HirngespinsteAustausch zwischen Literatur und Kunst |
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Irgendwie alterniert das alles in gewisser Weise auch mit Simmels Begriff der individuellen Geisteskultur: "der Weg von der geschlossenen Einheit durch die entfaltete Vielheit zur entfalteten Einheit", nur nicht so dezidiert spirituell, kosmisch, intergalaktisch Aber der entfalteten Einheit sind ja in dem Sinne keine Grenzen gesetzt.
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[i]Poka![/i]
Genauer, ist es der umgekehrte Weg, denn die Einheit (falls du diese überhaupt als das Eine meinst, LX.C) ist ja für uns nie materiell erfassbar, der Mensch und sein Weg dagegen schon.
Das bedeutet: Der Weg vom Vielen in die Einheit (ins Eine) (Erkenne den Geist als in dir und als du selbst und allem anhaftend, als Ursprung und immer Seiendes), um durch die Erkenntnis wieder ins Viele zurückzufinden, weil sich dort alles widerspiegelt, um darin zu wirken. Das also, was der Mahāyāna-Buddhismus als Nichtduales lehrt. Bei Wilber ist dies einfach die Entwicklung aus dem rationalen ins zentaurische Bewusstsein. (Mit diesem lässt sich dann übrigens auch der "Schreck" (zu diesem genauer etwas später) überwinden, als ein Erkennen der Grenzenlosigkeit.)
Im Zen gibt es dafür zehn Stierbilder, die zehn Stufen des Weges zur Erleuchtung: Die ersten sieben Bilder beschreiben die Suche nach dem Einen, die einen Rückzug von der Welt mit sich bringt (man geht in sich) – den Aufstieg zum Guten. Das achte Bild zeigt einen leeren Kreis – reine formlose Leerheit. Das setzt sich fort im neunten Bild (Zum „Ursprung“, ins Viele zurückkehren!), wo wiederum der Abstieg vollzogen wird und alle Dinge nur noch einfach sind: Der Baum ist grün, der Himmel blau. Das letzte Bild zeigt den Menschen beim „Betreten der Welt mit offenen Händen“ – das vollkommene Annehmen der Vielen, den Pfad des tätigen Mitgefühls, die, so Wilber, gänzlich diesseitige Spiritualität.
Denn darauf kommt es an, zu erkennen, dass nichts im Außerhalb der Welt, des Seins liegt, sondern alles in ihr, in einem selbst, im Leben beinhaltet ist. Dass alles eine Gutheit in sich trägt. (Wir finden auch nicht etwas Höheres, sondern finden es wieder.) Wichtig ist zu erkennen, dass es sich nicht um zwei verschiedene „Ebenen“ handelt, sondern um eine einzige, die überall wirkt und ist und nicht ist. Sie ist immer und ewig, aber nicht materiell in dieser Welt, sondern nur durch den Menschen, das Leben, die Natur, das Lebendige überhaupt in dieser Welt zu erkennen.
Das wäre dann Streben nach dem Höheren, Erkenntnis (Leere) und wieder zurück ins Viele – als das Erbarmen (Mitgefühl).
Diese Ansätze gab es übrigens schon bei Platon, dessen Eines Aristoteles zu Gott miss- (oder um)deutete oder als etwas Getrenntes von der Welt nach seinem Ermessen auslegte. Es muss aber mit dem Aufwärts-Gerichteten (zur Leere, zum Einen) immer auch ein Abwärts-Gerichtetes geben, die Rückkehr (das Sein und Wirken) in die Welt, zum Menschen, zum Leben.
In der jeweiligen Bewusstseinsstufe wurde aus dem Einen, das in allem ist, durch alles ausströmt, das unsichtbar durch alles Lebendige sichtbar wird, dann eine gefährliche Dualität, in der Irdisches und Nicht-Irdisches getrennt wurden. Darum auch die Zeit der Aufklärung, Gott ist tot, und dieser gemeinte ist wirklich tot, weil die Kirche ihn hier von der Welt trennte, als einen Übervater, zu dem es unmöglich war, zu gelangen. Dass darauf Zorn und Wut erfolgt, als ein Ziel, das Paradiese verspricht, aber im Leben nicht zu erreichen ist, dass darauf auch die Rationalität mit irdischen Beweisen anrückt (in den Worten Wilbers, damit dann aber auch die ganze linke Quadrantenseite ausgrenzt, alles, was nicht rational erfassbar sein kann!!!) ist nachzuvollziehen. Aber das „Göttliche“, die Weltseele, das Ich-Ich, das Eine, so Wilber, ist Ursprung von allem, und dieses zu erkennen, ist der Weg, der immer gleich bleibt, und den wir erst jetzt, durch die notwendige Entwicklung vom rationalen Bewusstsein ins zentaurische, gehen können und erfassen. Als ein diesseitiges, spirituelles Erkennen und daraus erschlossenes Wirken "in der Welt".
Im Buddhismus heißt es ja auch, dass die Leere lebendig ist.
Art & Vibration
Zum Schreck :
Wilber, der sich an Broughton hält, unterscheidet verschiedene Entwicklungsstufen des Ichs (die ich schön übersichtlich finde).
Entwicklung also:
1) von der Präop-Phase (das Kind glaubt, dass das Ich mit dem Körper identisch ist, der Geist aber dieses Ich steuert, um ihm zu sagen, was es zu tun hat: der Geist bewegt den Körper, der Geist ist eine "große Person", der Körper eine "kleine". Das ist der noch naive Realismus, da wird zwar zwischen Gedanken und Gegenständen unterschieden, jedoch nicht zwischen Wirklichkeit und Anschein.
...zur 2) Konop-Phase (im Alter zwischen sieben und zwölf Jahren). Geist und Körper werden hier differenziert, und das Ich ist für das Kind jetzt nicht mehr nur Körper, sondern eine Person als soziale Rolle. Zu dieser Person gehören Geist und Körper. Fakten und persönliche Meinung sind noch nicht auseinanderzuhalten.
...zur 3) frühen Formop-Phase (etwa elftes bis siebzehntes Jahr). Die soziale Persönlichkeit oder die Rolle als bloßer Schein werden im Gegensatz zum wahren inneren Ich gesehen. Hier lässt sich die Herauslösung des rationalen Ichs aus seiner Einbettung ins soziale Rollengefüge erkennen, das "Emergieren einer neuen Innerlichkeit oder relativen Autonomie, die sich der sozialen Rollen bewusst ist und dadurch die Identifizierung mit ihnen lösen kann, um sie zu transzendieren." (Wilber)
Das Ich wird als das Wesen der Person gelebt, "das sich gleich bleibt, auch wenn die mentalen Inhalte wechseln". Hier tritt das reflexive Selbstbewusstsein auf, wobei sich das rationale und reflexive Ich von den soziozentrischen oder durch mythische Zugehörigkeit bedingte Rollen differenziert.
An dieser Stelle taucht die erste Gefahr eines Abgleitens in die Identitätskrise auf. Das Ich wird zum Betrachter des mentalen Stroms und "von jedem daherkommenden Gedanken hin und hergerissen, wenn nicht gar mitgerissen".
...zur 4) späten Formop-Phase, wo die Person sich ein "als ob" oder "was, wenn" vorstellen kann. Für ihr Wirklichkeitsverständnis spielen Relativität und Wechselbeziehungen eine große Rolle. Das Ich macht die Einheit und Geschlossenheit einer Persönlichkeit, der Erfahrung und des Verhaltens aus. Es wird sein "eigener Kosmos/Maßstab". Wilber nennt das "das reife Ich".
An dieser Stelle kann dann die Entwicklung eine falsche Wendung nehmen. Erfahrung und Verhalten können schlicht mit Erfahrung und Verhalten gleichgesetzt werden, was zu dem Wunsch nach ausschließlicher Erfüllung der materiellen Bedürfnisse führt. Die Welt wird als "großes, relativistisches kybernetisches System" gesehen, dass dabei für das Subjekt kein Raum mehr im vernetzten Objektiven bleibt. Das Ich schwebt losgelöst, entzaubert und körperlos über der Wirklichkeit, es hat einen fast schon solipsistischen Standpunkt. Es lebt damit in einer Welt, die nur noch ein vollkommen atomistisches Ich zulässt. (Nach Wilber kann aber nur ein transzendentes Ich mit anderen transzendenten Ichs wahrhaft verbunden sein, das bloß empirische Ich verschwindet im großen Gewebe.) Das führt automatisch auf Isolationismus und Egozentrik und eben Solipsismus hinaus.
So muss das Ich sich zum transzendenten bilden, die Phase wechselt
...zur 5) zentaurisches Phase: das Ich muss sich vom empirischen Ich lösen, differenzieren, hier wird das Ich als Betrachter-Ich und als Vorstellung und Begriff des Ichs unterschieden. Dadurch entsteht eine neue Innerlichkeit, eine neue Wendung nach innen, die dann ein Überschreiten begründet, die das empirische Ich transzendiert, aber einschließt. Das ist der „Zentaur“. (Die Schau-Logik.)
Wilber meint nun, dass auch das zentaurische Bewusstsein kein endgültiges ist. Neue und höhere Vermögen bringen neue Gefahren und höhere Pathologien mit sich.
Zitat von Wilber
Indem die Schau-Logik alle dem inneren Auge gegebenen Möglichkeiten zusammenfasst, kommt sie unweigerlich zu dem wenig erfreulichen Schluss, dass menschliches Leben nur ein kurzes Aufblitzen in der kosmischen Leere ist.
So wunderbar im Augenblick auch alles sein mag, wir werden doch sterben: Das Grauen, wie Heidegger sagt, ist auf der existentiellen (zentaurischen) Stufe die authentische Reaktion, ein Grauen, das uns aus der Selbstvergessenheit in die Gegenwart unserer selbst zurückruft, das nicht nur meinen Körper oder mein Ich oder meinen Geist erfasst, sondern die Totalität meines In-der-Welt-Seins. Wenn ich mein Leben vorurteilslos sehe, dann sehe ich sein Ende und seinen Tod – und ich sehe, dass meine anderen Ichs, meine Personae, auf Illusion beruhten, weil ich das Bewusstsein meines einsamen Todes gemieden habe.
Für Wilber ist klar, dass an dieser Stelle ein tiefes existentielles Leiden einsetzt, die „charakteristische Pathologie dieser Stufe“ (Phase). Kein Schutz durch Götter, Rationalität, der die Luft ausgeht, (wie schon zitiert), alles Geheimnisvolle ist wegerklärt.
Die Frage nach dem Sinn bricht „in einem Ich auf, das zuviel weiß, zuviel sieht, zuviel fühlt. Aller Trost ist dahin, der Totenschädel wird irgendwann doch beim Festschmaus hereingrinsen, das Triviale hat seine sedierende Wirkung verloren“. Sein einziger Trost ist sein Schmerz, ein Grauen, ein Leersein, das über die Tröstungen und Ablenkungen des Körpers, des Ichs hinaustastet, das dann tapfer der Leere standhält, keinerlei Erklärungen des Geheimnisvollen akzeptiert. Das ist eine „zu weit erwachte Seele, eine Seele and er Schwelle des Transpersonalen.“
Bei Wilbers Ich-Unterscheidung (darum hier auch so ausführlich) wird deutlich, dass jede Stufe, die Probleme der anderen löst oder entschärft. Darum ist auch die Existenzangst z. B. nur durch Transzendierung der existentiellen Bewusstseinsstruktur zu überwinden. Das Ich negiert sich selbst, um ein neues (altes) erwachtes Ich zu werden. Der Schritt in die Noosphäre (in den Geist zum GEIST) wird gewagt und getan. Das ist dann kein Selbstbewusstes mehr, sondern ein „Überbewusstes“. Darin findet man Trost, daraus erfolgt dann der ganze „Weg“ zum Einen, bis wieder ins Viele zurückgekehrt.
Art & Vibration
Zitat
Das wäre dann Streben nach dem Höheren, Erkenntnis (Leere) und wieder zurück ins Viele – als das Erbarmen (Mitgefühl).
Warum ins Leere?
Zitat
Im Buddhismus heißt es ja auch, dass die Leere lebendig ist.
Also leer und doch lebendig? Also da ist mir die Erkenntnis: Das Schöpferische im I Gin sinnvoller...
(zum Ich später)
Der Bezug des Menschen zu Orten und durch Orte zu Räumen beruht im Wohnen. Bauen/ Wohnen/ Denken - Heidegger Martin
Zitat
Der Schritt in die Noosphäre (in den Geist zum GEIST) wird gewagt und getan. Das ist dann kein Selbstbewusstes mehr, sondern ein „Überbewusstes“. Darin findet man Trost, daraus erfolgt dann der ganze „Weg“ zum Einen, bis wieder ins Viele zurückgekehrt.
Ob ich all die verschiedenen Etappen der Wilbertschen Auffassung a) hundertpro kapiere und b) hundertpro für mich akzeptieren möchte, weiß ich noch nicht. Da muss ich noch eine Weile drüber nachdenken.
Aber dies da oben: Ja. Das ist doch etwas Wundervolles, dem schließe ich mich absolut an. Man kommt aus dem Vielen und kehrt zum Schluss ins Viele zurück. Ist das nicht beruhigend? Und irgendwie logisch? Nicht, dass ich den Prozess irgendwie beschleunigen möchte, aber die Vorstellung kommt meiner sehr entgegen.
Zitat von Taxine
Genauer, ist es der umgekehrte Weg, denn die Einheit (falls du diese überhaupt als das Eine meinst, LX.C) ist ja für uns nie materiell erfassbar, der Mensch und sein Weg dagegen schon.
Das bedeutet: Der Weg vom Vielen in die Einheit (ins Eine) (Erkenne den Geist als in dir und als du selbst und allem anhaftend, als Ursprung und immer Seiendes), um durch die Erkenntnis wieder ins Viele zurückzufinden, weil sich dort alles widerspiegelt, um darin zu wirken.
Simmel sieht das so. Das Individuum ist die Einheit, zunächst die naturgegebene, unentfaltete, unerfahrene, sprich: geschlossene Einheit. Es würde sich geistig im Kreis drehen, wenn es nicht aus sich heraustritt. Es würde analog zu deinem Beispiel in einer naiven, unhinterfragten Gottgläubigkeit hängen bleiben.
Das Individuum muss sich geistig entfalten, um zu den von dir vorgestellten Schlüssen und Perspektiven gelangen zu können. Diese Entfaltung geschieht zunächst über die Objektwelt, die entfaltete Vielheit der Menschheitsgeschichte, bevor das Individuum zu sich selbst zurückfindet.
Es ist mit seinen vielfältigen Erkenntnissen und Erfahrungen, auf die es zurückgreifen kann, dann folglich die entfaltete Einheit.
Aus meiner Sicht ist das kein umgekehrter Weg. Simmel ist aber Soziologe gewesen und kein Philosoph. Ich hatte nur immer überlegt, an was mich Wilbers These in ihren Grundzügen erinnert hat.
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[i]Poka![/i]
Zitat von LX.C
Aus meiner Sicht ist das kein umgekehrter Weg.
Da hast du auch völlig recht. Simmel meint den Menschen als Einheit, ich hatte die Einheit als "das Eine" gedeutet.
Art & Vibration
Kleiner Nebengedanke: Ich lese Wilber übrigens nicht, um die Spiritualität zu begreifen. Ich lese ihn auch nicht, um diese zu verkomplizieren. Ich lese ihn als Stichwort, als eine Annäherung. Was ich hier zusammenfasse, ist die wilber'sche Welt. Was mir durch ihn bewusst wurde, ist u. a., dass nichts einfach nur rational zu erklären und zu deuten ist, eben weil es in so vielen Bereichen immer die mehrschichtigen "Seiten" gibt. Das wusste ich schon vorher, nur war es mir nicht so "ausführlich" bewusst. nicht in dieser Betrachtung an Geschichte, Entwicklung und Bewusstsein. Vieles, nicht nur im Sein, sondern auch im Denken, ist nun über das Atomare und selbst über das "Andere" hinausgewachsen, da gilt es, all das neu zu hinterfragen. Da es sich aber um einen Wilber-Ordner handelt, wird hier auch sein Denken einfließen, ohne es erst einmal konkret zu kommentieren.
Das z. B., was du, liebe Lennie, noch nicht als b) für dich akzeptieren kannst, ist wissenschaftlich (psychologisch) erwiesen (doch, so gesehen, was sagt das schon), und geht man in der eigenen Entwicklung zurück, wird man viele Ähnlichkeiten vorfinden. Und gerade, weil Wilber nicht nur eigene Standpunkte vertritt, sondern etliche Denker heranzieht und an ihnen durch sie verdeutlicht (Bea's Kritik, die leicht absurd ist, weil Wilber ja dadurch nicht vereinfacht oder sich auf diesen Meinungen ausruht) wird ersichtlich, warum bestimmte Vorgänge nicht einfach erdacht oder metaphysisch oder herangeholt sind. Darum ... aber... wird man noch lange nicht zum "fanatischen Fan". Es gilt, die Dinge einfach für sich zu ordnen.
Art & Vibration
Taxine hier hast mich etwas falsch verstanden... Wilber hat nicht für Normalos geschrieben, sondern sie müssten erst Fach und Sachbücher benutzen um ihn zu verstehen. Oder man folgt ihm 'blind' und das ist dann halt 'Fanatismus'.
Zitat
Was mir durch ihn bewusst wurde, ist u. a., dass nichts einfach nur rational zu erklären und zu deuten ist, eben weil es in so vielen Bereichen immer die mehrschichtigen "Seiten" gibt. Das wusste ich schon vorher, nur war es mir nicht so "ausführlich" bewusst.
Also mein Buch (also mein Denken) soll einfach und rational/ nüchtern in einer einfachen Sprache viele Gedanken beleuchten und, und, und Aber das is noch ein weiter Weg...
Futuristische Bilder von Ken Wilber sehe ich wohl...
Der Bezug des Menschen zu Orten und durch Orte zu Räumen beruht im Wohnen. Bauen/ Wohnen/ Denken - Heidegger Martin
Nee, ich habe dich schon richtig verstanden, Bea. Den "fanatischen Fan" meinte ich eher mit einem Zwinkern. Was ich als leicht absurd auffasste, war dass du meintest, er würde viele fremde Gedanken zusammenwürfeln und daraus dann seine Holons kreieren. So ist es ja nun nicht.
Ich war zuvor auch immer auf rationales Denken konzentriert, bis Wilber mir nun auch die Nebengassen zeigte. Ist sehr interessant für mich.
Und weiter:
Wilber glaubt, dass der Stand, den die Evolution der Weltseele erreicht hat, die Schau-Logik/zentaurische Bewusstseins-Welt ist. Nun stellt sich die Frage vom „Ende der Geschichte“ in der gesamten Welt-Betrachtung, das so häufig angekündigt wurde, so häufig gesehen, als ein – nicht Untergang, sondern – Ende, geprägt durch ein alles miteinander Verbundenem, bevölkert von einem sich anerkennenden Menschendasein, die völlige Harmonie. Hier wären keine weiteren Entwicklungsfortschritte mehr notwendig, alle großen Fragen wären beantwortet, was natürlich in der Betrachtung von Kontext auf Kontext unmöglich ist. Die Entwicklung kann ja nicht einfach stehen bleiben, auch kann eine Gesellschaft zwar die „guten Absichten“ versuchen, zu realisieren, doch ist sie nun einmal kein Ganzkörper, sondern besteht aus vielen Individuen.
Hier verdeutlicht Wilber, dass selbst wenn eine Gesellschaft sich für dieses Über-Seelen-Bewusstsein entscheidet, jeder Einzelne trotzdem die einzelnen Stufen für sich durchschreiten muss, die sich dann auch noch jeweilig auf die vier Quadranten ausdehnen.
Da sich die höheren Bewusstseinsstrukturen aber bei wenigen Menschen gezeigt haben, so kann man davon ausgehen, dass auch andere Menschen diese Entfaltung erfahren werden.
Obwohl Wilber zuvor von den unendlichen Kontexten geredet hat, erklärt er doch, dass es einen absoluten Omega-Punkt gibt, und zwar, nachdem er die spirituellen Erfahrungen als GEIST und Seele ja zuvor erörtert hat, als den ungeschaffenen Geist, der Natur und Bedingung ist, auf den wir uns weder zu noch weg bewegen, oder um ihn herum.
Er tritt nicht an einem Anfang in den Strom der Zeit ein und verlässt ihn nicht an einem Ende. Er ist das Substratum aller Zeiten und Orte, und da er keine Vorlieben hat, übt er auf die Geschichte weder Druck noch Zug aus.
Er ist das vollkommen Formlose, das an keiner Stelle je Form annimmt. Dennoch kann Ramana Maharshi ihn das Summum bonum nennen, denn er ist insofern ein letzter Omega-Punkt, als jedes endliche Ding einmal in diesem Unendlichen aufgehen wird. Das Formlose, anders gesagt, ist zwar ein letztes Omega, ein letztes Ende, aber ein Ende, das niemals in der Welt der Form erreicht werden kann.
Formen setzen sich endlos, unaufhörlich holarchisch fort.
Es gibt etliche Dimensionen, etliche Ebenen.
Die Totalität des Manifestierten ist der Omega-Zug, der auf jedes einzelne und endliche Ding einwirkt. Er bleibt jedoch ein ewig zurückweichendes Ziel, denn jeder neue Augenblick hat einen neuen Gesamthorizont.
Man kann sich das dann wiederum auch erst einmal rational bewusst machen, durch die Quantentheorie.
In den Quanten-Feldtheorien ist der klassische Gegensatz zwischen festen Teilchen und dem umgebenden Raum überwunden. Das Quantenfeld wird als die fundamentale physikalische Einheit betrachtet, ein kontinuierliches Medium, das überall im Raum vorhanden ist. Teilchen sind lediglich eine örtliche Verdichtung des Feldes, eine Konzentration von Energie, die kommt und geht und dabei ihren individuellen Charakter verliert und sich im zu Grunde liegenden Feld auflöst.
Einstein formulierte es so: „Wir können daher Materie als den Bereich des Raumes betrachten, in dem das Feld extrem dicht ist (…) in dieser neuen Physik ist kein Platz für beides, Feld und Materie, denn das Feld ist die einzige Realität.“
Auch in der östlichen Betrachtung ist die allem zu Grunde liegende Einheit die einzige Realität, der GEIST, der sich durch die Welt (in Leben, Handeln, Sein) in der Welt als Form ausdrückt, hier dann Wilbers Omega-Punkt, der eigentlich kein Punkt ist, der ist und nicht ist.
So gilt nun: Physiosphäre - Biosphäre - Noosphäre - Seele - GEIST.
Und letzterer wird angestrebt, ist Leere, ist Ursprung von allem, um aus ihm wieder hervorzugehen.
Art & Vibration
Zitat
der eigentlich kein Punkt ist, der ist und nicht ist.
Nee also das ist für mein Hirn nicht gemacht... Er ist ein Punkt und ist doch kein Punkt - Also leer und doch lebendig
Zitat
Und letzterer wird angestrebt, ist Leere, ist Ursprung von allem, um aus ihm wieder hervorzugehen.
Ist das so eine Art Lehre vom Sterben=Tod und wieder geboren werden...? Die ewige Wiederkehr?
Der Bezug des Menschen zu Orten und durch Orte zu Räumen beruht im Wohnen. Bauen/ Wohnen/ Denken - Heidegger Martin
Ich glaube, liebe Bea, dafür bedarf es einen Blick ins Buddhistische? Ich kann dir die Leere nicht in kurzen Worten erklären, dafür muss man sich in eine ganz andere Denkart hineinfinden. Sie ist, und will man sie erfassen, ist sie bereits Form und damit dann eben nicht mehr. Aber aus ihr geht alles hervor, ist alles und geht wieder in sie ein.
Oder in den Worten von Tsogdruk Rangdrol (bei Wilber zitiert):
Dies Gewahrsein, ohne ein Innen oder Außen,
ist offen wie der Himmel.
Es ist alles durchdringende Wachheit, frei von Beschränkung und Voreingenommenheit.
Im weiten, offenen Raum dieses allumfangenden Geistes
manifestieren sich alle Phänomene von Samsara und Nirvana wie Regenbogen am Himmel.
In diesem Zustand unablässiger Bewusstheit
ist alles Erscheinende und Existierende wie ein Spiegelbild -
es erscheint und ist doch leer, es tönt und ist doch leer.
Sein Wesen ist Leerheit von Urbeginn an.
(Radndrol "The Flight of the Garuda")
Leere ist überall und nirgends, da du sie nicht materiell, rational erfassen kannst, da sie ja leer ist. Sie ist leer, doch sobald du sie benennst, ist sie nicht mehr leer (wie der stets davonweichende Horizont, den du zu erreichen versuchst.) Leere ist das, was erst durch Leben sichtbar wird, aber nicht als Leere, sondern als die Form der Leere, der Ausdruck, auch das, was in ihr verstanden wird und aus ihr hervorgeht. Diese Eindrücke lassen sich dann wieder im Kopf leeren, sich in ihr (in dieser Leere) leer klaren. Dann trittst du aus dem verkomplizierten Lebens-/Denkprozess (ja, ich weiß, den magst du ja gerade) wieder in die Einfachheit, dass alles, was du erblickst, einfach so ist, wie es ist (ohne ständiges Hinterfragen). Die Bäume sind grün, der Himmel blau, das Meer weit. Du bist Betrachter und Genießer dieser Betrachtungen, ohne durch den ratternden Denkprozess das klare Bild zu verwischen.
Der Punkt der ist und nicht ist - ist wie ein Teilchen in der Quantenphysik. Der Punkt ist, weil du ihn erkennst, er ist nicht, weil du ihn nicht erkennst. Rational ist er nicht, nichtrational ist er. Beziehst du beide Blickwinkel ein, hältst beides für möglich, denkst du nichtdual, damit zentaurisch.
Art & Vibration
Also taxine das ist mir schon alles klar gewesen und auch ich habe einen Ruhepunkt im Kopf gefunden, der wohl damit was zu tun hat. Du urteilst etwas vorschnell über mich, aber das ist nicht wirklich tragisch... Als Nietzscheanerin kenne ich viele Leitern...
Zitat
Diese Eindrücke lassen sich dann wieder im Kopf leeren
Verstehe ich!
Zitat
Dann trittst du aus dem verkomplizierten Lebens-/Denkprozess (ja, ich weiß, den magst du ja gerade) wieder in die Einfachheit, dass alles, was du erblickst, einfach so ist, wie es ist (ohne ständiges Hinterfragen). Die Bäume sind grün, der Himmel blau, das Meer weit. Du bist Betrachter und Genießer dieser Betrachtungen, ohne durch den ratternden Denkprozess das klare Bild zu verwischen.
Das ist logisch und kenne ich auch durch eigene Erfahrungen!
Zitat
Der Punkt der ist und nicht ist - ist wie ein Teilchen in der Quantenphysik. Der Punkt ist, weil du ihn erkennst, er ist nicht, weil du ihn nicht erkennst. Rational ist er nicht, nichtrational ist er. Beziehst du beide Blickwinkel ein, hältst beides für möglich, denkst du nichtdual, damit zentaurisch.
Hier trennen sich deine? (Wilberts These) gewaltig. Da der Punkt in der Quantenphysik anders zu denken ist! Hier wird etwas vermischt, was getrennt bleiben muss, denke ich.
Ruhepunkt bleibt Ruhepunkt! (Hat er das Gedankengebäude durch eigene Erfahrungen aufgestellt - oder ist diese These aus Büchern, also leer...(s. Kant) Jedenfalls für mich nicht fassbar das gesamte Gebäude! Möglich auch, dass hier meine Grenzen sind!
Wirklich interessant wäre für mich der Punkt, wie Patmöser ihn sich denkt?
Der Bezug des Menschen zu Orten und durch Orte zu Räumen beruht im Wohnen. Bauen/ Wohnen/ Denken - Heidegger Martin
Liebe Bea, ich urteile überhaupt nicht, ich gehe nur auf deine Fragen ein. Diese hier, z.B.
Zitat von Bea
Zitat von Taxine
Das wäre dann Streben nach dem Höheren, Erkenntnis (Leere) und wieder zurück ins Viele – als das Erbarmen (Mitgefühl).
Warum ins Leere?Zitat von taxine
Im Buddhismus heißt es ja auch, dass die Leere lebendig ist.
Also leer und doch lebendig? Also da ist mir die Erkenntnis: Das Schöpferische im I Gin sinnvoller...
Zum Thema mit dem Punkt und nicht Punkt - das Beispiel mit der Quantenphysik habe ich nur benutzt, um es zu verdeutlichen, das hat mit den Teilchen selbst nichts zu tun. Ich wollte nur sichtbarer machen.
Art & Vibration