HirngespinsteAustausch zwischen Literatur und Kunst |
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RE: Zwischen Plattenspieler und Eisschrank
in An der Literatur orientierte Gedanken 10.01.2010 18:10von Zypresserich (gelöscht)
Zitat von LX.CZitat
... Vielleicht muss sich die Menschheit noch einmal buchstabieren, und der neue Anfang der Geschichte heißt: für den Letzten soll die Welt gemacht sein. Gewohnt zu scheitern denkt er für sich, die eigentliche Arbeit hat noch gar nicht begonnen, sie wird der Gesellschaft den Atem verschlagen.
Das war der Trigger. So isset. Bukowskis Grabstein auf den Schlamassel in allen Ehren (denk ich auch oft), aber der (Grabstein) isses nich. Da is noch was zu machen, denke ich. Wenn wir nur mal von diesem Zuwachszuwachszuwachsderrendite und Arbeitfüralle wegkommen, was eine Anstrengung fürs globale Bewusstsein wird, klar. Ich bin Idealist und werde es auch bleiben. Ich halte es für möglich (den Menschen für befähigt, umzusetzen:), dass es keine Kriege geben muss und jeder leben kann, wie er möchte, sei's mit Arbeit, sei's ohne. Ich halte es für unmöglich, wie es im Moment ist. Ich bin naiv, und ich werde es auch bleiben. Da geht was. Es ist genug da für alle. Nichts gegen Politik, aber es muss eine rotierende Welt"regierung" her, zwecks Filzvermeidung rotierend, damit nicht in die Sessel gefurzt werden kann. In den Schulen wird nicht mehr nur gerechnet, sondern es wird über MACHT gelehrt (in allen Bereichen: Religion, Miteinander, Politik, Wirtschaft etc.), wie sie zuckt, wo sie zuckt, und wie man sie eindämmen kann (à priori in sich selbst natürlich), damit endlich mal Ruhe in der Kiste herrscht. Das kann doch nicht so schwer sein. Menno.
RE: Zwischen Plattenspieler und Eisschrank
in An der Literatur orientierte Gedanken 10.01.2010 19:04von LX.C • 2.821 Beiträge
Zitat von Zypresserich
Aber das a) Sozialkritischgeschichtliche und b) Stilistische und c) Eigenesprithafte
und d) sexuell Anspielende (was auch für viel Spaß sorgt)
Zitat
muss ich mir einfach reinziehen, das drängt sich (mir) auf. Bin grad selber am Wursteln in ähnlicher Brühe.
Beim Lesen musste ich oft an dich denken. Aber man will ja auch niemanden etwas aufdrängen.
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RE: Zwischen Plattenspieler und Eisschrank
in An der Literatur orientierte Gedanken 25.10.2010 12:48von LX.C • 2.821 Beiträge
Juli Zeh - Corpus Delicti. Ein Prozess
Ich bin nach langer Zeit mal wieder richtig zufrieden. Und gehe bereichert aus der Lektüre raus.
Der Roman löst was aus, er wirkt bewusstseinserweiternd. Er schärft den Blick, schärft den Blick auf Datenschutz- und Überwachungsstaatdebatten, bzw. ist in der Lage, eine kritische Haltung zu untermauern. Er zeigt, wie schnell eine legitimierte Ordnung, unter der Vorgabe, das Beste für die Gemeinschaft zu wollen, zum Selbstzweck werden kann, dessen Aufrechterhaltung für die Machthabenden alle Mittel heiligt. Ein tolles Werk, das für die Gegenwartsliteratur hoffen lässt.
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RE: Zwischen Plattenspieler und Eisschrank
in An der Literatur orientierte Gedanken 26.10.2010 11:51von LX.C • 2.821 Beiträge
Das Philosophische Quartett mit Juli Zeh
Und hier noch ein Porträt.
Juli Zeh lebt in Brandenburg
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RE: Zwischen Plattenspieler und Eisschrank
in An der Literatur orientierte Gedanken 23.05.2015 10:44von LX.C • 2.821 Beiträge
Zitat von Taxine im Beitrag #47
Aus den von dir genannten Gründen bin ich da zögerlich. Der junge Sturmtruppführer... Es gibt ja auch ein Essay mit ähnlichem Inhalt "Der Kampf als inneres Erlebnis".
Die Frage, wie so ein Mensch vom Krieg begeistert sein kann, geht mir schon die ganze Zeit durch den Kopf. Auch später in den Strahlungen, wo er gleichzeitig philosophiert und von den ausgebrannten Häusern erzählt. Diesem "Wahn", den Krieg erleben zu wollen, unterlagen ja auch einige Maler, doch kehrten die völlig verstört daraus zurück. Jünger schien da irgendwie mehr "Fleisch" besessen zu haben oder hat den Krieg als Notwendigkeit betrachtet. Patriot war er wohl... durch und durch.
Es gibt "In Stahlgewittern" anfangs dieses Schlüsselerlebnis im Umgang der Vorgesetzten mit den Soldaten. Der Protagonist wird in einer sinnlosen Strafe und zur Belustigung des Vorgesetzten beinahe geopfert. So dürfe ein Vorgesetzter niemals handeln. Ein Offizier müsse für die Soldaten durch und durch ein Vorbild sein und diese auch respektvoll behandeln. Der bedingungslose Respekt der Soldaten dem Vorgesetzten gegenüber wiederum erwächst aus der tapferen, vorbildlichen Handlung. Aus dieser Perspektive entsteht die patriotisch überhöhte Schilderung "In Stahlgewittern", denke ich. Und dieser Patriotismus sollte nachklingen, denn Jünger ist gegen Ende des Buches ja der Meinung, dass der WK I nicht das Ende, sondern der Anfang einer ganz neuen Ära von Krieg ist. Aus diesem in Rückschau nachvollziehbaren, aber aus unserer Sicht natürlich verrückten Verständnis muss man das Buch betrachten, denke ich. Hier spielen also einerseits Selbstdarstellung des Autors und der Wille zur nachhaltigen Vorbildwirkung eine wichtige Rolle.
Meiner Meinung nach ist aus diesem Verständnis heraus eine Abhandlung lebloser Ereignisse/Versatzstücke geworden, die einen emotional in den meisten Fällen kalt lässt. Wir haben den Tagebuchautor, der außer am Anfang als Soldat, wenig Emotionen zeigt und auch sein Umfeld zu leblosen Statisten degradiert. Interessant wäre es, dem literarischen Werk die original Tagebuchaufzeichnungen gegenüber zu stellen (falls es die gibt).
Wenn ich daran denke, wie stark einen "Im Westen nichts Neues" berührt hat, dann kann ich mit "In Stahlgewittern" wenig anfangen. Naja, ganz klar, ein patriotisches Vorbild im Sinne von "In Stahlgewittern" suche ich ja auch nicht und Anti-Kriegsliteratur will das Werk nicht sein.
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