich mir nicht sicher. Können wir gerne gemeinsam lesen.
Ich habe noch einen Stapel ungelesener Bove's: Meine Freunde, Menschen und Masken, Der Mord an Suzy Pommier und Dinah.
Ich habe Lust mal wieder zu boven.
„Wäre die Erde eine Bank, dann hättet Ihr sie bestimmt schon gerettet!" (Greenpeace)
Oh jaaaaa... lass uns boven. Ich verschlinge den sowieso.
Schön, wenn dir "Der Außenseiter" gefallen hat, dann besorge ich ihn mir auch noch. Ist das letzte Buch, das ich noch nicht von ihm habe, ansonsten sind alle da bzw. zu mir unterwegs.
Zitat von Martinus
Emmanuel Bove hat so tolle Außenseitertypen geschaffen. Psychologisch ausgewogen.
Allerdings. Das ist das für mich so Faszinierende an seinen Werken. Sie alle sind in ihrem Ringen mit sich und der Welt gleich und doch so verschieden. Aber sie sind auch nicht einfach sympathische Randfiguren, sondern häufig sehr unangenehm oder in sich selbst gefangen. Etliche Abgründe und unterschiedliche Begebenheiten, mit der aber so typischen, unverkennbaren Stimme Boves. Am besten gefallen mir die Bücher, in denen sich seine Aufmerksamkeit auf eine Figur alleine richtet.
Lesen wir also "Ein Junggeselle". Danach empfehle ich dir schon einmal "Dinah". Das Werk ist soooo schön und gemein, der Protagonist ist eine jener Gestalten, die nur handeln, wenn es sie nichts kostet... herrlich umgesetzt von Bove, alleine, so einen Typ zu erfinden. Auch der falsche Stolz wird hinterfragt, wenn es wichtig ist, um Hilfe zu bitten und was das dann wiederum auslöst, wer auf einmal glaubt, einen anderen Menschen, nur weil er hilfsbedürftig ist, schon wieder anders behandeln zu dürfen... usw. usf. Dieses Buch hat mich sehr an Dostojewskis Kellermenschen erinnert, wenn auch nur im Charakter der Figur, nicht in der Gedankentiefe.
"Menschen und Masken" ist auch nicht schlecht, da deckt Bove die Heuchelei in der Geschäftswelt auf.
Zitat von Martinus
Ich denke, Bove konnte nur gut schreiben.
Ja, ich bin mir auch fast sicher, dass alle Bücher von Bove gut sind. Ich habe noch kein's gelesen, das meine Erwartungen nicht erfüllt hätte. Du siehst, die Begeisterung kennt keine Grenzen.
Art & Vibration
Zitat von LX.C im Beitrag #14
Helmut Krausser - Juli August September. Tagebuch des Juli 1994, Tagebuch des August 1995, Tagebuch des September 1996
Ach guck...den Krausser hast du dir vorgenommen. Hast du die ersten (Mai '92, Juni '93) schon gelesen oder fängst du einfach irgendwo an?
Die ersten drei Taschenbücher (Mai bis Dezember '99) haben mir gut gefallen, weil man viel über seine Lese- und Schreibwelt erfährt, danach... na ja... da wurde er dann für meinen Geschmack etwas zu selbstherrlich...
Art & Vibration