HirngespinsteAustausch zwischen Literatur und Kunst |
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Auf die Schnelle ans Helle - Die kleine Präsentation
in Buchvorschläge 24.04.2010 18:15von LX.C • 2.821 Beiträge
Andrea Maria Schenkel - Tannöd (2006)
Sehr innovativer Aufbau. Bis dato einzigartig? Eine extradiegetische, also außerhalb der Ebene des Erzählten stehende Erzählinstanz kommt nur in wenigen Teilen vor. Die allerdings hätten mehr ausgestaltet, ausgearbeitet werden können. Das ist aus meiner Sicht ein leichtes Minus für den Roman, der so über einen einfachen Duktus nicht hinauskommt und ein wirkliches "Eintauchen" verhindert, oder anders ausgedrückt, eine affektive Grundstimmung wird kaum erzeugt oder immer wieder unterminiert.
Die Detektiv- oder Ermittlerfigur fällt ganz weg. Der Leser wird in Teilen selbst zum "Gegenüber". Was wiederum die Frage aufwirft, ob jener vermisste affektive Moment überhaupt erwünscht ist oder man technisch beabsichtigt "professionell" sachlich bleiben soll. Man weiß ja nicht, wie diese Krimi-Fans ticken Alles in allem sei hiermit eine Empfehlung ausgesprochen
Ach so, worum geht es überhaupt? Um eine Familientragödie. Kollektives Wegschauen. Und ein Massaker. Aber das wissen die Meisten sicher aus den Medien, die den Roman "Tannöd" hofierten.
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[i]Poka![/i]
RE: Auf die Schnelle ans Helle - Die kleine Präsentation
in Buchvorschläge 24.04.2010 20:18von LX.C • 2.821 Beiträge
Es entspricht keiner "Judenbuche" oder dem "Verbrecher aus verlorener Ehre", aber ich denke, es hebt sich deutlich von dem vielmals umsagten heutigen Krimischund ab. Lies mal, und sag du's mir. Mir fehlen dann doch die Vergleichsmomente. Ein paar Stunden vor Anker reichen.
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[i]Poka![/i]
RE: Auf die Schnelle ans Helle - Die kleine Präsentation
in Buchvorschläge 25.06.2010 11:39von LX.C • 2.821 Beiträge
Bereska - Kolberger Hefte (2007)
Bereska ist einfach großartig. Irgendwie eine Mischung aus Bukowski, mit vielen Einblicken in die DDR Künstlerszene. Da finden sich ungewollt immer wieder eine Menge Kollegen ein, mit denen Bereska versackt. Oder aus einem Nachmittagsspaziergang wird ein Kneipengang bis in die frühen Morgenstunden.
Dazu kritische Anmerkungen zur Lebenswelt DDR, die über diese lange Zeitspanne (1967-1990) anschaulich deren zunehmenden Verfall skizzieren. Und außenpolitische Themen. RAF und Terror haben ihn scheinbar sehr beschäftigt. Auch hier bekommt man einen "Zeitstrahl" der historischen Ereignisse kredenzt und kommentiert. Weitere Konstanten bilden die Natur (Kolberg) und, wie könnte es anders sein, die Literatur.
"Wo man immerfort nach Helden schreit, lebt es sich ungemütlich." (S. 126)
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[i]Poka![/i]
RE: Auf die Schnelle ans Helle - Die kleine Präsentation
in Buchvorschläge 07.07.2010 00:31von LX.C • 2.821 Beiträge
Das (von den Herausgebern herbeigeführte) Ende der Kolberber Hefte ist eine runde Sache.
"Kolberg ist mir seit dem barbarischen Pappelkill entfremdet." (S. 307)
Zu kritisieren sind die Anmerkungen, alles was man sucht (Erklärungen zum Umkreis Bereskas; Personen, die auf ersten Seiten vorkommen, werden eigenartigerweise noch erklärt, dann nicht mehr) findet man nicht, dafür bekommt man Cicero, Felix Krull, Gorbi u.a. Personen des Allgemeinwissens kredenzt, als wäre man Sonderschüler. Ein echtes Ärgernis.
(Zitate: Bereska, Henryk: Kolberger Hefte, Frankfurt a.M./Wien/Zürich 2007.)
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RE: Auf die Schnelle ans Helle - Die kleine Präsentation
in Buchvorschläge 05.03.2011 11:28von Martinus • 3.195 Beiträge
Giovanni Bonalumi: Die Geiseln
Im Jahre 2010 wurde erstmals ein Prosawerk des im Tessin geborenen Autors Giovanni Bonalumi ins Deutsche übertragen: „Die Geiseln“, sein Romanerstling, veröffentlicht im Jahre 1954, gilt als sein bestes Werk. Das andere Werk ist bisher dem deutschen Sprachraum verschlossen geblieben. „Die Geiseln“ sind die Geiseln Gottes in einem Priesterseminar. Dass dieser Roman autobiographisch gefärbt ist, können wir im ausführlichen Nachwort von Danielle Benzonelli lesen, darin wir wir auch einen Einblick in das Leben des Autors bekommern, mit zahlreichen Schwarzweißfotografien. Ein editorisch sehr gelungener Bücherschatz des Verlages Huber, der sich um „bemerkenswerte literarische Texte aus der mehrsprachigen Schweiz“ (so der Verlag) bemüht.
Erzählt wird die Geschichte Jungen, der nach dem Tod seines Vaters, mit elf Jahren in ein Priesterseminar eintritt, seine Mutter damit eigennütziges verbindet, kann sie doch später in das Haus eines Priesters einziehen, wenn Emilio Pfarrer geworden ist, damit ihre Zukunft gesichert ist. Die Fäden werden so gesponnen, dass Emilio ein Treffen mit seinem Pfarrer des Dorfes hat, der ihm ins Ohr legt, Gott suche
Zitat von Bonalumi
...von Zeit zu Zeit unter seinen Getreuen eine Seele aus und erhebt sie über alle anderen.
Es wird ihm nahe gelegt, ins Priesterseminar einzutreten, natürlich müsse er noch mit seiner Mutter sprechen, außerdem wurde er im Seminar eine höhere Schule besuchen, in der Freizeit könne er Fußballspielen. Hier sieht man doch schon, wie der Junge mehr oder weniger überrumpelt wird, Emilio keine Ahnung hat, was ihm im Priesterseminar erwartet, er schließlich Ja und Amen sagt, obwohl seine Gedanken ganz woanders sind. Ein spielerischer gesunder Junge wird in die Soutane gepresst und dem Priesterseminar ausgeliefert. Emilio sich immer wieder die Frage gegenwärtigt, warum er sich für diesen Weg entschieden hat.
Zitat von Bonalumi
Eine Präfektenstimme löcherte im Halbdunkel unsere Trommelfelle...
Zitat von Bonalumi
Der Präfekt stieg zwischendurch von seinem Podest, ging zwischen den Bänken auf und ab. Und schon hagelte es Ohrfeigen. Warum wußte eigentlich niemand
.
Emilio bekommt die Diktatur im Priesterseminar zu spüren, erlebt Demütigungen, Ausgrenzung und Einsamkeit. Die Erziehung ist erschreckend Körperfeindlich, die Sexualunterdrückungsmaschinerie läuft, und man fragt sich immer wieder, warum Menschen so etwas durchmachen müssen (oder wollen?).
Zitat von Bonalumi
Warum soll ich das verdrängen, worauf ich verzichten muß.
Ein Roman wird meist lesbar erst durch seine Prosa. Bonalumi schreibt in kurzen Sätzen, dabei er verschiedene Vorkommnisse nur andeutet. Dazu möchte ich zwei Beispiele anführen: Dem Jungen wird nicht sofort gesagt, sein Vater sei gestorben. Der Leser ahnt das nur, und der Autor lässt eine Ungewissheit und gedrückte Stimmung über Emilio schwelen, die sich auf den Leser überträgt. Bonulimo schafft es in gleich gekonnter Art und Weise, eine homoerotische Beziehung zwischen Seminaristen anzudeuten. Dadurch wird Spannung erzeugt, Plattheiten werden verhindert und Bonalumi's erster Roman wird als eine gute Leseempfehlung durchgehen.
Liebe Grüße
mArtinus
„Wäre die Erde eine Bank, dann hättet Ihr sie bestimmt schon gerettet!" (Greenpeace)
RE: Auf die Schnelle ans Helle - Die kleine Präsentation
in Buchvorschläge 14.03.2011 08:47von LX.C • 2.821 Beiträge
Ricarda Junge - Die komische Frau (2010)
Drei Gespenster gehen um, in einem der Vorzeigebauten der ehemaligen DDR nähe Karl-Marx-Allee, in dem nur systemtreue Elite wohnte. Sie heißen Sozialismus, Stasi und Elke Wedekind. Die Autorin und freie Journalistin Lena, die im Westen aufgewachsen ist, lebt noch gar nicht lange in der Löwestraße Nummer eins in Berlin Friedrichshain und steht schon mit ihrem Kind Adrian alleine da. Plötzlich nimmt sie, ausgelöst durch ihren Sohn, der immer verängstigt von einer komischen Frau spricht, unheimliche Begebenheiten wahr. Offene Schränke, aufgeschlagene Zeitschriften, glühende Herdplatten, aufgerissene Fenster und vieles mehr. Zunächst zweifelt Lena an ihrem Verstand, denkt an Überspannung aufgrund der Trennungssituation. Doch bei dem Auszug der Familie über ihr, neben Lena die einzigen jungen Menschen im Hausteil Löwestraße, stellt sich heraus, dass die Hausgemeinschaft alte Stasimethoden praktiziert. Allen voran Frau König, die alle Mieter seit den 50erjahren dokumentiert und für alle Wohnungen einen Zweitschlüssel besitzt. Als Lena sie an die Wand drängt und zur Rede stellt, beteuert Frau König, alles nur zum Besten der Hausgemeinschaft zu tun und den solidarischen Geist des Sozialismus wach halten zu wollen. Mit den Vorfällen in Lenas Wohnung will sie aber nichts zu tun haben. Hier muss eine andere Erklärung herhalten namens Elke Wedekind.
Der Kern der Geschichte ist interessant und unterhaltsam, jedoch mit zu vielen langweiligen Beschreibungen unterfüttert, die Lenas Alltagsleben betreffen. Spannende Situationen werden immer wieder durch nichtige und langweilige Abschweifungen unterbrochen. Vielleicht will die Autorin damit die Spannung erhöhen, aber das Gegenteil wird bewirkt. Man ist genervt und verärgert über diese Oberflächlichkeiten, die einem Zeit und dem Roman Zeilen für mehr Tiefe rauben. Hier liegt auch ein wesentlicher Kritikpunkt, das Buch ist nicht dick, das Sujet DDR-Vergangenheit bleibt trotz der guten Idee oberflächlich. Einen tiefgehenden Aufarbeitungsroman wird man hier nicht finden. Schade, damit hätte Junge (*1979) sich in ein zukunftsfähiges, überdauerndes Genre schreiben können.
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RE: Auf die Schnelle ans Helle - Die kleine Präsentation
in Buchvorschläge 30.09.2011 13:58von Martinus • 3.195 Beiträge
Angelika Klüssendorf: Das Mädchen
In unserer Familie bin ich manchmal schief angesehen worden, wenn ich es wagte, das Wort „Scheiße“ in den Mund zu nehmen. Entschuldigt diesen einleitenden Satz, aber ich komme gleich zum Roman. Für mich hat es nie einen Grund gegeben, dieses Wort nicht zu benutzen, wenn es einen Grund dafür gegeben hatte. Wenn der Roman von Angelika Klüssendorf mit dem Euphemismus Scheibenkleister“ begonnen hätte, wäre es ein derber Fehlstart gewesen, denn nur das Wort „Scheiße“, mit dem der Roman beginnt, kann aussagen was gemeint ist. Die Kindheit des Mädchens, das unter Verwahrlosung und Gewalt aufwächst ist „Scheiße“, und im übertragenden Sinn ist auch die DDR gemeint, obwohl Verwahrlosung in Westdeutschland und in anderen Ländern genauso möglich ist.
Zu Beginn des Romans fliegen wirklich Exkremente „durch die Luft“ und all das „landet auf dem Strohhut einer jungen Frau, klatscht auf den Bürgersteig.“
Seit Tagen sind das 12 jährige Mädchen und der sechsjährigen Bruder Alex in der Wohnung eingeschlossen. Da die Toiletten in diesen DDR-Mietshäusern immer ein halbes Stockwerk tiefer sind, müssen sie ihre Ausscheidungen in einem Eimer sammeln. Die Wohnung verdreckt, ein halbe Müllhalde, in der offenbar noch ein Fernseher funktioniert, denn aus dem Fernseher weiß das Mädchen, wie sich Frauen vor den Männern zeigen, wie sie sich halbnackig zeigen, um ihnen zu gefallen. Mit Büstenhalter, rotem Spitzenhöschen und knallrotem Lippenstiftmund bewegt sie sich vor dem Fenster und weiß, dass die Arbeiter aus der Werkzeugfabrik, die gleich Pause haben, zu ihr hinaufschauen werden. Dieses erste Kapitel schon zeigt in bitterer Realität die Verwahrlosung unmittelbarer Umgebung des geschlossenen Raumes und die geistige Verwahrlosung, fehlgeleitete Vorstellung ihrer Identität als künftige Frau durch die sexualisierte Präsentation des weiblichen Geschlechts unkontrolliert aus der Flimmerkiste eingetrichtert (dass sie dauernd vor dem Fernseher hängt, ist nur ganz herrlich fein angedeutet). Der Vater, betrunken, meist gar nicht zu Hause schlägt seine Frau, die Mutter prügelt mit einem Ledergürtel auf das Mädchen ein, die Schwester gibt Watschen an ihren Bruder weiter. Hier ist wirklich gar nichts mehr übrig, was wir als sozial bezeichnen würden. Man mag so etwas wie soziales Chaos bezeichnen. Alles, wirklich alles, gerät aus den Fugen. Der blondgelockte Bruder ist ein Liebling der Mutter und wird in den Augen der Mutter zum bösen Bastard, wenn sie ihre brutale Gewalt an ihm auslässt. Der Verwahrlosung dieser Menschen wird der ramponierte Zustand des Hauses gegenübergestellt, meines Erachtens ein deutlicher Hinweis dafür, dass hier als Metapher die ganze DDR als ein ziemlich desolater Staat gemeint ist. Insuffizient, brüchig, kurz und gut so, wie das erste Wort des Romans. Der Text um das brüchige Haus ist ein sehr schönes Beispiel für die Lakonie des Romantextes.
Zitat von Klüsendorf
Das Haus unterscheidet sich nicht von den anderen Häusern in der Straße, Rußflecke, Einschusslöcher aus dem Krieg, abblätternder Putz.
Lest nach dem ersten Kapitel weiter, wenn ihr noch Nerven dazu habt, denn der Roman ist in seiner lakonischen Art wirklich gut geschrieben. Direkt bezieht sich auf die realistische, ehrliche Darstellung der Misere und vergessen wir jeden Anflug von illusionärer DDR – Romantik. Es war ein Graus damals, nichts anderes. Als das Mädchen ins Heim kommt, erzählen ihr die anderen Mädchen von ihren grausamen Erlebnissen zu Hause. Wenn sie das hört, „erscheint ihr das eigene Schicksal weniger schlimm, die erlebten Demütigungen fast bedeutungslos.“
Es ist schon ein Wunder, dass das Mädchen in dieser Düsternis Strategien entwickelt, um der Hölle zu entkommen. Sie wird von der Mutter geschlagen, und aus Brehms Tierleben kennt sie den Goliathkäfer.
Zitat von Klüssendorf
„Sie stellt sich vor, sie hätte seine Flügel und könnte weit weg fliegen.“
mArtinus
„Wäre die Erde eine Bank, dann hättet Ihr sie bestimmt schon gerettet!" (Greenpeace)
RE: Auf die Schnelle ans Helle - Die kleine Präsentation
in Buchvorschläge 01.10.2011 21:55von LX.C • 2.821 Beiträge
Zitat von Martinus
Dieses erste Kapitel schon zeigt in bitterer Realität die Verwahrlosung unmittelbarer Umgebung des geschlossenen Raumes und die geistige Verwahrlosung, fehlgeleitete Vorstellung ihrer Identität als künftige Frau durch die sexualisierte Präsentation des weiblichen Geschlechts unkontrolliert aus der Flimmerkiste eingetrichtert (dass sie dauernd vor dem Fernseher hängt, ist nur ganz herrlich fein angedeutet).
Da hat sie bestimmt West-Fernsehen geschaut.
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RE: Auf die Schnelle ans Helle - Die kleine Präsentation
in Buchvorschläge 01.10.2011 22:24von LX.C • 2.821 Beiträge
Aber mal ehrlich zu deiner Rezension. Du machst den typischen Fehler. Du schließt von einem erzählten Mikrokosmos auf den Zustand, materiell wie geistig, eines ganzen Landes und stempelst es und damit die Lebenswirklichkeit der Menschen als asozial oder minderwertig ab. Daran krankt die Einheit seit über 20 Jahren: Unverständnis und Ignoranz. Ressentiments zu pflegen ist immer einfacher als sich tief und ehrlich zu beschäftigen.
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RE: Auf die Schnelle ans Helle - Die kleine Präsentation
in Buchvorschläge 01.10.2011 23:57von Martinus • 3.195 Beiträge
Zitat von LX.C
Du machst den typischen Fehler. Du schließt von einem erzählten Mikrokosmos auf den Zustand, materiell wie geistig, eines ganzen Landes und stempelst es und damit die Lebenswirklichkeit der Menschen als asozial oder minderwertig ab.
Nein!
Wie aus folgendem Satz ersichtlich, meine ich die Verwahrlosung als Metapher für den desolaten Staat. Mit "dieser Menschen" beziehe ich mich nur auf die im Roman beschriebene Familie. Auch das ist aus meiner Formulierung ersichtlich, weil ich vorher über diese Familie geschrieben habe.
Zitat von mArtinus
Der Verwahrlosung dieser Menschen wird der ramponierte Zustand des Hauses gegenübergestellt, meines Erachtens ein deutlicher Hinweis dafür, dass hier als Metapher die ganze DDR als ein ziemlich desolater Staat gemeint ist.
Ich habe auch folgendes geschrieben:
Zitat von mArtinus
Die Kindheit des Mädchens, das unter Verwahrlosung und Gewalt aufwächst ist „Scheiße“, und im übertragenden Sinn ist auch die DDR gemeint, obwohl Verwahrlosung in Westdeutschland und in anderen Ländern genauso möglich ist.*
* nachträglich unterstrichen
Es dürfte doch klar sein, dass ich mit DDR/Staat das Staatssystem meine und nicht die Menschen, die dort gelebt haben.
Als Ergänzung: Einen interesssanten Satz fand ich in der Rezension von Friedmar Apel:
Zitat
Manch ein Leser erfuhr da erstmals von einem Milieu, das in der DDR offiziell gar nicht existierte, und war erstaunt über die Ähnlichkeit mit dem, was im Westen als „neue Unterschicht“ beschrieben wurde.
Quelle: faz.net
„Wäre die Erde eine Bank, dann hättet Ihr sie bestimmt schon gerettet!" (Greenpeace)
RE: Auf die Schnelle ans Helle - Die kleine Präsentation
in Buchvorschläge 02.10.2011 12:39von LX.C • 2.821 Beiträge
Gut, aber das Frauenbild, wie Du es in deiner Rezension als das der DDR hervorheben willst, wurde so niemals vermittelt. Sondern das Gegenteil war der Fall. (Auch wenn Frauen durch den Versuch Gleichberechtigung zu schaffen zum großen Teil einer Doppelbelastung ausgesetzt waren - Beruf/Haushalt) Daher meine Bemerkung mit den West-Fernsehen.
Und schließlich schließt du von der kleinen Millieustudie letztlich doch: "Direkt bezieht sich auf die realistische, ehrliche Darstellung der Misere und vergessen wir jeden Anflug von illusionärer DDR – Romantik. Es war ein Graus damals"
Woher bitte willst Du das wissen? Das mag für viele Einzelfälle gelten (ebenso wie in der BRD heute), lässt sich aber bezüglich der Lebenswelt der Menschen im Staat DDR nicht verallgemeinern.
Zitat von Martinus
Zitat: Manch ein Leser erfuhr da erstmals von einem Milieu, das in der DDR offiziell gar nicht existierte, und war erstaunt über die Ähnlichkeit mit dem, was im Westen als „neue Unterschicht“ beschrieben wurde.
Quelle: faz.net
Das ist dann mal ein Satz, dem man nicht widersprechen kann!
PS. Etagenklos gab es nicht in DEN Mietshäusern der DDR. Sondern in unsanierten Altbaubeständen der Vorkriegszeit, die zugegebenermaßen recht zahlreich waren.
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RE: Auf die Schnelle ans Helle - Die kleine Präsentation
in Buchvorschläge 02.10.2011 13:06von LX.C • 2.821 Beiträge
Die DDR war übrigens nicht annähernd so verschuldet wie Griechenland heute. Fällt mir gerade ein. Weil ich aufgrund meiner momentanen Arbeit aufmerksam geworden bin, wie extrem die DDR von Seiten der Bonn-Regierung pleite geredet wurde, um diese "zu übernehmen". Vieles wurde einfach schlecht geredet und vorbehaltlos eingestampft. Und die Menschen waren natürlich zu euphorisiert, sodass dieser Prozess gar nicht von Seiten der neuen DDR-Regierung aufzuhalten war und die BRD die Gunst der Stunde nutzen wollte (irgendwo auch verständlich). Die Einheit selbst stelle ich gar nicht in Frage, aber das wie. Was folgte? Wir hätten heute beispielsweise auch keinen Fachkräftemangel, wenn man die Ressourcen der DDR genutzt hätte.
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