HirngespinsteAustausch zwischen Literatur und Kunst |
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RE: Dostojewski
in Die schöne Welt der Bücher 03.11.2010 17:44von Taxine • Admin | 6.696 Beiträge
Zitat von Martinus
Irgendwann lese ich dadd nochmal.
Ich auch.
Zitat von Martinus
Ach stöhn, schade dass die große Übersicht verschollen ist.
Ja, da könnt' ich auch aufstampfen, dass diese wunderbaren Leserunden einfach im Nichts verpufft sind. Und Pessoa ... Pessoa schmerzt am meisten.
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Okay ergeben. Zwei, schnell einer Meinung. Nachgeschaut. Klein und billig. Habe ich es mir halt mal eben bestellt.
Meinung folgt.
Nochmal zu Suslowa. So einen hat die nicht gebraucht:
„Er (Dostojewski) sah rot, wenn sich jemand erdreistete, Annas Hand zu küssen: Männer, die einer Frau die Hand küssen, betrachten sie als Sklavin und wollen sie dafür entschädigen, indem sie sie als Königin behandeln."
Kjeetsa S.387
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(25.10.2010 21:25) Copy and Paste:
Durch was sind eigentlich seine Freundschaften zu Männern getragen worden. Weshalb hatte jemand daran Interesse ein Freund von Dostojewski zu sein? Hmm.
Bei dem Spiel Mann und Frau hat man nahezu unausweichlich eine, wie auch immer geartete Meinung. Was aber machte für Dostojewski Freundschaft, nicht nette Bekanntschaft, aus. Gab es die eigentlich. Ich habe überhaupt keine Meinung oder Mutmaßung.
Sicherlich findet sich oft das Wort Freundschaft. Wieso. Weshalb. Wer oder Was beeindruckte ihn. Für welche "Art" Mensch konnte er sich erwärmen? Viele Fragen tun das für mir sein tun.
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RE: Dostojewski
in Die schöne Welt der Bücher 03.11.2010 18:40von Taxine • Admin | 6.696 Beiträge
Zitat von Jatman
Okay ergeben. Zwei, schnell einer Meinung. Nachgeschaut. Klein und billig. Habe ich es mir halt mal eben bestellt.
Billig auf jeden Fall. Klein? Alle vier Teile in einem Buch haben schon an die 790 Seiten.
Zitat von Jatman
Nochmal zu Suslowa. So einen hat die nicht gebraucht:
„Er (Dostojewski) sah rot, wenn sich jemand erdreistete, Annas Hand zu küssen: Männer, die einer Frau die Hand küssen, betrachten sie als Sklavin und wollen sie dafür entschädigen, indem sie sie als Königin behandeln."
Kjeetsa S.387
Nee, das hat die Suslowa wirklich nicht. Kommt ja auch nur in den ersten Tagebucheinträgen vor. Danach behauptet sie sich ja recht gut gegen die Männerwelt.
Bei Tschernyschewski "Was tun?" kommt diese Situation des Hand-Küssens übrigens auch vor. War damals wohl die erste Emanzipationsentwicklung. Auch bei Tschernyschweski möchte die Protagonistin nicht, dass ihr Mann ihr die Hand küsst, weil sie es als Respektlosigkeit ihr als Frau gegenüber empfindet. Sie möchte, dass er ihr wie einem Mann begegnet. In den Aufzeichnungen von Anna Grigorjewna und der Tochter Dostojewskijs kam diese Situation ebenfalls vor. Kjeetsa zitiert daraus.
Die Tochter bezeichnet Dostojewskij sogar als ersten "Feministen".
Zitat von L. F. Dostojewskaja, S. 260
Im Salon der Gräfin Tolstoi sowohl, wie bei den Abenden der Studenten hatte Dostojewskij mehr Erfolg bei den Frauen als bei Männern und zwar aus der gleichen Ursache: weil er ihnen nämlich immer mit Achtung entgegenkam. Die Russen haben bis heutigentags ihre orientalische Einstellung gegen die Frauen beibehalten. Seit Peter dem Großen bedrohen sie sie zwar nicht mehr mit der Peitsche, sie verneigen sich vor ihnen, küssen ihnen die Hand, behandeln sie wie Königinnen und bemühen sich, immer auf der Höhe der europäischen Zivilisation zu sein. Gleichzeitig aber betrachten sie die Frauen wie große Kinder, die, unwissend und frivol, immer durch mehr oder weniger geistreiche Scherze und Anekdoten unterhalten sein wollen. Sie weigern sich, mit Frauen von ernsthaften Dingen zu sprechen und spotten über ihre Anmaßung, sich mit öffentlichen Angelegenheiten beschäftigen zu wollen. Diese orientalische Einstellung ärgert meine Landsmänninnen sehr. Nichts ist auch verletzender für eine kluge Frau, als Dummköpfe und Unwissende sich vor ihr wie höhere Wesen gebärden zu sehen. Diesen Fehler hat Dostojewskij niemals begangen. Er amüsierte die Frauen nicht und wollte sie nicht berücken; er sprach ernsthaft mit ihnen wie mit Gleichgestellten. Niemals wollte er der russischen Mode gehorchen und den Frauen die Hand küssen; er behauptete, dass dieser Handkuss demütigend für sie sei. "Männer, die den Frauen die Hände küssen, betrachten sie als Sklavinnen und wollen sie dadurch trösten, dass sie sie wie Königinnen behandeln", pflegte er zu sagen. "Wenn sie später in ihnen die Gleichgesinnten erkennen werden, werden sie sich damit begnügen, ihnen die Hand zu drücken, wie ihren Kameraden." Diese Worte meines Vaters setzten die Petersburger in großes Erstaunen, die nicht verstanden, was er agen wollte.
An anderer Stelle sagt sie:
Zitat von L. F. Dostojewskaja, S. 202
„Ich erwarte viel von der russischen Frau“ wiederholte er oft in seinem „Tagebuch“. Dostojewskij erkannte, dass der Charakter der Slawin stärker ist, als der des Slawen, dass sie besser arbeitet und stoischer das Unglück erträgt. Er hoffte, dass die russische Frau später, wenn sie einst ganz frei wäre, (bis jetzt hat sie die Tore ihres Harems erst aufgetan, ist aber noch nicht herausgeschritten) in ihrem Lande eine große Rolle spielen würde. Man kann Dostojewskij den ersten russischen Feministen nennen.
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"Billig auf jeden Fall. Klein? Alle vier Teile in einem Buch haben schon an die 790 Seiten."
Shit. habe eingegeben: Erbarmen mit den Männern. Erschien. Preis okay. 140 Seiten; schnell gelesen. Nehm ich mal.
Was hätte man besser machen können?!
Schriftsteller vergleichen
Sich bei 140 Seiten und einer Tetralogie einfach mal wundern.
Manchmal kann SO billig nicht sein: 25 Cent
Nungut, der Kamin will auch angefeuert werden.
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RE: Dostojewski
in Die schöne Welt der Bücher 03.11.2010 18:50von Taxine • Admin | 6.696 Beiträge
Wenn du "Erbarmen mit den Frauen" bestellt hast, bekommst du trotzdem den ersten Teil. Ist schon in Ordnung.
Ich fand nur alle vier so gut, dass ich froh war, sie alle in einem Buch zu haben.
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RE: Dostojewski
in Die schöne Welt der Bücher 03.11.2010 18:53von Taxine • Admin | 6.696 Beiträge
Zitat von Jatman1
Erbarmen mit den Männern. Erschien. Preis okay. 140 Seiten; schnell gelesen. Nehm ich mal.
Ach nee... du hast "Erbarmen mit den Männern" eingegeben. Das gibt es auch, aber ist nicht von Montherlant. Der hatte keine Erbarmen mit den Frauen. Stornier das Buch doch einfach.
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Die Tochter bezeichnet Dostojewskij sogar als ersten "Feministen".
Naklar. WAS war Dostojewski nicht?! Habe gestern gelesen, dass er ein Weile in seinen Notibüchern seine epileptischen Anfälle akribisch protokolliert hat. Ergebnis des Schreibers: Dostojewski ist Vorreiter therapeutischer Fallstudien in Sachen Epilepsie. Der muss für alles hinhalten. . .
Interessant. Also kein Episödchen, sondern eins der Themen zur damaligen Zeit; Handkuss - Zeichen der Achtung oder Erniedrigung.
"Auch bei Tschernyschweski möchte die Protagonistin nicht, dass ihr Mann ihr die Hand küsst, weil sie es als Respektlosigkeit ihr als Frau gegenüber empfindet. Sie möchte, dass er ihr wie einem Mann begegnet."
Das macht den Unterschied. Dostojewski untersagt etwas, was seiner Frau zugesagt hat. Er bestimmt über sie. Bei Tschernyschweski will es die Frau nicht und äußert es. Genau dazwischen liegen Welten.
Ts Protagonisten erklärt ihren Willen. Mit der gleichen Begründung tut es Dostojewski. Es mutet so gleich an. Dabei ist es Feuer und Wasser. Ts Protagonisten ist Objekt: Dostojewskaja Subjekt.
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Zitat von TaxineZitat von Jatman1
Erbarmen mit den Männern. Erschien. Preis okay. 140 Seiten; schnell gelesen. Nehm ich mal.
Ach nee... du hast "Erbarmen mit den Männern" eingegeben. Das gibt es auch, aber ist nicht von Montherlant. Der hatte keine Erbarmen mit den Frauen. Stornier das Buch doch einfach.
Hast Du einen Smily der den Bildschirm füllt und langsam vor Scham im Boden versinkt?! Nein. Tatsächlich sitz ich hier und grins über mich - breit.
Freudscher Schreibfehler?
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RE: Dostojewski
in Die schöne Welt der Bücher 03.11.2010 19:08von Taxine • Admin | 6.696 Beiträge
Zitat von Jatman
Die Tochter bezeichnet Dostojewskij sogar als ersten "Feministen". Naklar. WAS war Dostojewski nicht?!
Besonders dieser Abschnitt ist bezeichnend für das Zurechtrücken:
Zitat von L. F. Dostojewskaja
Er amüsierte die Frauen nicht und wollte sie nicht berücken; er sprach ernsthaft mit ihnen wie mit Gleichgestellten. Niemals wollte er der russischen Mode gehorchen und den Frauen die Hand küssen; er behauptete, dass dieser Handkuss demütigend für sie sei.
Ich denke, er amüsierte die Frauen darum nicht, weil er sich ihnen gegenüber nicht zu verhalten wusste. Ich glaube, weibliche Aufmerksamkeit hat ihn in erster Linie erstaunt und erschreckt. Hinterher lässt sich das Verhalten dann natürlich als gutwillige Geste auslegen.
Ich weiß natürlich nicht, inwiefern Dostojewskij tatsächlich darüber gesprochen hat. Bei Anna Grigorjewna kam das in ihren Aufzeichnungen als ein Einvernehmen zwischen ihnen vor, dass die Hand einfach nicht geküsst wird. Trotzdem hatte er kein Problem mit Eifersuchtsanfällen, die er an ihr ausließ. Wo blieb da der feministische Gedanke? Vertrauen in eine Frau setzen, da sie doch klug genug ist, selbst zu wissen, was sie tut? Und die Gefühle zwischen den beiden, nun die sind irgendwie schwer nachzuvollziehen.
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"Ich denke, er amüsierte die Frauen darum nicht, weil er sich ihnen gegenüber nicht zu verhalten wusste."
Das wusste er ja generell eher nicht. Ob nun Mann oder Frau. Das ist er ja kontinuierlich in`s Fettnäpfchen getreten.
Während der Zeit der Epocha und Vremja soll er es wohl genossen haben "Talente zu entdecken", die dann fast ausnahmslos schön, jung und weiblich gewesen sind. Die Frauen hatten ja ein Interesse an den Möglichkeiten Dostojewskis und wenn es keine Suslowas oder Krukowskajas waren umgab ihn ja auch zu diesem Zeitpunkt schon ein ausgeprägter Nibus.
Nein selbst Suslowa zählte am Anfang ja auf ihn, bis sie feststellte, dass er KEIN Feminist war und sich schon ein Stück mehr mochte als er es scheinen lassen wollte. Aber noch zur Puschkinfeier sind die Frauen ausgeflippt. Sein Eros war es nicht.
"Trotzdem hatte er kein Problem mit Eifersuchtsanfällen, die er an ihr ausließ."
JA! Bei seinen Lesungen soll er erst immer gecheckt haben, wer neben ihr sitzt, Abfuhren in Gegenwart anderer waren keine Seltenheit, selbst in Gesellschaft hat sie von ihm mal eine volle Schelle gefangen. Feminist-premium Waren halt andere Zeiten.
Bei seiner Tochter fällt mir ihre Mutter ein. Habe gestern was wegen der D-Page gesucht und dabei in ihren Erinnerungen gelesen. Das Bescheidwissertum hatte die Frau aber auch bereits GUT gepachtet.
Zum Buch. Hab jetzt "Deins" auch bestellt. Das andere werde ich aus paritätischen Gründen nicht abbestellen. The Battle Of Erbarmen
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„Dostojewskis Gattin hat in vorbildlicher Weise die Pflichten ihrer Verbindung mit dem großen Mann erfüllt und ist dafür eine der glücklichsten und beneidenswerten Frauen geworden.“ Maier-Graefe, Julius; Dostojewski
Der ist ja so drauf wie Dostojewski
Weiter meint er dann:
„Man kann Nötzel in seiner Darstellung des Verhältnisses nicht ganz folgen.“
Ein Hinweis dafür, dass Deine Entscheidung für Nötzel nicht die schlechteste war.
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RE: Dostojewski
in Die schöne Welt der Bücher 03.11.2010 22:48von Taxine • Admin | 6.696 Beiträge
Zitat von Jatman1
Weiter meint er dann:
„Man kann Nötzel in seiner Darstellung des Verhältnisses nicht ganz folgen.“
Ein Hinweis dafür, dass Deine Entscheidung für Nötzel nicht die schlechteste war.
Nötzels Biographie fängt sehr spannend an. Mit der Trunksucht von Dostojewskijs Vater - "Er war Trinker und krankhafter Geizhals" und natürlich dem Mord an ihm. Nötzel spricht davon, dass er mit dem Kissen seines Wagens erstickt worden war und Dostojewskij durch diese Nachricht seinen ersten Anfall hatte. War der Mord am Vater nicht in irgendeiner Biographie neu oder doch anders dargestellt? Bei Kjeetsa?
(Im Buch befindet sich ein Vermerk darauf, dass es sich um eine "Einmalige Sonderausgabe" handelt, für "Nur 3,75 Reichsmark". Bin allerdings froh, dass er nicht in Frakturschrift ist, das verlangsamt die Leserei erheblich.)
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Bisher habe ich immer nur die Formulierung gefunden, aß er dass seinen ersten epileptischen Anfall gehabt habe. Zeugen sind nirgends wo benannt.
Auch der Geizhals ist strittig - vielleicht eher knauserig. Denn Geiz bedeutet ja, dass man zu etwas Sinvollem mit Sicherheit genügend Geld hat, aber aus nicht vordergündigen Motiven das Geld nicht zur Verfügung stellt.
Sein Vater hatte einen schlecht bezahlten Job und das Internat das Dostojewski und sein Bruder Michael besucht haben, hat wohl schon allein ein reguläres Jahreseinkommen des Vaters gekostet. Es war zu der Zeit eines der angesehensten in Russland; das war weder durchschnittlich noch preiswert. Der hat sich dann die Bildung seiner Kinder schon was kosten lassen. Gelebt hat die Familie Dostojewski in einer Wohnung im Seitenflügel der Klinik. Diese „Wohnung“ hatte 2! Zimmer unterteilt in kleinere Bretterverschläge. Das Gut besaß er auch nicht von Anfang an. Außerdem war es ein ziemlich runtergewirtschaftetes und kleines Gut. Viele alte Leute. Solche Seelen konntest Du damals für`n Appel und`n Ei kaufen.
Dass er jähzornig und übermäßig streng war, findet sich belegt. Seine Trinkerei jedoch finde ich erst erwähnt nach dem Tod seiner Frau. Da muss er sich schon wie ein Schwein auf seinem Gut benommen haben.
Und, richtig, Kjeetsa hat sich der Sache angenommen und sie recherchiert. Sein Ergebnis ist für mich nachvollziehbar. Es gibt jedoch verschiedene Versionen. Dazu findest Du hier ;-)
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Meine Ausgabe ist auch von 1925 und nicht mehr in Frakturschrift. Obwohl, ich finde bei Frakturschrift hat man sich nach 5- 6 Seiten auch bereits wieder eingelesen.
Thematisch angrenzend auch Dostojewski und die Vatertötung
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