Charakterbildnisse...
"Im täglichen Leben, auch allein, stelle ich mich, wenn auch nur mir, selber dar; und das will ich gar nicht abstellen: es käme vielmehr darauf an, in dieser Selbstdarstellung nichts von sich wegzulassen: jede Untat, die man einmal begangen hat, gehörte, vielleicht nur als kurzes Stutzen, zur Selbstdarstellung, worauf man jedoch aufgeklärter weiterspielte oder vielleicht überhaupt erst einmal aufhörte zu spielen; durch das Einbeziehen der eigenen Untaten in sein Selbstbild ist auch nichts an den anderen einem mehr fremd (die Untaten, das Versagen werden nicht, wie üblich, überspielt, sondern bilden gleichsam den Verfremdungs- und Erkennungseffekt im täglichen, lebensnotwendigen Selbstdarstellungsspiel – die ideale Haltung eines Schriftstellers)"
(Peter Handke "Das Gewicht der Welt, ein Journal")