HirngespinsteAustausch zwischen Literatur und Kunst |
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Zitat von Roquairol im Beitrag #30
Der Christoph Brumme gefällt mir nicht schlecht. Ein bißchen wie Herr Lehmann auf ostdeutsch. e[/i]
Klingt gut. Die Lehmannreihe hat mich begistert. Tu ma noch was sagen tun, bitte. 25 Jahre nach Wende - ostdeutsch? Irgendwie drei Stichwörter, denn diesem grandiosen Fatalismus bin ich so noch nicht wieder begegnet.
Mueller-Stahl die Biographie von Gabriele Michel
Ein einzige Katastrophe! Selbstverliebtes Wortgequase. Verkrampft bemühte ausschweifende Klischeebehaftete Bild- und Lautmalerei. Der eigentliche Gegenstand des Buches wird kaum sichtbar. Grusel. Du nimmst also das Buch willst reinbeißen, soll schön knackig sein und anregend im Geschmack. Was passiert? In einen Schwamm zu beißen hätte mehr Substanz und auch einen besseren Geschmack als dieses schwarz gemachtes Papier. Geht jarnich. Neugier ist nun auch weg.Wenn der Stahl sone Pappnase an sein Leben ranlässt, dann - ach lass ma.
The Tonne is calling
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Zitat von Jatman1 im Beitrag #31
Tu ma noch was sagen tun, bitte. 25 Jahre nach Wende - ostdeutsch? Irgendwie drei Stichwörter, denn diesem grandiosen Fatalismus bin ich so noch nicht wieder begegnet.
Der Roman spielt Ende der 80er-Jahre in Ost-Berlin. Drei Freunde (Philosophiestudent, schachbesessener Gärtner und Friedhofsmusiker) führen dort ein Bohemeleben (= lehmanesk), bis sie aus Versehen eine konspirative Wohnung der Stasi besetzen und sich dadurch den Zorn des Stasi-Hauptmanns Welke zuziehen ...
Homepage: http://www.noctivagus.net/mendler
Facebook: http://www.facebook.com/people/Klaus-Mendler/1414151458
Danke, tu ich mich besorgen tun und vermutlich den anderen Büchern vorziehen :-) Muss ja jetzt schon schmunzeln.
Allein die Zusammensetzung der Leute ist ostdeutsch, weil frei von Klassen
Ein wenig geschaut. Der hat ja scheinbar ähnlich wie bei Lehmann, noch mehr so Teile im Angebot. Da hol` ich mir erst mal ein Billiges ;-)
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Nach der Dostojewski-Biographie von Geir Kjetsaa, die ich als ausgezeichnet einstufen würde, nun vom selbigen Autor - Lew Tolstoj, Dichter und Religionsphilosoph.
Ein großartiges Buch, kein Kniefall vor Tolstoi, überaus lesenswert.
Enttäuschend: Fjodor M. Dostojewski, Rainer Buck, der Aufbau dieser Biographie behagt mit überhaupt nicht und der "Stil" noch weniger. Wird wohl nichts mehr werden, in diesem Leben, mit Dostojewski, ich habe es noch einmal mit den Dämonen versucht, sie reden alle zu viel, viel zuviel. Sind die Russen wirklich alle so ewig zentralnervös?
Ja, mit der Bio von Kjetsaa hast Du nach meinem Dafürhalten, die beste von allen in deutscher Sprache erwischt.
Ich glaube auch, dass es keinen Zweck hat, dass Du es weiter versuchst. Denn alles was Du immer alles so monierst, sehe ich inzwischen auch so. Nicht gegen Bezahlung wollte noch eins von ihm Lesen, bestenfalls Aufzeichnungen aus einem Totenhaus. Und zentralnervös war der der Dostojewski - immer!
Tolstoi-Bio habe ich auch mal eine von Viktor Schklowski gelesen. Auch ohne jeden Abstrich zu empfehlen.
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Nachtrag, da ich derzeit wieder an Dostojewski dran bin und justamente auf eine schöne Beschreibung gestoßen bin:
"Wie eine Banknote in Wechselgeld zerläuft, so wuchert in dieser Sprache jeder dargelegte Gedanke in sein Gegenteil aus (...) Seine Sätze haben ein fiebriges, hysterisches, ideosynkratisches Tempo, und ihr lexikalischer Gehalt ist eine schier zum Wahnsinn treibende Verschmelzung von Schöngeistigem, Umgangssprachlichem und Beamtenjargon." Joseph Brodskij
Sekundärliteratur kann so viel Spaß machen
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Zitat von Jatman1 im Beitrag #36
Nachtrag, da ich derzeit wieder an Dostojewski dran bin und justamente auf eine schöne Beschreibung gestoßen bin:
"Wie eine Banknote in Wechselgeld zerläuft, so wuchert in dieser Sprache jeder dargelegte Gedanke in sein Gegenteil aus (...) Seine Sätze haben ein fiebriges, hysterisches, ideosynkratisches Tempo, und ihr lexikalischer Gehalt ist eine schier zum Wahnsinn treibende Verschmelzung von Schöngeistigem, Umgangssprachlichem und Beamtenjargon." Joseph Brodskij
Sekundärliteratur kann so viel Spaß machen
Wenn das die Eisenharten der Dostojewski-Gardisten lesen, dann rennen die in den Wald und dürften dort fleißig dicke Hölzer aller Sorten für deinen Scheiterhaufen sammeln..., Kafkarianer, Thomas Mannianer, Brechtisten, Goethianer und andere "Isten" sind oft ein extrem unversöhnliches Völkchen.
Obwohl dieses "fiebriges, hysterisches, ideosynkratisches Tempo" genau das ist, was ich bei Dostojewski immer wieder bemeckert habe, neben seinem oft überbordenden Palaver.
Ich überlege gerade, ob ich in die Briefausgabe von H. Hesse mit "einsteige". Der Suhrkamp-Verlag gibt die Briefe Hesses in einer auf 10 Bände veranschlagten Ausgabe heraus, drei Bände sind schon erschienen, dieser ist der erste Band der Reihe:
http://www.amazon.de/%C2%BBIch-gehorche-...C1F2TSYK4NPWVGJ
aber ich weiß nicht so recht..., nein, ein Hessianer bin ich nicht aber seine Briefe las ich schon immer gerne.
„und andere "Isten" sind oft ein extrem unversöhnliches Völkchen.“
Was soll man da weiter zu sagen als JA. Sind sozusagen das literarische Pendent zu den militant missionarischen Veganern.
Deswegen reizt es mich auch mal was zu schreiben. Alles belegt - aber tendenziell negativ - nein ehrlich Vielleicht großer Denker und ja auch Schriftsteller (wenn man so poetologische Sachen liest – hochinteressant) aber als Mensch ein beständiger abstoßender Voll-Psycho und Klugscheißer (unabhängig von seiner Gesinnung – da steht ja jedem die seine zu). Dem wollte man nicht mal im Zoo begegnen.
„Ich überlege gerade, ob ich in die Briefausgabe von H. Hesse mit "einsteige".
Von Hesse habe ich Null-Ahnung. Nur die Erinnerung, dass mir in jungen Jahren, wo das Glasperlenspiel ein Muss gewesen ist, es eben für mich überhaupt nicht ging. Und das war noch eine Zeit, da habe ich angefangene Bücher noch diszipliniert zu Ende gelesen. Hesse aber nicht. War so nachhaltig, dass ich ihn (außer einem Text zu Dostojewski) nie wieder in Betracht gezogen habe.
Das Wort einsteigen trifft es – Du steigst in eine gewisse finanzielle Abhängigkeit ein, da wo was zusammen kommen tut, wenn Du dran bleibst.
Ich hätte auch gern so eine Gesamtausgabe von D. Da gibt es viel mehr als bisher ins Deutsche übersetzt worden ist. Gleich welche Ausgabe – nahezu alle identisch.
Ich schwatze . . . . .
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Mir leuchtet z. B. überhaupt nicht ein, weshalb man Menschen, die keinen Zugang zu Dostojewski finden bzw. haben, dazu überreden soll, ihn zu lesen.
Und wenn er schon nicht gefällt, weshalb dann darüber weiter reflektieren, dass er nicht gefällt.
Schriftsteller, die mir nicht gefallen, sind für mich dann einfach uninteressant. Stendhal ist so einer, hoch gelobt - aber, wenn überhaupt, dann mag ich höchstens noch seine Tagebücher (dort kämpft er so schön und humorig mit sich selbst). Sein Gesamtwerk hat mich überhaupt nicht erreicht. Seine Welt ist flach, mit für mich sehr künstlich erzeugter Emotionswelt (fast kitschig), ergo: mir einfach nicht zugänglich. Aber darum muss ich ja jetzt nicht jahrelang darüber schimpfen, dass andere ihn toll finden oder dass ich ihn nicht mag.
(Selbstzensur) ... Ich grüße in die Runde mit einem Augenzwinkern.
Art & Vibration
Aber um dem eigenen Schweinehund gerecht zu werden: Ich finde Dostojewski eigentlich überhaupt nicht poetologisch oder gar „hochgeistig“. Er knallt mitten ins Herz oder eben nicht. All seine Figuren dienen alleine der Verdeutlichung seiner Fragen, noch nicht einmal der Beantwortung. Er stellt die Frage durch tausend Münder von allen Seiten. Und jede Sicht hat ihr Recht, weil es im Leben nun einmal so ist. Alles kann von etlichen Seiten betrachtet werden und verändert auch die Ansicht, wenn man das tut. Und das macht Dostojewski dann als ein Strang durch all seine (Nach-der-Verbannung)-Bücher. Er erzählt keine Geschichten. Mich erreicht durch seine Bücher etwas anderes. Das ist wohl so ein Mensch-Typ-Ding. Um es ganz krass zu sagen: seine Bücher sind für mich Reinigung (Charakter, Sichtweise, Fühlen, Denken ... Seele).
Art & Vibration
Nunja. Ich hatte ja Zugang und der ist verloren gegangen. Aber ich bin am Typen hängen geblieben. Ist eine kleine Besonderheit.
"weshalb dann darüber weiter reflektieren, dass er nicht gefällt."
Aus dieser Besonderheit erwächst halt Argwohn (ob berechtigt sei dahingestellt). Der muss auch abgearbeitet werden - jetzt Augenzwinker ich ;-)
Poetologisch hat übrigens nichts mit poetisch zu tun, sondern untersucht mit welchen Mitteln ein Schriftsteller was und dann wie bezweckt / umsetzt. Das womit sich halt Leute wie der Gerigk rumschlagen. Das ist ja auch noch was, was ich hochinteressant finde. Und hochgeistig scheint er auch gewesen zu sein. An schlichten Gemütern wie mir geht das halt komplett vorbei. Vermutlich nur an Freaks nicht. Der Typ war so unvorstellbar gebildet, der war ja als Kind schon nen Intellektueller. Der hat Tonnen von spezifischem Wissen in seinen Werken verbraten. Unglaublich.
Und ja - keinen Menschen kannst Du zum Lesen von irgendwas überreden, wenn es mit dem Zugang nicht läuft.
Selbstzensur
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Zitat von Jatman1 im Beitrag #41
Poetologisch hat übrigens nichts mit poetisch zu tun, sondern untersucht mit welchen Mitteln ein Schriftsteller was und dann wie bezweckt / umsetzt. Das womit sich halt Leute wie der Gerigk rumschlagen. Das ist ja auch noch was, was ich hochinteressant finde. Und hochgeistig scheint er auch gewesen zu sein. An schlichten Gemütern wie mir geht das halt komplett vorbei. Vermutlich nur an Freaks nicht. Der Typ war so unvorstellbar gebildet, der war ja als Kind schon nen Intellektueller. Der hat Tonnen von spezifischem Wissen in seinen Werken verbraten. Unglaublich.
Aha... danke. Wieder was gelernt. Dann passt es ja doch. Dostojewski ist ja in dem Sinne dann doch eher sehr poetologisch zu deuten. Aber du weißt, was ich meinte. Diese geistige Überhöhen, die ihm unterstellt werden, und der Versuch, mit der intellektuellen Sphäre etwas wie "Leben" einzufangen ... so was gibt es ja auch, aber dann doch nicht bei ihm und in seinen Romanen. Das haben auch Nabokov und co nicht verstanden, die D.s Literatur auf Stil, Geschichte, schlechte Geschichte, Figurenbanalität, Dialoge und ähnliches reduzieren wollten. Irgendwie könnte man sagen, Dostojewskis Romane sind keine Literatur im eigentlichen Sinne. Es geht, meiner Ansicht nach, gar nicht so sehr darum. Und schon gar nicht um irgendeinen (höheren) literarischen Anspruch. Der Klassiker, der entziffert werden muss. Ganz im Gegenteil. Zu mir fließt Dostojewski einfach... dieser ganze nervös hochzitternde Text, unter dem aber eine unglaublich (seelisch) wärmende Atmosphäre pulsiert, eben weil es die ewigen Menschheits- und Sinnfragen sind, die er stellt, (auch wenn sie eigentlich immer gleich sind), als Ergebnis seiner Erlebnisse, seines Blickes auf den eigenen Tod, den Entzug der Freiheit, die Gott-Suche und Hinterfragung, das Erfassen des einfachen Menschen um ihn herum, auch in der Gefangenschaft, unter denen er dann bei den größten Gaunern immer noch etwas erkennt, was sie wieder als Mensch ausmacht oder vom "Tierischen" erhebt. Diese Frage, warum das so ist, hat ihn nicht losgelassen. Und die stellt er und stellt sie immer wieder. Vielleicht muss man als Leser auf einer ähnlichen Suche sein. Nicht jeder Mensch sucht ja nach gleichen Bedingungen. Jeder nimmt das Leben an, wie er es für richtig hält, und für die einen haben bestimmte Fragestellungen einfach weniger Sinn als für andere. Und für Dostojewski waren es eben diese: Wie das sein kann, dass ein Mensch, der so viel "Dreck auf der Seele" hat, dennoch bußfähig ist oder mit dem Gewissen ringt oder das Herz dann öffnet, wenn man nicht damit rechnet, usw. Für ihn war der Mensch immer eine "Vielgestalt", die nicht weniger Verwunderung hervorgerufen hat, und seine Figuren sind eben mehr Umrisse, in denen diese Fragen irgendwie herumkreisen (die auch eigenes Spiegelbild bleiben, sein eigenes Ringen sind).
Dostojewski selbst war natürlich ein geistiger Mensch. Keine Frage. Und was er leider auch verkörpert ist das russisch "Schwere", das russische emotionale Gejammer, kann man fast sagen, und natürlich dieser so festgefahrene Blick auf Russland. Da haben viele schon richtig erkannt, dass der Russe in diesem Sinne immer ein Sklave bleiben wird, eine Sklave seines eigenen Russentums.
Art & Vibration
Zitat von Jatman1 im Beitrag #38
„Ich überlege gerade, ob ich in die Briefausgabe von H. Hesse mit "einsteige".
Von Hesse habe ich Null-Ahnung. Nur die Erinnerung, dass mir in jungen Jahren, wo das Glasperlenspiel ein Muss gewesen ist, es eben für mich überhaupt nicht ging. Und das war noch eine Zeit, da habe ich angefangene Bücher noch diszipliniert zu Ende gelesen. Hesse aber nicht. War so nachhaltig, dass ich ihn (außer einem Text zu Dostojewski) nie wieder in Betracht gezogen habe.
Ich weiß nicht, ob dir Hesse so wirklich gefallen wird, jedenfalls was seine Romane und Erzählungen angeht. Ich mag seine Briefe, seine autobiographischen Schriften, seine Betrachtungen und nicht zuletzt seine vielen Buchrezensionen, diese sind großartig, sind voller Leben und Saft und Kraft.
Was mir an Hesse gefällt, das ist seine Dickköpfigkeit bis hin zur Starrsinnigkeit allem Zeitgeistigen gegenüber, seine Unbeugsamkeit gegenüber allen Geschwätzigkeiten der Morderne, seine ewige Revolte gegenüber dem Ungeist und der herzlosen Gleichgültigkeit, die gerade unsere Zeit immer mehr mit dunklen Schatten überzieht.
Hesse war ein Pantheist, in seinen letzten Lebensjahren ein Verehrer des Zen-Buddhismus und lebte eine Interreligiösität vor, die nicht nur glaubhaft sondern in ihrer Humanität und Toleranz mehr als selten anzutreffen ist. Ich halte das für wertvoll, gerade in den Zeiten, in denen sich der Monotheismus wie ein Leichentuch über unsere Welt legt.
Gerade seine Briefe erzählen von diesem ereignisreichen Leben eines aus Passion Unangepassten, der sich trotzdem niemals dafür zu schade war, immer wieder jungen Menschen in seinen Briefen mit geistigen Rat und Tat zur Seite zu stehen, der aber recht maulig und unwirsch wurde, wenn man in ihm einen Guru, einen Propheten oder gar "geistigen Führer" sah.
Und immer wieder schreibt Hesse von Büchern, von Büchern, die wir alle kennen und wohl auch lieben. Mir dabei immer wieder verwunderlich, Hermann Hesse und Thomas Mann waren wirklich so etwas wie Freunde, dieses wird mir zwar immer ein ewiges Rätsel bleiben, denn unterschiedlicher können zwei Dichtersleute eigentlich nicht sein, aber warum eigentlich nicht!
Zitat von Taxine im Beitrag #39
Mir leuchtet z. B. überhaupt nicht ein, weshalb man Menschen, die keinen Zugang zu Dostojewski finden bzw. haben, dazu überreden soll, ihn zu lesen.
Und wenn er schon nicht gefällt, weshalb dann darüber weiter reflektieren, dass er nicht gefällt.
Schriftsteller, die mir nicht gefallen, sind für mich dann einfach uninteressant. Stendhal ist so einer, hoch gelobt - aber, wenn überhaupt, dann mag ich höchstens noch seine Tagebücher (dort kämpft er so schön und humorig mit sich selbst). Sein Gesamtwerk hat mich überhaupt nicht erreicht. Seine Welt ist flach, mit für mich sehr künstlich erzeugter Emotionswelt (fast kitschig), ergo: mir einfach nicht zugänglich. Aber darum muss ich ja jetzt nicht jahrelang darüber schimpfen, dass andere ihn toll finden oder dass ich ihn nicht mag.
(Selbstzensur) ... Ich grüße in die Runde mit einem Augenzwinkern.
Peace, liebes Taxinchen, das Bemeckern von Heiligen ist sozusagen eine "Berufskrankheit" der Bibliomanen und so Lichtgestalten wie Dostojewski einmal kräftig an der Nase zu zupfen, das gehört dann irgendwie dazu.
Mit Puschkin, mit Gogol, mit Tolstoi und Tschechow hatte ich nie, niemals irgendwelche Schwierigkeiten, nicht in der Annäherung, auch nicht in der Glaubhaftigkeit, aber bei Dostojewski klaffen zwischen Ansprruch und Wirklichkeit dann Welten, die er weder im Leben noch im Werk wirklich auflöste.
Es geht jetzt hier nicht um Dostokewski als Prophet, Künder, Mahner, Rufer oder Seher, da haben andere Geistesriesen eindeutig mehr geleistet, es geht mir bei Dostojewski eher um seine eigentlich (Achtung - Ketzerei) Trivialität, seine "Groschenromanigkeit" und seine Banalitäten des religiösen Geschmäcklers, die ich einfach nicht für authentisch halte, seine Vita spricht da eine ganz andere Sprache.
Nun sind wir alle arge Sünder vor dem Herrn, sozusagen, aber wir, als selbst von Neurosen durchzuckte Terraner, wir sollten diesem - edel sein der Mensch, hilfreich und gut, dann auch Maßstäbe anlegen dürfen, die weit über Dostojewski hinausweisen. Oder anders gesagt: Menschen die bei Nietzsche stehenbleiben, die haben es schwer, Menschen die bei Dostojewski stehenbleiben und vor ihm anbetend verharren, diese wohl ebenfalls.
Zitat von Patmöser im Beitrag #43
Was mir an Hesse gefällt, das ist seine Dickköpfigkeit bis hin zur Starrsinnigkeit allem Zeitgeistigen gegenüber, seine Unbeugsamkeit gegenüber allen Geschwätzigkeiten der Morderne, seine ewige Revolte gegenüber dem Ungeist und der herzlosen Gleichgültigkeit, die gerade unsere Zeit immer mehr mit dunklen Schatten überzieht.
Hesse war ein Pantheist, in seinen letzten Lebensjahren ein Verehrer des Zen-Buddhismus und lebte eine Interreligiösität vor, die nicht nur glaubhaft sondern in ihrer Humanität und Toleranz mehr als selten anzutreffen ist. Ich halte das für wertvoll, gerade in den Zeiten, in denen sich der Monotheismus wie ein Leichentuch über unsere Welt legt.
Das ist, was mir an Hesse auch gefällt, die Unabhängigkeit und sein ganz eigener Geist inmitten der philosophischen und literarischen Konzepte. Ich hatte einige seiner frühen Briefe gelesen, die er aus der Klinik nach seinem Selbstmordversuch an seine Eltern schrieb und die den ironischen Blick eines lieben Querkopfs schön versinnbildlichen. Wahrscheinlich unnötig zu sagen, dass mich Hesses Romane gerade in meiner Jugendzeit geprägt haben, so Steppenwolf-, Siddhartha- und Glasperlenspiel-mäßig. Aber "Klingsors letzter Sommer" könnte ich ja heute noch lesen und einige Romane kenne ich immer noch nicht.
Zitat von Patmöser im Beitrag #44
Nun sind wir alle arge Sünder vor dem Herrn, sozusagen, aber wir, als selbst von Neurosen durchzuckte Terraner, wir sollten diesem - edel sein der Mensch, hilfreich und gut, dann auch Maßstäbe anlegen dürfen, die weit über Dostojewski hinausweisen. Oder anders gesagt: Menschen die bei Nietzsche stehenbleiben, die haben es schwer, Menschen die bei Dostojewski stehenbleiben und vor ihm anbetend verharren, diese wohl ebenfalls.
Hm ... was wäre denn für dich Literatur nach Nietzsche? Ich meine, die dann dieses Stehenbleiben auflöst?
Von Dostojewski habe ich alle Romane durch, aber am längsten zurück liegt "Raskolnikow", weshalb ich auch über das Buch keine Rezension geschrieben habe. Das werde ich vielleicht noch einmal nachholen, da es dieses Buch war, das mich in die Dostojewski-Sphäre katapultierte. Skeptisch bin ich, weil "Raskolnikow" noch einmal etwas ganz anders ist als die mir wichtigen Klopper wie "Die Brüder Karamasow", "Der Idiot" und "Die Dämonen". Ich bin gespannt, ob ich da die gleiche Wärme entdecke oder was ich überhaupt entdecke oder ob es mir auch jetzt noch gefällt.
Art & Vibration