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Hirngespinste

Austausch zwischen Literatur und Kunst


#46

RE: Geschichten

in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 04.02.2010 18:35
von Patmöser • 1.121 Beiträge

Zitat von Bea
Was da die Religionen alles für sich auslegen Patmöser, dass ist zum weinen!



Ja, Bea, die monotheistischen Religionen sind das Unglück und Leid der Menschheit.
Keine, abolut keine Toleranz mehr gegenüber Intoleranten, niemals.

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#47

RE: Geschichten

in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 04.02.2010 19:56
von marlenja • 303 Beiträge

Zitat von Patmöser
Über..... Religion zu reden ist wahnverlorene Zeit.



Warum sprichst Du denn so viel davon lieber Peter?

Komm - erzähl doch was von Dir
was Du erlebet hast grad heut
wo Du gewesen in Gedanken - Büchern
was Dich von Herzen hat erfreut.

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#48

RE: Geschichten

in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 04.02.2010 19:56
von Patmöser • 1.121 Beiträge

Vielleicht dieses Gedicht hier als Erklärung, für meine nicht ganz so tief vergeistigte Rabulistik, wenn es um Gott, Gottes Liebe und auch die Gnade Gottes geht. Und auch wegen der Geschichte und den - Geschichten:

Kinderschuhe aus Lublin

Von all den Zeugen, die geladen,
vergess ich auch die Zeugen nicht.
Als sie in Reihn den Saal betraten,
erhob sich schweigend das Gericht.

Wir blickten auf die Kleinen nieder,
ein Zug zog paarweis durch den Saal.
Es war, als tönten Kinderlieder,
ganz leise, fern, wie ein Choral.

Es war ein langer bunter Reigen,
der durch den ganzen Saal sich schlang.
Und immer tiefer ward das Schweigen
bei diesem Gang und Kindersang.

Voran die Kleinsten von den Kleinen,
sie lernten jetzt erst richtig gehn
- auch Schuhchen können lachen, weinen -,
ward je ein solcher Zug gesehn?

Es tritt ein winzig Paar zur Seite,
um sich ein wenig auszuruhn,
und weiter zieht es in die Weite -
es war ein Zug von Kinderschuhn.

Man sieht, wie sie den Füßchen passten -
sie haben niemals weh getan,
und Händchen spielten mit den Quasten,
das Kind zog gern die Schuhchen an.

Ein Paar aus Samt, ein Paar aus Seiden,
und eines war bestickt sogar
mit Blumen, wie sie ziehn, die beiden,
sind sie ein schmuckes Hochzeitspaar.

Mit Bändchen, Schnallen und mit Spangen,
zwerghafte Wesen, federleicht -
und viel sind viel zu lang gegangen
und sind vom Regen durchgeweicht.

Man sieht die Mutter, auf den Armen
das Kind, vor einem Laden stehn:
"Die Schuhchen, die, die weichen, warmen,
ach Mutter, sind die Schuhchen schön!"

"Wie soll ich nur die Schuhchen zahlen.
Wo nehm das Geld ich dafür her...."
Es naht ein Paar von Holzsandalen,
es ist schon müd und schleppt sich schwer.

Es muss ein Strümpfchen mit sich schleifen,
das wund gescheuert ist am Knie....
Was soll der Zug? Wer kann `s begreifen?
Und diese ferne Melodie....

Auch Schuhchen können weinen, lachen....
Da fährt in einem leeren Schuh
ein Püppchen wie in einem Nachen
und winkt uns wie im Märchen zu.

Hier geht ein Paar von einem Jungen,
das hat sich schon als Schuh gefühlt,
das ist gelaufen und gesprungen
und hat auch wohl schon Ball gespielt.

Ein Stiefelchen hat sich verloren
und findet den Gefährten nicht,
vielleicht ist der am Weg erfroren -
ach, damals fiel der Schnee so dicht....

Zum Schluss ein Paar, ganz abgetragen,
das macht noch immer mit, wozu?
Als hätte es noch was zu sagen,
ein Paar zerrissener Kinderschuh.

Ihr heimatlosen, kinderlosen,
wer schickte euch? Wer zog euch aus?
Wo sind die Füßchen all, die bloßen?
Ließt ihr sie ohne Schuh zu Haus?

Der Richter kann die Frage deuten.
Er nennt der toten Kinder Zahl.
....ein Kinderchor. Ein Totenläuten.
Die Zeugen gehen durch den Saal.

Die Deutschen waren schon vertrieben,
da fand man diesen schlimmen Fund.
Wo sind die Kinder nur geblieben?
Die Schuhe tun die Wahrheit kund:

Es war ein harter dunkler Wagen.
Wir fuhren mit der Eisenbahn.
Und wie wir in dem Dunkel lagen,
so kamen wir im Dunkel an.

Es kamen aus den Ländern allen
viel Schuhchen an in einem fort,
und manche stolpern schon und fallen,
bevor sie treffen ein am Ort.

Die Mutter sagte: "Wie viel Wochen
wir hatten schon nichts Warmes mehr?
Nun werd ich uns ein Süppchen kochen."
Ein Mann mit Hund ging nebenher:

"Es wird sich schon ein Plätzchen finden",
so lachte er, "und warm ist`s auch,
hier braucht sich keiner abzuschinden...."
bis in den Himmel kroch ein Rauch.

"Es wird euch nicht an Wärme fehlen,
wir heizen immer tüchtig ein.
Ich kann Lublin nur warm empfehlen,
bei uns herrscht ewiger Sonnenschein."

Und es war eine deutsche Tante,
die uns im Lager von Lublin
empfing und "Engelspüppchen" nannte,
um uns die Schuhchen auszuziehn,

und als wir fingen an zu weinen,
da sprach die Tante: "Sollt mal sehn,
gleich wird die Sonne prächtig scheinen,
und drum dürft ihr jetzt barfuss gehn....

Stellt euch mal auf und lasst euch zählen,
so, seid ihr auch hübsch unbeschuht?
Es wird euch nicht an Wärme fehlen,
dafür sorgt unsere Sonnenglut....

Was, weint ihr noch? `s ist eine Schande!
Was tut euch denn, ihr Püppchen, weh?
Ich bin die deutsche Märchentante!
Die gute deutsche Puppenfee.

`s ist Zeit, ihr Püppchen, angetreten!
Was fällt euch ein denn, hinzuknien.
Auf, lasst uns singen und nicht beten!
Es scheint die Sonne in Lublin!"

Es sang ein Lied die deutsche Tante.
Strafft sich den Rock und geht voraus,
und dort, wo heiß die Sonne brannte,
zählt sie uns nochmals vor dem Haus.

Zu hundert, nackt in einer Zelle,
ein letzter Kinderschrei erstickt....
Dann wurden von der Sammelstelle
die Schuhchen in das Reich geschickt.

Es schien sich das Geschäft zu lohnen,
das Todeslager von Lublin.
Gefangenenzüge, Prozessionen.
Und - eine deutsche Sonne schien....



Wenn Tote einst als Rächer schreiten
und über Deutschland hallt ihr Schritt
und weithin sich die Schatten breiten -
dann ziehen auch die Schuhchen mit.

Ein Zug von aber tausend Zwergen,
so ziehen sie dahin in Reihn,
und wo die Schergen sich verbergen,
dort treten sie unheimlich ein.

Sie schleichen sich herauf in Stiegen,
sie treten in die Zimmer leis.
Die Henker wie gefesselt liegen
und zittern vor dem Schuldbeweis.

Es wird die Sonne brennend scheinen.
Die Wahrheit tut sich allen kund.
Es ist ein großes Kinderweinen,
ein Grabgesang aus Kindermund....

Der Kindermord ist klar erwiesen.
Die Zeugen all bekunden ihn.
Und nie vergess ich unter diesen
die Kinderschuhe aus Lublin.

Johannes R. Becher

(Immer wenn ich dieses Gedicht gelesen, dann bin ich lange Zeit sehr still...)

zuletzt bearbeitet 04.02.2010 20:08 | nach oben springen

#49

RE: Geschichten

in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 04.02.2010 20:29
von Bea • 680 Beiträge

Ja das Gedicht haben wir auch in der Schule behandelt und geht mir nie mehr aus dem Kopf!




Der Bezug des Menschen zu Orten und durch Orte zu Räumen beruht im Wohnen. Bauen/ Wohnen/ Denken - Heidegger Martin

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#50

RE: Geschichten

in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 04.02.2010 20:34
von marlenja • 303 Beiträge

Zitat von Patmöser

(Immer wenn ich dieses Gedicht gelesen,
dann bin ich lange Zeit sehr still...)



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#51

RE: Geschichten

in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 05.02.2010 15:57
von Taxine • Admin | 6.678 Beiträge

Zitat von marlenja
Du hast richtig gefühlt mArtinus: Es war ein Vorwurf - einer an Patmöser.



Ach so, der Disput war mehr zwischen euch - marlenja und Patmos. Zum Glück, ich dachte schon, ich müsste mich irgendwann noch dafür rechtfertigen, in einem Literaturforum über Literatüüüür zu reden.

Zum Thema selbst noch einmal zurückgekehrt, denn auch allgemein ist es ein schönes Thema, spricht mir Maxim Gorki aus der Seele. Der sagte:
Je mehr ich las,
umso näher brachten die Bücher mir die Welt,
um so heller und bedeutsamer wurde für mich das Leben.


Das könnte ich so unterschreiben, ohne dass mir die Hand zittrig wird.




Art & Vibration
zuletzt bearbeitet 05.02.2010 15:59 | nach oben springen

#52

RE: Geschichten

in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 05.02.2010 16:23
von Patmöser • 1.121 Beiträge

Zitat von Taxine

Zitat von marlenja
Du hast richtig gefühlt mArtinus: Es war ein Vorwurf - einer an Patmöser.



Ach so, der Disput war mehr zwischen euch - marlenja und Patmos. Zum Glück, ich dachte schon, ich müsste mich irgendwann noch dafür rechtfertigen, in einem Literaturforum über Literatüüüür zu reden.




Das war mehr - univok. Wegen der klirrenden Fahnen im Winde!
(Hat aber geendet. Sonsten schrühbe ich hier - nicht mehr.)

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