HirngespinsteAustausch zwischen Literatur und Kunst |
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Zitat von Taxine im Beitrag #10
Kawerin? Würde von ihm auch gerne wieder etwas lesen. Wie ist das Buch?
MIr gefiel "Zwei Kapitäne" sehr gut. Er kann hervorragend erzählen und schafft einen guten Ausgleich aus Gefühl und Dramatisierung.
Momentan lese ich Oleg Postnow "Angst". Ein sehr schönes Buch, auch empfohlen von Andrej Bitow.
Mag ja so Geschichten mit Dorfatmosphäre, von daher hat mir der Einstieg schon mal sehr zugesagt und ich hab mir den Roman besorgt.
Also: Postnow - Angst
Bis bald
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[i]Poka![/i]
Und ich höre jetzt auf dich und gebe dem mir so unangenehmen Sorokin noch einmal eine Chance. Lese "Der Schneesturm". Scheint klassischer und weniger verspielt zu sein. Das mochte ich bei ihm in "Roman" auch, wobei das eines seiner ersten Werke war und noch stark an der traditionell russischen Literatur angelehnt. Seine späteren Versuche von "Ljod" über den "Himmelblauen Speck" bis zu dem "Tag des Opritschniks" gaben mir nichts. Bin sehr gespannt.
Bitow war eigenartig. Irgendwie zu chaotisch für meinen Geschmack (normalerweise erreicht er mich immer ganz). Der Versuch, verschiedene Geschichten zu verknüpfen und das Spiel mit dem Schreiben und Übersetzen zu zeigen, war zwar interessant, aber nicht besonders neu. Übersetzt wurde das Ganze von der begabten Rosemarie Tietze. Anmerkungen erfolgen dann von beiden. Symmetrisch mag das alles sein, aber irgendwie nicht fesselnd genug. "Verstehen Sie, Leben ist Text. Ein Text, den die Lebenden nicht bis zu Ende gelesen haben. Aber auch Text ist Leben! In jeder Zeile muss das Geheimnis der künftigen Zeile stecken ...". Dabei hat Bitow allerdings etwas übertrieben, obwohl der Roman nicht schlecht ist.
Letztens auch mit Bedauern festgestellt, dass Bitow letztes Jahr im Dezember verstorben ist. Er hat wunderbare Dinge über den Tod gesagt, die mir selbst viel Trost waren, darunter der Gedanke, dass es sicherlich nicht umsonst so ist, dass diese "Pforte" noch nicht entschlüsselt ist.
Art & Vibration
"Der Schneesturm" - Endlich ein Sorokin, der mir gefällt. Hält der Schriftsteller sich an Tolstoi, Gogol und Tschechow und mischt seine überraschende Fantasie darunter, dann macht das Lesen Spaß. Hier klar der Fall. Ein Buch mit Atmosphäre.
Art & Vibration
Zitat von Taxine im Beitrag #18
"Der Schneesturm" - Endlich ein Sorokin, der mir gefällt. Hält der Schriftsteller sich an Tolstoi, Gogol und Tschechow und mischt seine überraschende Fantasie darunter, dann macht das Lesen Spaß. Hier klar der Fall. Ein Buch mit Atmosphäre.
Habe ich 2013 gelesen. Ein großartiges Buch! Kann mich Deinem Eindruck nur anschließen. (Ach so, noch auf Empfehlung von mir? :)
Ansonsten bin ich nicht besonders weit mit meiner Lektüre vorangeschritten. Von allen Büchern, die ich mitnahm, habe ich jeweils nur ein paar Seiten gelesen.
Irgendwie war es schöner, auf der Bank zu sitzen, die Stille zu genießen und aufs Feld hinaus zu starren :)
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[i]Poka![/i]
Zitat von LX.C im Beitrag #19
Von allen Büchern, die ich mitnahm, habe ich jeweils nur ein paar Seiten gelesen.
Irgendwie war es schöner, auf der Bank zu sitzen, die Stille zu genießen und aufs Feld hinaus zu starren :)
Ja. Geht mir auf Reisen ähnlich, obwohl du ja in einer anderen Situation warst, wo das auch einleuchtet. Schön, dass ihr wohlbehalten wieder zurück seid. Ich hatte den "Schneesturm" durch dich noch im Hinterkopf. Habe einige ältere und modernere Werke gelesen, so aus nostalgischen Gründen und im Rückblick an Zeiten, wo mich bestimmte Bücher gefesselt haben. Daher Isaak Babel "Die Reiterarmee", Gasdanows "Phantom des Alexander Wolfs", Sebalds "Ringe des Saturns", Houellebecqs "Serotonin" und von Beigbeder (der auch eine zweite Chance bekam) "Oona und Salinger". Gasdanow hat mir gefallen, gediegen und angenehm zu lesen. Sebald war großartig, Houellebecq unterhaltsam, wobei der letzte Pfiff fehlte, und Beigbeder war informativ. "Ein französischer Roman" werde ich wohl auch lesen. Aber Babel war unglaublich und ganz anders, als ich erwartet habe. Wirklich ein poetisches Werk. Bei diesem Thema fast ein Wunder.
Jetzt lese ich mit Genuss die "Tagebücher" von Sandoi Marai in neuer Auflage und zwei Bänden - "Literat und Europäer" und "Unzeitgemäße Gedanken". Kannte bisher nur die gekürzte Fassung vom "Oberbaum Verlag", insbesondere, da natürlich interessant, die letzten Jahre vor seinem Selbstmord. Piper hat zwei dickere Klopper herausgebracht, die nun die Kriegsjahre enthalten. Weitere sind wohl in Planung. Ein wahrer Gewinn für jeden Leser. Marai ist in seinen Tagebüchern noch besser als in den Romanen.
Art & Vibration
Ja, Babel ist einfach großartig. Wie hat mich das gefesselt. Und dann... bei aller Brutalität diese Poesie, fast unvereinbare Größen, möchte man meinen.
Houellebecq und Beigbeder, insbesondere Letzteren würde ich heute nicht mehr lesen wollen. Allerdings, wenn Verfilmungen kommen schaue ich sie mir an.
Von Белые Росы (1983), kennst Du bestimmt, gibts übrigens einen Neuverfilmung. Ganz witzig gemacht, auch nicht einfach neu verflmt, sondern anderes Szenario.
Белые Росы 2. Возвращение (2014)
Ansonsten zum 9. Mai natürlich wieder Kriegsfilme ohne Ende auf allen Kanälen.
Darunter auch А зори здесь тихие, einer meiner Lieblingsfilme, und für mich überraschend: 2015 ebenfalls neu verfilmt.
Ach ja, und ebenfalls überraschend, eine Zusammenarbeit zwischen Belarusfilm, ARTE und ZDF. Stark gemacht. Sehr beklemmend: Im Nebel (hier auf Deutsch). Lief dort am 8. oder 9. Mai.
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[i]Poka![/i]
Zitat von Taxine im Beitrag #12
Die Geduld habe ich. Eine schöne Reise für dich.
Postnow habe ich gestern bis in die Nacht ausgelesen. Das Buch hat mich völlig überrascht und umgehauen. Fing zwar schon gut an, aber nie hätte ich erwartet, dass es genau meinen Nerv trifft.
Unglaublich, was der Schriftsteller geschafft hat. Ich nehme an, wenn drei Menschen diesen Roman lesen, haben alle eine andere Wahrnehmung von dem Geschehen und eine unterschiedliche Deutung der Ereignisse. Nach so etwas suche ich ja. Mit so etwas habe ich gar nicht gerechnet. Am Ende sitzt man und grübelt nach, was da nun wirklich geschehen ist. Bezüge zur russischen Literatur, zu den Griechen, Hölderlin, Empedokles... alles drin. Und eine freie Barriere der Interpretation. Ein Buch zum Wiederlesen, das einen nicht loslässt. Teilweise gemischte Realität und Fantasie. Die dunkle und helle Seite, Tod und Leben, Liebe und Gleichgültigkeit. Traum und Alltag. Einfach der Wahnsinn.
Und der britischen Literatur… :) Ich kann diese bedingungslose Begeisterung leider nicht ganz teilen und bin bisher etwas zwiegespalten. Der Autor bemüht sich zwar, durch literarische Bezüge und dem "Bücherfreund" als Hauptprotagonisten den Roman qualitativ "anzuheben", jedoch verlässt er meiner Meinung nach sprachlich und inhaltlich die Sphäre der U-Literatur nicht. Wie mit den Literaturbezügen, die teilweise wie eingeschoben, drapiert wirken, hat man auch mit einer oft blütenreichen Sprache versucht, den Roman aufzuwerten. Leider wirkt er sprachlich dadurch oftmals zu bemüht (was natürlich auch an einer übereifrigen und stilistisch unsicheren Übersetzern liegen kann). Auch sind so einige Ungereimtheiten drin. Warum z.B. wird die verstorbene Alte rituell als Jungfer, ich nenne es mal: ausgesegnet, wenn Tonja doch ihre Enkelin ist, wie sie selbst gesagt hat. Überhaupt erscheint mir die ganze Beschreibung der Kindheitsszenen als vollkommen unrealistisch. Das Alter von 10, 11 Jahren passt einfach nicht zu den Beschreibungen und Handlungen. Hätte man es auf vielleicht 13 Jahre angehoben, dann wäre es noch schlüssig. Aber gut. Bisher ist es unterhaltsam und so werde ich die Lektüre fortfahren, und vielleicht auch meine Meinung noch mal ändern :) :P
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[i]Poka![/i]
Zitat von Taxine im Beitrag #10
Kawerin? Würde von ihm auch gerne wieder etwas lesen. Wie ist das Buch?
Das doppelte Porträt ist ziemlich trockener Stoff. Was hast Du schon von ihm gelesen? Und wie war Dein Eindruck dazu?
und kennst Du César Aria? Das müsste doch Deinem Geschmack entsprechen. Magischer Realismus. Vielleicht können wir zusammen mal das Büchlein "Was habe ich gelacht" lesen.
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[i]Poka![/i]
Bei Postnow ist alles in der Schwebe. Das ist gerade das, was mir gefallen hat und was erst im Laufe der Geschichte sichtbarer wird. Das Ende dann besonders, da es den Leser nahezu vor den Kopf stößt und man sich nun mit Rückblick auf das ganze Geschehen an einer Erklärung versucht, was tatsächlich passiert ist. Hier wechseln auch Wirklichkeit, Geisterwelt und Geschwätz, so dass die verrückte Alte nicht wirklich eine Jungfer ist, sondern lediglich von den Menschen so gesehen wird. Häufig ist das Erzählte auch ein verborgener Verweis auf eine andere Geschichte. Mit Logik kann man da nicht richtig herangehen, besonders, weil der Geist der Alten ja in die Enkelin fährt (ich hoffe, du bist da schon) und die Zeremonie des Todes mit der Kinderhochzeit verbunden wird (so ich es noch im Kopf habe). Ich will jetzt nicht zu viel erzählen, aber so, wie es scheint, ist es nicht. Es gibt immer Traumwelt und Wirklichkeit, Schein und Sein. Da steckt auch viel unter dem Erzählten.
Und ja. Das Eingeschobene an Literaturbezügen hat mich teilweise auch etwas gestört, war aber nicht tragisch. Da kam wohl der Philologe durch. Schade, dass es von Postnow nicht mehr gibt.
Cesar Aira - ha, wie kommst du denn auf den? Von ihm habe ich "Die Mestizin" herumliegen und wollte mir damit einen ersten Eindruck von ihm machen. Den Autor hatte mir ein Freund auch empfohlen, der meinen Lesegeschmack teilt. Wenn mich das Buch anspricht, dann gerne. Überhaupt könnten wir mal wieder ein Buch zusammen lesen.
Kawerin ist lange her. Ich las "Zwei Kapitäne" und mein Eindruck war gut. Es war spannend erzählt, besonders aus der Sicht des Kindes.
Und momentan lese ich tatsächlich doch den 1000-Seiten-Roman von Haratischwili "Das achte Leben". Bisher sehr gut. Ein Familienepos mit Blick auf die Geschichte Russlands, Georgiens usw. Könnte dir vielleicht auch gefallen. Ist natürlich viel Stoff.
Kennst du "Zwischenspiel" von Monika Maron? Das ist eigenartig, finde ich. Ganz anders. Auch mit Geistern, und sogar Honecker tritt als Geist auf. Die Geschichte war recht unterhaltsam, aber letztendlich irgendwie jugendhaft geschrieben.
Art & Vibration
Zitat von Taxine im Beitrag #24
Kennst du "Zwischenspiel" von Monika Maron? Das ist eigenartig, finde ich. Ganz anders. Auch mit Geistern, und sogar Honecker tritt als Geist auf. Die Geschichte war recht unterhaltsam, aber letztendlich irgendwie jugendhaft geschrieben.
Ja, hab ich 2017 gelesen. Ganz nette Unterhaltung aber eben doch etwas simpel gestrickt. Mit Stille Zeile Sechs beispielsweise kann das nicht mithalten. Aber man muss es angesichts des Alters der Autorin eher als Auseinandersetzung mit dem Tod und eine Abrechnung mit den "Geistern" der Vergangenheit verstehen, denke ich. Weniger als tatsächliche Geistergeschichte... sozusagen :)
Die Intertextualität Postnows erfolgt quasi mit Ansage. Im Boxen würde man das einen Schwinger nennen. Das ist für einen Philologen ehrlich gesagt nicht besonders clever. Das hätte er anders lösen können. Er hätte durchaus den Hauptprotagonisten als Literaturliebhaber charakterisieren, die Literaturbezüge des Erzählers jedoch versteckt einweben können, ohne uns den literarisch allwissenden Erzähler zu präsentieren. Das hätte sich nicht ausgeschlossen. Er hätte damit eine weitere Ebene geschaffen und die Literaturwissenschaft hätte sich daran die Zähne ausgebissen. So wirkt es dann leider wie leichte Unterhaltung. Überhaupt beruht mir das alles letztlich viel zu platt auf männlicher Phantasie. Seine erste Verführerin trifft er später als Prostituierte wieder und verbringt ein paar einsame, erfüllende Tage mit ihr, die sich ihm auf körperlicher Ebene voll und ganz hingibt.
Ich glaube auch nicht, dass die Alte "Hexe" als Geist in Tonja fährt. Das sollen wir nur denken. Letztlich ist alles nur auf den verwirrenden Dorfaberglauben gegründet, wie man ihn vielfach im Osten findet. Wenn ich das richtig sehe dann nennt Tonja die Alte auch nur ihre Großmutter. Tatsächlich müsste sie aber die Schwester Tonjas Großmutter sein. Tonjas eigentliche Großmutter müsste die durch den Bruder des Jungen Großvater Geschändete sein, die sich geistig umnachtet das Leben genommen hat (was aus Tonja und dem Jungen bzw. Erzähler wiederum Verwandte machen könnte). So wäre die angebliche "Großmutter", die Hexe also tatsächlich eine Jungfer und die Zeremonie wieder schlüssig. Und alles was wir bei der Zeremonie erleben, wird durch die sich bereits ankündigende schwere fieberhafte Erkrankung des Erzählers, also des Jungen verzerrt. (Dafür spricht z.B. schon der ihm unendlich erscheinende Weg zum und das übergrell erleuchtete Haus). Das Einzige, was mir bisher wirklich mystisch und in der Schwebe erscheint, ist das Gespenst, das hier und da mal auftaucht :)
Aber ich will Dir die Begeisterung für den Roman keineswegs nehmen. Wie Du eingangs schon gesagt hast, jeder wird dieses Buch anders lesen. Und genau da wird es ja erst spannend. Du hast unbestritten mehr Phantasie als ich und dadurch schon eine andere Lesart. Wir können also sehr gerne weiter über das Buch diskutieren.
Für 1.000 Seiten bin ich ganz ehrlich nicht imstande :)
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Zitat von LX.C im Beitrag #25
Überhaupt beruht mir das alles letztlich viel zu platt auf männlicher Phantasie. Seine erste Verführerin trifft er später als Prostituierte wieder und verbringt ein paar einsame, erfüllende Tage mit ihr, die sich ihm auf körperlicher Ebene voll und ganz hingibt.
Hatte er sie nicht gekauft und sie das Ganze dann "professionell" abgewickelt? Hier dann seine Zuneigung und Liebe gegenüber ihrer Gleichgültigkeit oder Wut, weil er dafür Geld hingeblättert hat. So zumindest hatte ich es an der Stelle verstanden. Später klärt sich das noch auf.
Zitat von LX.C im Beitrag #25
Ich glaube auch nicht, dass die Alte "Hexe" als Geist in Tonja fährt. Das sollen wir nur denken.
Das glaube ich auch nicht. Hier öffnet sich die Fantasie des Erzählers oder vielmehr erlebt der Leser seine verwirrte Sicht. Das meinte ich ja, dass die Traumwelt schnell mit der Wirklichkeit wechselt. Das, was wir als Leser erfahren, ist nicht immer die Realität, sondern der innere Blick. Gleichzeitig wird die Geschichte von außen betrachtet und später dann ganz rational, wie es wohl tatsächlich war.
Art & Vibration
Zitat von Taxine im Beitrag #26Zitat von LX.C im Beitrag #25
Überhaupt beruht mir das alles letztlich viel zu platt auf männlicher Phantasie. Seine erste Verführerin trifft er später als Prostituierte wieder und verbringt ein paar einsame, erfüllende Tage mit ihr, die sich ihm auf körperlicher Ebene voll und ganz hingibt.
Hatte er sie nicht gekauft und sie das Ganze dann "professionell" abgewickelt? Hier dann seine Zuneigung und Liebe gegenüber ihrer Gleichgültigkeit oder Wut, weil er dafür Geld hingeblättert hat. So zumindest hatte ich es an der Stelle verstanden. Später klärt sich das noch auf.
Ja klar. Sag ich doch. Er hat sie von ihrem Zuhälter gekauft. Und Jahre zuvor hat sie ihm im Museum bereits gestanden, dass sie eine "Hure" ist. Und ihre Mutter, die Kinderbuchautorin war es angeblich auch schon, eine Prostituierte. Das ist mir dann doch alles zu weit hergeholt. Und dann sitzt sie wenig später mit ihrem Mann, einem Diplomaten, mit dem sie schon Jahre verheiratet gewesen sein soll, bei ihrer Freundin Nastja, die sich dann wieder in den Erzähler verliebt. Also ehrlich. Deren Liebesgescichte finde ich im Zusammenhang mit den Kiew Schilderungen allerdings ganz schön.
Aber richtig, da soll doch dann noch das zweite, "unliterarische" Buch kommen. Na mal sehen was mich da erwartet :)
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[i]Poka![/i]
Zitat von Taxine im Beitrag #20
so aus nostalgischen Gründen und im Rückblick an Zeiten, wo mich bestimmte Bücher gefesselt haben. Daher Isaak Babel "Die Reiterarmee", [
Ich weiß nun nicht, ob Babel der russische Proust oder der russische Kafka ist, oder sein soll, aber Babel ist einer der merkwürdigsten und mir liebsten Dichter in der Garde der großen Russen.
Nun zu meiner Frage: Die Hanser Ausgabe, Isaak Babel - Mein Taubenschlag, hier dann:
https://www.hanser-literaturverlage.de/b...-3-446-24345-3/
Sind in der Hanser-Ausgabe Texte enthalten, die in der Ausgabe der Friedenauer Presse, oder der der Büchergilde Gutenberg - nicht enthalten sind?
Ansonsten und zur Zeit einmal wieder einen längeren Aufenthalt beim guten alten Vigoleis und Gogol. Thelen ist mir lieber als der Trave-Thomas, auch wenn das eine lästerliche Blasphemie und wüste Ketzerei sein mag, für sicherlich nicht wenige Zeitgenossen, aber auch Kleist war mir schon immer lieber als Schiller.
Grüße in die Runde
(Ist hier noch jemand in der inneren Emigration?)
Zitat von Patmöser im Beitrag #28
Ich weiß nun nicht, ob Babel der russische Proust oder der russische Kafka ist, oder sein soll, aber Babel ist einer der merkwürdigsten und mir liebsten Dichter in der Garde der großen Russen.
(...)
Sind in der Hanser-Ausgabe Texte enthalten, die in der Ausgabe der Friedenauer Presse, oder der der Büchergilde Gutenberg - nicht enthalten sind?
Hi Patmos. Erst einmal liebe Grüße zurück. Babel hat einen so einmaligen Erzählstil, dass Proust oder Kafka da fast gar nicht herankommen. Babel ist ja ganz Poet, selbst im tragischen Kriegsschaubild. Ob Proust das je geschafft hätte? Obwohl, der hatte ja auch zu kämpfen, am meisten mit sich selbst. Und Kafka ist dagegen dann doch eher trocken und "gekürzt". Babel schafft es mit drei Worten und einem Bild fast alles zu sagen, ohne es direkt auszusprechen. Das hat mich immer wieder umgehauen.
In den Memoiren von Erwin Sinko berichtet dieser ziemlich oft von Babel, da er in jenen schweren Jahren eine Weile mit ihm zusammenlebte. Sinko, der zu der Zeit noch sehr Naive, schrieb Beschwerdebriefe und führte Babel als Zeugen und als Autorität des "Mosfilms" an, um sich dann zu wundern, dass Babel vor Gericht nicht für ihn einstand bzw. aussagte. Als Mensch, wie man so sagt, war Babel eher feige und auch eigenartig, als Poet dagegen großartig.
Zu deiner Frage. Ich selbst habe die Ausgabe vom Walter-Verlag gelesen, "Budjonnys Reiterarmee und anderes. Das erzählende Werk".Die umfasst nur etwa 300 Seiten. Darin enthalten sind drei Teile. "Die Reiterarmee", "Geschichten aus Odessa" und autobiografische Erzählungen ("Im Keller", "Erwachen", Guy de Maupasssant", "Anfang" und "Der Weg".) Da wirst du im "Taubenschlag" sicherlich mehr Auswahl haben, wenn über 800 Seiten zu lesen sind. Und wie ist die Übersetzung?
Art & Vibration
Zitat
Und Kafka ist dagegen dann doch eher trocken und "gekürzt". Babel schafft es mit drei Worten und einem Bild fast alles zu sagen, ohne es direkt auszusprechen. Das hat mich immer wieder umgehauen.
Hallo liebes Taxinchen,
auch wenn es über dem ungetauften Fleisch an meinen Knochen nun Donner, Schwefel und Verdammnis regnen wird - ich empfinde Kafka als langweilig und öde, oft.
Babel findet für das tägliche Grauen des Bürgerkrieges immer wieder eine höchst poetische Sprache, die ebenso beklemmend wie erregend und erstaunlich ist.
Ich habe hier eine Ausgabe de Büchergilde Gutenberg, Darin enthalten sind die Reiterarmee, Erzählungen aus dem Zyklus Linie und Farbe, die beiden Paris-Erzählungen und die autobiographischen Erzählungen, darunter Taubenschlag und im Keller. Dieses Buch hat 339 Seiten, wenn nun die Hanser-Ausgabe 800 Seiten hat, dann wird es wohl Zeit sich die Ausgabe zu bestellen.
Zitat
Als Mensch, wie man so sagt, war Babel eher feige und auch eigenartig, als Poet dagegen großartig.
Wer weiß, ich könnte meine Hand nicht dafür in's Feuer legen, das ich unter dem totalitären Regime des blutigen Georgiers ein tapferer Held des Widerstands und des Widerspruchs gewesen wäre. Die Zeiten der Bestien und Völkerschlächter gehen wohl niemals vorbei, sind niemals nur Geschichte.
Grüße von der Ostsee