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RE: Mitleid
in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 31.01.2010 18:39von Patmöser • 1.121 Beiträge
Zitat von Taxine
Wenn ein Mensch mir mehrfach zu verstehen gibt, dass ihn mein "Mitleid" belastet und nicht hilft, wenn er es mir durch Worte und Reaktion verständlich macht, dann muss ich einsehen, dass ich nicht richtig handle, so sehr es mich auch aus Liebe dazu drängt. Hier gilt es, mich selbst und meine "Moral" zu überwinden, zugunsten des geliebten Menschen. Das ist ein schlimmes Dilemma, ich weiß, lieber Patmos, und die Wirklichkeit wird immer wieder neue Begebenheiten auftun, in denen man nicht weiß, wie man wirklich reagieren wird.
Danke, liebes Taxinchen, genau - so, so sehe ich das auch!
RE: Mitleid
in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 31.01.2010 19:43von marlenja • 303 Beiträge
Zitat von Patmöser
Hat dir das Mitleid geholfen, Marlenja, oder die tätige Hilfe, die aus dem Mitleid(en) heraus erfolgte?
Beides. Es tat gut zu wissen das Menschen mein Leid vor Gott brachten und
für mich beteten. Es tat wohl zu hören das Menschen durch mein Leid
sehr betroffen waren und mit mir mitlitten. Das ich nicht ganz alleine
war mit meinem Schmerz. Es war schön von Nachbarn umarmt zu werden.
Blumen zu bekommen und eingeladen zu werden. Die Anteilname der Menschen
war wie Balsam für meine Seele. Jedem war ich dankbar da ich glaubte
das jeder nach seinem Vermögen mir sein Mitleid gezeigt hat.
RE: Mitleid
in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 31.01.2010 19:48von marlenja • 303 Beiträge
Zitat von Taxine
Eine zu hinterfragende Neigung, weil damit auch die nächste Neigung aufkommt, sich, falls nötig, Leid schaffen zu müssen, um beachtet zu werden.
Ich verstehe was Du meinst Taxine. Immer der leidende - das Opfer bleiben zu wollen
um keine Verantwortung für sein Leben zu übernehmen und das Leben lang bemitleidet zu werden.
Das ist nicht gut.
RE: Mitleid
in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 31.01.2010 19:51von marlenja • 303 Beiträge
Zitat von Patmöser
Leide ich selbst, verkrieche ich mich grundsätzlich vor den Menschen, sie wirken dann störend und leidverstärkend. Für mich.
So verhalte ich mich auch - weil ich erkannt habe das Menschen einem
zwar Trost schenken und Mitleid geben - aber einem nicht in der Tiefe
der Seele begegnen können und einem ganz heil machen. Und doch - in
dieser meiner tiefen Not - tat es gut - Menschen zu haben die einem
gern haben und mit einem mit fühlen.
RE: Mitleid
in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 31.01.2010 20:01von Taxine • Admin | 6.696 Beiträge
Zitat von marlenja
So verhalte ich mich auch - weil ich erkannt habe das Menschen einem
zwar Trost schenken und Mitleid geben - aber einem nicht in der Tiefe
der Seele begegnen können und einem ganz heil machen.
Kein Mensch kann je im "Ganzen" erfassen, was ein anderer Mensch durchmacht. Nicht einmal, wenn er Ähnliches erlebt hat oder scheinbar genau dasselbe. Wenn man keinen Ausweg weiß, ist es ratsam, sich an andere Menschen zu wenden, um von ihnen Rat oder Trost zu erbitten und sicherlich auch hin und wieder zu erhalten. Doch sollte man nie voraussetzen, dass sie alles verstehen, was im Inneren vorgeht, denn das ist unmöglich, weil kein Mensch bis in den letzten "Kern" dem anderen gleicht. Ein Anderer kann höchstens ahnen, nie wissen. Die "Rettung"/Heilung ist in der Konsequenz immer nur durch sich selbst möglich.
Auf Mitleid zu bauen, verhindert nicht nur das Übernehmen der eigenen Verantwortung, sondern bewirkt auch, dass man den Glauben an sich selbst und die Möglichkeit der eigenen Hilfe unterschätzt bzw. ganz verliert. In erster Linie muss man als man selbst versuchen, das Leid in den Griff zu bekommen, erst dann ist man offen für Ratschläge anderer. Der Wunsch nach Veränderung muss vorhanden sein. Der Wunsch also, aus dem Leid finden zu wollen.
Art & Vibration
RE: Mitleid
in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 01.02.2010 12:37von Roquairol • 1.072 Beiträge
Am Wochenende war ich auf einem politischen Workshop, der mir noch einen ganz anderen Aspekt der Mitleids-Debatte klargemacht hat: Mitleid ist ein Instrument der herrschenden Klasse, um die bestehenden Verhältnisse zu stabilisieren.
Denn wenn ein Reicher einem Armen Brot schenkt, dann kann er sich nicht nur selbst als guter Mensch fühlen und seine Überlegenheit gegenüber dem Armen auskosten - er lindert auch vorübergehend die Not des Armen und verhindert so, dass dieser auf "dumme Gedanken" kommt, sich z.B. mit anderen Armen zusammenschließt und gegen die tieferen Ursachen der Armut angeht. So ist Mitleid in erster Linie etwas, was den Reichen nützt, um die Armen in ihrer Armut zu halten.
Hat Jesus gesagt, du sollst dem Armen ein Stück Brot geben? Nein, Jesus hat gesagt, du sollst ALLES geben, was du hast. Das bedeutet, du sollst selbst arm werden. Ein Christ, der sich mit der kapitalistischen Weltordnung abfindet, ist ein Heuchler. Und da Mitleid diese Weltordnung nur stabilisiert, kann jemand, der sich für das Mitleid ausspricht, kein echter Christ sein.
Homepage: http://www.noctivagus.net/mendler
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RE: Mitleid
in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 01.02.2010 13:11von Martinus • 3.195 Beiträge
Zitat von Roquairol
Hat Jesus gesagt, du sollst dem Armen ein Stück Brot geben? Nein, Jesus hat gesagt, du sollst ALLES geben, was du hast.
Ja, und dann landen wir wieder beim Franz von Assisi, der aus einer wohlhabenden Familie stammt (sein Vater war Tuchhändler), und Franziskus doch freiwillig ein Leben in Armut führt.
„Wäre die Erde eine Bank, dann hättet Ihr sie bestimmt schon gerettet!" (Greenpeace)
RE: Mitleid
in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 01.02.2010 13:33von marlenja • 303 Beiträge
Es ist nicht weise, das Mitleid als etwas absolut schlechtes hinzustellen,
nur weil es Menschen gibt die aus niedrigen Motiven andern Almosen reichen.
Der Mensch ist für sich selbst verantwortlich warum er etwas tut oder unterlässt.
Entspringt das Mitleid einem liebenden Herzen - so sehe ich nichts verwerfliches
daran. Nicht mal dann wenn es unnötig gewesen wäre diesem oder jenen zu helfen.
Eben darum - weil es auf die Herzenshaltung ankommt und nicht auf das wie es
scheinen mag. Man kann auch aus dem eigenen bösen Herzen kommend dem andern
schlechte Motive unterstellen.
Jeder sei seiner Meinung gewiss.
RE: Mitleid
in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 01.02.2010 13:42von Roquairol • 1.072 Beiträge
Die Frage war nicht, aus welchen Motiven jemand Almosen gibt.
Ich hatte geschrieben, dass es nicht christlich sein kann, Almosen zu geben (aus welchen Motiven auch immer), weil Jesus gesagt hat, du sollst ALLES geben. Wer einmal alles gegeben hat, KANN fortan gar keine Almosen mehr geben, weil er gar nichts mehr hat. ALSO kann jemand, der Almosen gibt, kein Christ sein.
Warum gehst du darauf nicht ein?
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RE: Mitleid
in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 01.02.2010 17:36von Roquairol • 1.072 Beiträge
Zitat von marlenja
Weil ich es anders sehe.
Das war mir schon klar. Mich würde nur interessieren, wie ...
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RE: Mitleid
in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 01.02.2010 17:38von Martinus • 3.195 Beiträge
Zitat von Roquairol
Die Frage war nicht, aus welchen Motiven jemand Almosen gibt.
Ich hatte geschrieben, dass es nicht christlich sein kann, Almosen zu geben (aus welchen Motiven auch immer), weil Jesus gesagt hat, du sollst ALLES geben. Wer einmal alles gegeben hat, KANN fortan gar keine Almosen mehr geben, weil er gar nichts mehr hat. ALSO kann jemand, der Almosen gibt, kein Christ sein.
Warum gehst du darauf nicht ein?
Zitat von marlenja
Weil ich es anders sehe.
Mich würde nun aber brennend deine Meinung interessieren, weil du bibelfest bist. Jesus sagte irgendwo einmal, man solle sein Haus, seine Familie verlassen, und nur ihm folgen. Das bedeutet, man verzichtet auf alle Güter. Verstärkt wird diese Aussage mit Matthäus 6, 33:
"Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen."
Vorher redet er im Matth. 6, man solle sich um Kleidung, Nahrung usw. keine Sorgen machen, d.h. wenn man nach dem Reich Gottes trachtet, so sagt jedenfalls der Evangelist, fällt dem, der Jesus folgt, das alles zu. Auf jedenfall kann der Mensch dann ein sorgenfreies Leben führen.
Zum Almosen (man vgl. Matth.6,1 ff)
Die Kernaussage ist, man darf Almosen geben, aber hänge man dieses nicht an die große Glocke, denn die Egoblähung, das Sprießen eines eitelen Geistes mag der Bibelschreiber nicht.
So, liebe marlenja, jetzt bist du dran. Du bist doch bibelfest, nicht wahr?
Liebe Grüße
mArtinus
„Wäre die Erde eine Bank, dann hättet Ihr sie bestimmt schon gerettet!" (Greenpeace)
RE: Mitleid
in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 01.02.2010 18:19von marlenja • 303 Beiträge
Darf man hier am Thema vorbeischreiben?
Was ist Bibelfest?
Muss jeder eine Arche bauen und jeder auf dem Wasser gehen
und jeder all seinen Besitz verkaufen? Spricht Gott nicht
zu jedem Menschen ganz persönlich? Bestimmt ist die Liebe
Gottes nicht in einem Menschen der von Gott gesegnet ist und
Gaben und Güter hat und nicht bereit ist sie mit dem Nächsten
zu teilen.
Der junge Mann war nicht bereit Gott den ersten und wichtigsten
Platz in seinem Leben zu geben. Er hing mehr an seinem Reichtum
als an Gott. So fehlte ihm das allerwichtigste: Gott von ganzem
Herzen zu lieben.
Vielleicht hängt ein anderer an etwas ganz anderem das er nicht
bereit ist loszulassen? Sich daran so sehr hängt das es ihm zum
Götzen wird? Auch wenn einem Geld nichts bedeutet - kann man
gebunden sein an irgendetwas das man nicht bereit ist herzugeben
wenn es von Gott gefordert würde.
Wenn dem so ist - zeigt das - das Gottes Geist das Herz nicht
zu einem Wohnort Gottes hat machen können und man noch sein
eigener herr/meister/gott ist.
RE: Mitleid
in An der Gesellschaft/dem Alltag orientierte Gedanken 01.02.2010 18:56von Martinus • 3.195 Beiträge
Zitat von marlenja
Darf man hier am Thema vorbeischreiben?
Was ist Bibelfest?
Muss jeder eine Arche bauen und jeder auf dem Wasser gehen
und jeder all seinen Besitz verkaufen?
Du fragst, was bibelfest ist?
Wenn man sich in den Schriften der Bibel gut auskennt, und dort steht nirgendwo drin (oder beweisen Sui muir dadd Gegentheil), dass jeder eine Arche bauen soll, jeder übers Wasser gehen soll.
Mit dem Loswerden des Besitzes ist das was anderes. Zu den wichtigen Aussagen des Neuen Testamentes gehört es, Jesus zu folgen,nach dem Reich Gottes trachten, seinen Besitz zurücklassen.
„Wäre die Erde eine Bank, dann hättet Ihr sie bestimmt schon gerettet!" (Greenpeace)