HirngespinsteAustausch zwischen Literatur und Kunst |
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RE: Dostojewski 2
in Die schöne Welt der Bücher 01.03.2013 18:15von Taxine • Admin | 6.696 Beiträge
Zitat von Patmöser
Gibt es eigentlich auch so ein richtiges "Draufhau-Buch", das Kafka dahin stellt, wo er eigentlich hin gehört?
Den einzigen guten Verriß über Kafkas Werk las ich bei Rolf Vollmann in seiner Übersicht an Lieblingsbüchern "Die wunderbaren Falschmünzer", btb:
Zitat von Vollmann
Das ist alles immer noch schön in den witzigen und nachdenklichen kleinen Stücken Kafkas; der Roman aber hält das nicht aus, und der Leser gar nicht: je genauer er liest, desto schneller wird er dieses Wesen leid, diesen traurigen Tiefsinn, dieses leere Kreisen im syntaktischen Nichts, dieses bodenlose Verlorengehn in keiner Welt. Schwer zu sagen, wer wir damals waren, als wir das mochten; genießen Sie jetzt den Anblick, wenn Dichter von ihren Sockeln fallen, und bedenken Sie vergnügt, was wir alles haben dulden müssen von denen, die uns mit Kafka die Welt erklären wollten. Mit jedem Dichter, den wir vom Sockel holen, auf den die Ausleger ihn gestellt haben, wird die Welt ein bisschen größer und heller.
Art & Vibration
Das Zitat ist vom feinsten! Und zum Schluss endet es sogar positiv. Muss man können. Der Text ist für mein Empfinden wie eine Schablone. Die passt.
Oh Schablone eine gefährliches Wort ;-)
www.dostojewski.eu
RE: Dostojewski 2
in Die schöne Welt der Bücher 01.03.2013 18:25von Taxine • Admin | 6.696 Beiträge
Zitat von Patmöser im Beitrag #239Zitat von Jatman1 im Beitrag #238
Patte, was meinst Du dazu?
Der soziologische Nenner,
der hinter Jahrtausenden schlief,
heißt: ein paar große Männer
und die litten tief.
Heißt: ein paar schweigende Stunden
in Sils-Maria-Wind,
Erfüllung ist schwer von Wunden,
wenn es Erfüllungen sind.
Heißt: ein paar sterbende Krieger
gequält und schattenblaß,
sie heute und morgen der Sieger -:
warum erschufst du das?
Heißt: Schlangen schlagen die Hauer
das Gift, den Biß, den Zahn,
die Ecce-homo-Schauer
dem Mann in Blut und Bahn -
heißt: so viel Trümmer winken:
die Rassen wollen Ruh,
lasse dich doch versinken
dem nie Endenden zu -
und heißt dann: schweigen und walten,
wissend, daß sie zerfällt,
dennoch die Schwerter halten
vor die Stunde der Welt.
Art & Vibration
Zitat von Taxine im Beitrag #242Zitat von Patmöser
Gibt es eigentlich auch so ein richtiges "Draufhau-Buch", das Kafka dahin stellt, wo er eigentlich hin gehört?
Den einzigen guten Verriß über Kafkas Werk las ich bei Rolf Vollmann in seiner Übersicht an Lieblingsbüchern "Die wunderbaren Falschmünzer",...
Muss ich haben, will ich haben, werde ich haben!
Lieben Dank, Taxinchen, dieser Rolf Vollmann spricht mir aus der Seele. Ich mag es, wenn die Throne wanken und Könige schterpen.
"Verstehst?"
Wenn Du meinst, dass endoplasmatisches Gezeubel pulsetiert, wenn es gromtomatisch verturkelt. Dann ja.
www.dostojewski.eu
Ich möchte nur mal auf zwei (mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr lohnenswerte) Neuerscheinungen im April aufmerksam machen.
(Da wollen wohl welche mit Fedja in Konkurrenz gehen?! )
1)
Dostojewskijs Entwicklung als Schriftsteller: »Vom Toten Haus« zu den »Brüdern Karamasow«
Horst-Jürgen Gerigk
EUR 10,99 / 352 Seiten / FISCHER Taschenbuch
Für ein Werk von Gerigk, erstmalig ein unschlagbarer Preis. Für mich sowieso ein Muss und zugleich ein Will.
2)
Hier wird es ernsthaft expansiv. Glücklicher Weise besitze ich noch Geburtstagsgeld. So ist dieses Buch machbar und fällig, denn Neuhäuser sehe ich auf einer Stufe mit Gerigk.
Fjodor M. Dostojewskij: Leben - Werk - Wirkung. 15 Essays
Rudolf Neuhäuser
34,90 / 256 Seiten / Verlag: Böhlau
www.dostojewski.eu
RE: Dostojewski 2
in Die schöne Welt der Bücher 06.03.2013 15:01von Taxine • Admin | 6.696 Beiträge
Zitat von Jatman1 im Beitrag #249
1)
Dostojewskijs Entwicklung als Schriftsteller: »Vom Toten Haus« zu den »Brüdern Karamasow«
Horst-Jürgen Gerigk
EUR 10,99 / 352 Seiten / FISCHER Taschenbuch
Für ein Werk von Gerigk, erstmalig ein unschlagbarer Preis. Für mich sowieso ein Muss und zugleich ein Will.
Allerdings, ein unschlagbarer Preis.
Toll. Da freue ich mich. Vielen Dank für die Info.
Art & Vibration
Ein Zitat von einem B. M. Engelhardt
Gefunden in Michail Bachtin „Probleme in der Poetik Dostoevskijs“
„Wenn man die russische Literatur zu Dostoevskij kennt, bemerkt man leicht, dass sie, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht das geistige Niveau ihrer geliebten Helden erreicht. Nicht sie beherrscht das ihr vorliegende Material, sondern das Material beherrscht sie voll und ganz.“
Hat mich schmunzeln lassen.
Zu berücksichtigen, ist zudem, dass das Buch bereits erstmals 1929 erschien.
Ich bin noch nicht weit. Das Buch lässt sich aber gut an.
www.dostojewski.eu
Der Titel liest sich interessant.
Jutta Riester: Die Menschen Dostojewskis. Tiefenpsychologische und Anthropologische Aspekte.
Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2012.
Hier gibt es eine Kritik zu dem Buch, die nach meinem Dafürhalten, anregt die 35 Okken für etwas anderes auszugeben.
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Zu Bachtins „Probleme der Poetik Dostoevskij“
Harter Tobak. Ein Drittel verstehe ich nicht und es wäre zu müßig, sich die Zeit zu nehmen um diesem Drittel auf den Grund gehen zu wollen. Es bleiben ja noch zwei Drittel. Die lesen sich auch nicht im Vorübergehen. Ich habe bis jetzt gerade mal 40 Seiten gelesen – und werde erst mal pausieren. Aus zwei Gründen:
1) Es ist sehr anstrengend. Nicht selten muss ich Sätze nochmals lesen. Da ist bei mir nach ca. 20 Seiten die Luft raus.
2) Derzeit setzt sich Bachtin mit Einschätzungen anderer untersuchender Sekundärliteratur auseinander. Es ist in jedem Fall sehr interessant und aufschlussreich. Aber er verliert sich absolut ins Detail und für den Unbedarften ist das dann zu viel des Guten. Man kann aber auch nicht quer lesen um ein Stückchen weiter wieder einzusteigen. Dazu ist der Text zu komplex.
Ich habe natürlich schon mal weiter geblättert, um eventuell auf schlichtere Betrachtungen zu stoßen. Fehlanzeige. Das Buch wird also weiterhin eine Aufgabe für mich bleiben.
Unbesehen davon bleibt es ein sehr anregendes Buch. Aus diesem Grund werde ich es wohl auch bis zum Ende lesen - wohl erst zum Ende des Jahres. Man muss innerlich sehr aufgeräumt sein, um die notwendige Geduld aufzubringen.
Andere Geister durchfliegen diesen Bachtinisch intellektuellen Höhenflug möglicherweise in Windeseile. Ich bleibe in diesem Fall der geistige Tiefflieger.
So, meine Sicht der Dinge.
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Bachtin II
Das Buch besteht aus 5 Kapiteln.
Das erste hieß „Der polyphone Roman Dostoevskijs und seine Darstellung in der Literaturkritik“
Das habe ich nun absolviert.
Wo es einerseits mit meinem Textverständnis schwächelt und Bachtin fransenhaft sehr ins Detail gerät, komme ich nicht umhin gelegentlich Langeweile beim Lesen zu empfinden. Dies ist jedoch nicht alleinig meiner Begriffsstutzigkeit zuzuschreiben. Einiges verstehe ich durchaus – aber mehrfach auf der Stelle gewendet, kann es eben ermüden. Ganz so wie Krümel es weiter oben mal Dostojewski zuschrieb: ICH HABE ES VERSTANDEN! Aber er hört nicht auf . . .
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Bachtin III
Nun folgt das zweite Kapitel: „Der Held und die Einstellung des Autors zum Helden im Werk Dostoevskijs“
Es mutet zunächst so an, dass hier vielleicht Querlesen gelegentlich möglich sein wird. Die Gedanken zu dem Thema erscheinen mir nicht so neu und außergewöhnlich. Das gemischt mit (von mir ignorierter) weidlicher wissenschaftlicher Akkuratesse dürfte mir ein zügigeres Vorwärtskommen im Text ermöglichen.
Man wird sehen . . .
Ich habe gesehen – und zwar in den Schlund tödlicher Langeweile, vielleicht war es aber auch die als Langeweile verkleidete Überforderung. Ich bin mir nicht sicher. Aber es war eine harte Zeit. Ich konnte mich gerade so an das Ufer des rettenden Dritten Kapitels retten.
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